Bürger von Friedrichskoog wollen beim Kiel-Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck für den Erhalt ihre Hafens demonstrieren.

Friedrichskoog. "Was wäre denn Hamburg ohne Hafen?", fragt Bettina Adam rhetorisch. "Eben. Und für Friedrichskoog hat unser Hafen eine ähnliche Bedeutung." Seit drei Jahren kämpft Bettina Adam mit der Initiative "Hafen-Zukunft" für den Erhalt des Hafens in der 2400 Einwohner zählenden Gemeinde zwischen der offenen Nordsee und der Elbmündung.

Ursprünglich wollte das Land Schleswig-Holstein den kleinen Hafen in Dithmarschen bereits im September 2012 aus Kostengründen schließen, doch viele Bürger wehrten sich - zunächst erfolgreich. Sie fürchten um die 170 Arbeitsplätze, die an dem Hafen hängen, und um die Zukunft der bei Touristen so beliebten Region. An diesem Donnerstag will die Bürgerinitiative beim Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck in Kiel für die Erhaltung ihres Hafens demonstrieren.

Der Protest markiert den Höhepunkt eines Konflikts, der sich in den vergangenen Wochen noch deutlich zugespitzt hat. Denn mit einem Windpark wollten die Gemeinde und die von den Bürgern neu gegründete Hafenbetriebsgesellschaft (HGB) den Hafen eigenständig finanzieren. "Wir haben uns eine eigene Finanzierung überlegt und nach gründlicher Vorarbeit Ende Oktober unseren Businessplan eingereicht", fasst HGB-Vorstand Hartmut Marscheider zusammen. Doch Mitte Februar teilte das zuständige Wirtschaftsministerium in einer Stellungnahme, die dem Hamburger Abendblatt vorliegt, mit, dass mit dem Geschäftsmodell fünf Millionen Euro zu wenig erwirtschaftet würden, um den Hafen zu betreiben. Das Aus schien besiegelt. "Mit dem Schreiben wurden wir vor vollendete Tatsachen gestellt", so Bettina Adam.

Bei Gesprächen mit Vertretern des Wirtschaftsministeriums in Kiel seien noch einmal ganz neue Bedingungen aufgestellt worden, die nie abgesprochen gewesen seien, behauptet Adam. Hintergrund: Statt der vorhandenen Schleuse favorisiert das Land ein sogenanntes Schöpfwerk für den Hafen. Die Kosten dafür sollten - so war es anfangs geplant - zwischen Land und HBG aufgeteilt werden. Davon, so Adam, sei jetzt keine Rede mehr. Die Summe von etwa 4,5 Millionen Euro sollte allein die HBG stemmen. Zu viel für die kleine Gemeinde. "Wenn wir gewusst hätten, dass wir das Schöpfwerk allein bezahlen sollen, hätten wir gar nicht erst angefangen", sagt Hartmut Marscheider.

In Friedrichskoog fühlen sich viele von der Landesregierung im Stich gelassen. "Wir sind frustriert und erschöpft von dem langen Kampf", sagt Bettina Adam. Die Kommunikation sei schwierig. "Uns hört niemand zu."

Im zuständigen Wirtschaftsministerium in Kiel sieht man das anders. "Den Vorwurf müssen wir entschieden zurückweisen", sagt Sprecher Harald Haase. "Sowohl Ministerpräsident Torsten Albig als auch Wirtschaftsminister Reinhard Meyer und vor allem Staatssekretär Frank Nägele haben sich Zeit genommen, um mit den Betroffenen zu sprechen."

Hintergrund: Für Schleswig-Holstein ist der kleine Landeshafen an der Küste finanziell nicht mehr tragbar. "Wir müssen uns fragen, welche Funktion erfüllt der Hafen noch?", sagt Haase und spricht von knappen 50 Tonnen Krabben, die hier jährlich umgeschlagen werden. "Mit welchem Grund soll dieser Hafen mit jährlich 600.000 Euro Steuergeld gefördert werden? Das ergibt keinen Sinn", sagt der Ministeriumssprecher und stellt fest: "Es gibt keine wirtschaftlich belastbare Zukunft für diesen Landeshafen."

Das sehen die Bürger anders. Neben der Perspektive für die Krabbenfischer steht für sie auch die Zukunft der Seehundstation auf dem Spiel. "Für Friedrichskoog hängt alles vom Hafen ab", sagt Bürgermeister Gerd Dethlefs (KWV). In Kiel versucht man diese Sorgen zu zerstreuen. Das Wirtschaftsministerium habe der Gemeinde angeboten im Fall einer Schließung des Hafens, die Kosten für das benötigte Schöpfwerk zu übernehmen. "Im Rahmen seiner beschränkten finanziellen Möglichkeiten will das Land jede erdenkliche Hilfe anbieten", sagt Haase. "Ich glaube jedoch nicht, dass wir so schnell zu einer rationalen Lösung kommen."

Die Zeit jedenfalls läuft. Bis Januar 2014 sollte ursprünglich ein tragfähiges Konzept für die Übernahme des Hafens vorgelegt werden. Möglich, dass Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) bei einem Treffen am morgigen Mittwoch einer Fristverlängerung zustimmt, damit die Gemeinde weiter nach einer Lösung suchen kann.

Für die Bürger von Friedrichskoog liegen alle Hoffnungen auf dem Termin mit Bundespräsident Gauck. "Der Hafen ist so gut wie geschlossen. Das ist unsere letzte Chance", sagt Adam.