Im Prozess gegen den Ex-Bundespräsidenten wird deutlich: Das Münchner Luxushotel gab häufiger Rabatt. Für Wulffs Mitangeklagten Groenewold läuft der zweite Prozesstag nicht ganz so gut.

Hannover. Nein. Das ist das entscheidende Wort dieses zweiten Prozesstages im Landgericht Hannover. Nein, sagt Anton Mertl, der frühere Bundespräsident Christian Wulff habe nicht zwangsläufig mitbekommen müssen, dass sein Freund David Groenewold Ende September 2008 einen Teil der Hotelkosten Wulffs übernommen habe. Der Bayerische Hof ist auch ein sehr diskretes Haus.

Anton Mertl ist der wichtigste Zeuge, den die 2. Strafkammer des Landgerichts an diesem gräulichen Novembertag nach Hannover geladen hat. Er ist der Empfangschef des Bayerischen Hofes in München, zuständig unter anderem für Reservierungen, Zimmervergabe und Preisgestaltung in Münchens traditionsreichstem Hotel. Jenem Haus, in dem der Filmunternehmer Groenewold zum Oktoberfest 2008 auch die Familie Wulff eingebucht und später einen Teil der Kosten für Zimmer und Babysitting übernommen haben soll.

Die Staatsanwaltschaft wertet diesen Vorgang als Teil einer Bestechung des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten; das Gericht geht aber von möglicher Vorteilsgewährung aus. Beide Delikte können mit Geldstrafe oder sogar Haft belegt werden. Die Verteidiger Wulffs und Groenewolds wollen dagegen beweisen, dass diese Kostenübernahme weder ein Fall von Bestechung noch von Vorteilsannahme war, sondern ein schlichter Freundschaftsdienst ohne jeglichen Bezug zu Wulffs damaligem Amt als Regierungschef.

Linie der Verteidiger ist es, schon in den ersten Prozesstagen deutlich zu machen, dass Wulff von dem Vorteil, der ihm laut Anklage gewährt worden sein soll, überhaupt nichts gewusst habe; dass er diesen Vorteil insofern auch nicht bewusst angenommen haben kann. Dass ihm gar kein Vorteil entstehen konnte, da er alle Kosten erstattet bekommen hätte, teils vom Land Niedersachsen, teils von der CDU. Gelingen diese Nachweise vor Gericht, wäre Wulff einem Freispruch einen großen Schritt näher gekommen. Mertls Nein ist für ihn und seine Verteidiger, die Strafrechtsprofessoren Michael Nagel und Bernd Müssig, schon mal ein kleiner Punktsieg.

Für Wulffs Mitangeklagten Groenewold läuft der zweite Prozesstag nicht ganz so gut. Auch dafür sorgt Anton Mertl. Groenewold hatte laut Staatsanwaltschaft eine von ihm veranlasste Anonymisierung der Hotelrechnung damit begründet, der Name seiner damaligen Begleitung wäre andernfalls für Mitarbeiter seiner Firma sichtbar gewesen, was er habe vermeiden wollen. Mertl gibt nun zu Protokoll, dass der Name der Groenewold-Begleitung auch ohne diese Anonymisierung nicht auf der Rechnung aufgetaucht wäre, was Groenewolds Begründung fadenscheinig wirken lässt. Der Filmproduzent erscheint damit zum zweiten Mal in diesem Verfahren als Mensch, der es mit der Wahrheit nicht so 100-prozentig genau nimmt. Er muss sich in Hannover zusätzlich wegen einer Falschaussage verantworten.

Während Mertl sich zumindest teilweise zu klaren Aussagen bewegen lässt, zieht sich die Chefkassiererin des Hotels in ihrer Aussage weitgehend auf Gedächtnislücken zurück. So vermag sie nicht zu erklären, wie es an jenem Oktoberfestwochenende zum Ausdrucken der teils anonymisierten Rechnungen kam. Und das, obwohl sie ausweislich der Belege von 2008 diese Rechnungen ausgestellt hat. Ein Umstand, der den Kammervorsitzenden Frank Rosenow erstmals ungeduldig werden lässt. „Sie haben den Job doch gemacht!“, wettert er. Aus der Reserve locken lässt sich die Dame allerdings nicht.

Ein dritter Punkt ist bemerkenswert an diesem zweiten Prozesstag, an dem neben Empfangschef Mertl auch ein Assistent der Geschäftsführung des Luxushotels vernommen wird: Die Preisgestaltung erfolgt einigermaßen freihändig, besonders wenn es um Prominente geht. So sei Wulff bereits im Januar 2008 Gast gewesen und habe für eine Suite, die normalerweise für 1700 bis 1900 Euro pro Nacht angeboten werde, nur 260 Euro bezahlt. Ein ordentlicher Bonus also, der in München offenbar nach Gutdünken der Hotelbesitzerin vergeben wird.

Auch dieses Detail entlastet im Zweifel Wulff. Es liefert zumindest indirekt eine Bestätigung für dessen Aussage, von Groenewolds Kostenübernahme gar nichts bemerkt zu haben. Der Filmunternehmer hatte damals knapp die Hälfte der Kosten für zwei Übernachtungen in der Suite Nummer 770 übernommen, Wulff musste dadurch nur 230 Euro pro Nacht bezahlen. Der Prozess wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt.