Nach der Pleite der Baufirma findet die Landesregierung kein Unternehmen, das weitermachen will. Neue Ausschreibung erforderlich

Reinfeld. Die zwangsweise „schlafende“ Baustelle auf der Autobahn1 zwischen den Anschlussstellen Bad Oldesloe und Reinfeld soll bis Ende September verschwinden. Grund: Das Land Schleswig-Holstein und der Bund konnten sich nicht mit den beiden Firmen einigen, die nach der Pleite der Alpine Bau Deutschland GmbH die Arbeiten an dem rund sieben Kilometer langen Teilstück fortsetzen sollten.

Dabei handelt es sich um die Unternehmen, die bei der ursprünglichen Vergabe im Jahr 2012 die Plätze zwei und drei belegt hatten. Wie das Abendblatt vom Kieler Verkehrsministerium weiter erfuhr, soll in den nächsten Tagen entschieden werden, welche Firma mit dem Rückbau beauftragt wird. Nach dessen Abschluss sollen dort in nördliche Richtung wieder drei Spuren zu befahren sein, und zwar ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. In Richtung Süden werden es dann nur zwei sein, die aber jeweils einen halben Meter breiter sind als momentan. Damit will das Ministerium die Sicherheit erhöhen. In dieser Richtung wird ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde eingerichtet.

Schleswig-Holsteins Verkehrsstaatssekretär Frank Nägele sagte: „Obwohl wir lange verhandelt hatten, konnte keine Lösung gefunden werden, sodass schließlich auch der Bund seine Zustimmung für die Vergabe verweigerte.“ Die beiden Firmen hätten sich unter anderem nicht vertraglich auf einen Fertigstellungstermin festlegen lassen wollen. Nägele: „Damit sei die Wahrscheinlichkeit einer Winterbaustelle mit allen Risiken für die Autofahrer zu hoch geworden. Aus informierten Kreisen hieß es, das Konsortium habe für die Arbeiten zudem drei Millionen Euro mehr verlangt als Alpine, die im vergangenen Herbst den Zuschlag für 10,5 Millionen Euro bekommen hatte. Der Auftrag für die Sanierung des Teilstücks wird nach Angaben des Verkehrsministeriums nun neu ausgeschrieben und soll bis Ende des Jahres vergeben werden. Er umfasst die Erneuerung aller Fahrstreifen in beiden Richtungen zwischen Frühjahr und Ende 2014.

Jens Sommerburg, Leiter der Niederlassung Lübeck des Landesstraßenbaubetriebs Schleswig-Holstein, sagte dem Abendblatt, Grund und Decke der Fahrbahn müssten erneuert werden. „Die Betondecken sind 40 Jahre alt und zerbröseln teilweise.“ Sie seien jetzt für den stetig zunehmenden Schwerverkehr unterdimensioniert.

Björn Stähler, Sprecher des ADAC Schleswig-Holstein sagt: „Die Unterbrechung der Arbeiten ist daher kritisch zu sehen und nicht glücklich.“ Schlafende Baustellen seien zwar schlecht, aber auch „kein Riesenproblem.“ Thomas Rackow, Geschäftsführer des Verbandes Güterverkehr und Logistik (VGL), begrüßte hingegen den Rückbau der Baustelle: „Das ist die einzig vernünftige Lösung.“ Der VGL sei daran interessiert, dass der Verkehr dort möglichst schnell wieder fließe.

Rackow befürchtet nun aber im kommenden Jahr größere Verkehrsbehinderungen nördlich von Hamburg, weil dann auch noch Baustellen auf den Autobahnen 7 und 21 bestehen werden. Rackow: „Es wird auch auf den Nebenstrecken zu Staus kommen, weil es keine Ausweichrouten gibt.“

Die Arbeiten auf der Baustelle zwischen Bad Oldesloe und Reinfeld ruhen seit Mitte Juni, weil die österreichische „Mutter“ des mit ihnen beauftragten Unternehmens Insolvenz angemeldet hat. Seitdem kommt es nach Auskunft der Autobahnpolizei Bad Oldesloe wegen der Baustelle sowie dem starken Ferien- und Ausflugsverkehr insbesondere am Wochenende zu Behinderungen. Am vergangenen Sonnabend stauten sich beispielsweise die in Richtung Norden fahrenden Autos zeitweilig von Bad Oldesloe bis nach Barsbüttel zurück. Meist komme es am Freitagnachmittag sowie sonnabends zwischen etwa neun Uhr und dem frühen Nachmittag zu Stop-and-go-Verkehr oder Staus in diese Fahrtrichtung.

Aufgrund der Baustelle ereigneten sich am vergangenen Wochenende fünf Auffahrunfälle. Und am Mittwoch gegen 5.30Uhr verursachte die Fahrerin eines Sattelschleppers dort einen stundenlangen Stau, der zeitweise bis nach Ahrensburg zurückreichte. Sie hatte mit dem Lastwagen eine Begrenzungsbake der Baustelle touchiert und dabei den Dieseltank des Fahrzeugs beschädigt. Auf der Weiterfahrt nach Reinfeld lief der Treibstoff auf die Fahrbahn. Spezialkräfte brauchten rund acht Stunden, um sie zu reinigen.

An einem Werktag befragte Fahrer, die an der Raststätte Trave bei Reinfeld eine Pause einlegten, zeigten sich allerdings wenig bis gar nicht verärgert über die schlafende Baustelle. Die meisten von ihnen waren Urlauber wie Peter Schippers aus dem nordrheinwestfälischen Rheine. „Im Moment macht mir das nichts aus“, sagte der 58-Jährige, der auf der Rückfahrt von Kühlungsborn war. Entspannt nahm auch Michaela Simonsen die Baustelle: „Das ist okay, weil im Moment nicht soviel Verkehr ist“, sagte die Dänin, die mit ihrem Mann Mikel und dem neunmonatigen Sohn Jacob auf dem Weg zum Urlaubsziel im Elsass war. „Bei uns in Kopenhagen ist das schlimmer.“