Kiels Umweltminister Robert Habeck will Husumer Windmesse retten - und blockiert deshalb Verklappung des Hamburger Hafenschlicks.

Kiel. Schlick gefährdet den Hamburger Hafen - er versandet. Nun liegt eine Lösung des Problems vor. Gedacht ist an eine Stiftung, in die Hamburg einzahlt und von der Schleswig-Holstein profitiert. Doch die Umsetzung scheitert an Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne). Der stellt sich quer.

Im Kieler Landeshaus verknüpfte er Donnerstag die Verklappung des Hamburger Hafenschlicks vor der schleswig-holsteinischen Nordseeküste mit einer Lösung im Streit um die Husumer Windenergiemesse. "Die Schlickverklappung muss an der Westküste akzeptiert werden", sagte er. "Solange diese Akzeptanz nicht da ist, werde ich den Stiftungskompromiss nicht unterschreiben." Und weiter: "Wenn ich Husumer wäre, würde ich das auch nicht akzeptieren."

Offenbar deshalb nicht, weil der Streit um die Windenergiemesse immer noch nicht beigelegt ist. Er tobt seit 2011. Damals gab die Hamburger Messegesellschaft bekannt, 2014 eine Windenergieschau veranstalten zu wollen - just an dem Septemberwochenende, das die Husumer für ihre alle zwei Jahre stattfindende Messe "Husum Wind" gebucht hatten. Seit Monaten wird über einen Kompromiss verhandelt, bis Ende März soll er eigentlich vorliegen. Denn der Termin September rückt immer näher. Peter Becker, Geschäftsführer der Messe Husum, sagte Donnerstag, die Gespräche seien "nicht sehr vielversprechend".

Robert Habeck wurde deutlicher - und bezog gleich die gesamte Hamburger Politik in seine Kritik ein. Er sprach von einer "verdrehten Wirklichkeit". "Wir haben in Schleswig-Holstein eine private Messegesellschaft, für die sich die Politik stark einsetzt. In Hamburg haben wir eine staatliche Messegesellschaft, über deren Entscheidungen man mit Hamburgern nicht politisch diskutieren kann."

Derweil rüsten die beiden Messeveranstalter weiter auf, ständig werden neue Kunden akquiriert. Peter Becker berichtet, dass es für die Husumer Messe schon 500 Reservierungen gebe, zwei Drittel der Fläche sei ausgebucht. Hamburg vermeldet, 75 Prozent der Flächen seien vergeben. Bei beiden Veranstaltern ist zu hören, dass langsam der Zeitpunkt näher rückt, der eine Absage ihrer Veranstaltung unmöglich macht. Bei beiden ist zugleich zu hören, dass zwei zeitgleiche Messen in Hamburg und Husum die schlechteste Lösung wäre.

Dass es auch anders gehen könnte, zeigt der Kompromiss in Sachen Schlickverklappung. Der ist bereits im September ausgehandelt worden. Die von den beiden Ländern zu gründende Stiftung würde von Hamburg finanziert werden. Neu ist: Pro Kubikmeter Hafenschlick, der in der Nordsee verklappt wird, soll die Stadt 2 Euro zahlen. Bei rund 800.000 Kubikmetern Schlick, die der Hafen pro Jahr loswerden will, kommen 1,6 Millionen Euro zusammen. Geld, mit dem laut Vereinbarung im Nationalpark Wattenmeer Gutes getan werden soll.

Die Idee ist derart überzeugend, dass die Westküste durchaus gespalten ist in der Frage, ob man die Verklappung akzeptieren sollte oder nicht. Die Dithmarscher Stiftung Nationalpark Wattenmeer war einverstanden, die nordfriesischen Kollegen stellten sich hingegen quer - wegen Husum.

Für Hamburg wäre der Schlick-Deal lebenswichtig. Rund vier bis sechs Millionen Kubikmeter werden jährlich aus der Elbe geholt, um den Hafen vor dem Versanden zu bewahren. Im Winter, von November bis April, kann der Schlick in der Elbe vor der Insel Neßsand abgekippt werden. In den restlichen Monaten ist das nicht erlaubt - der Sauerstoffgehalt des Flusses könnte leiden. In den Jahren 2008 bis 2011 durfte der Schlick mit Erlaubnis des Landes Schleswig-Holstein 16 Seemeilen südöstlich von Helgoland, an der "Tonne E 3", in die Nordsee versenkt werden. 2,5 Millionen Kubikmeter waren es, keinen Cent hat Hamburg dafür bezahlt. "Der Kompromiss sieht vor, dass an dieser Stelle weiterhin abgekippt wird", sagt Dietmar Wienholdt, der Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft im Kieler Energiewendemuseum. "Da wissen wir wenigstens in etwa, wie sich der Schlick verhält."

Im sonst so kritikfreudigen Landeshaus wurden die Habeck-Äußerungen selbst von der politischen Konkurrenz ausgesprochen gelassen aufgenommen. Der FDP-Landtagsabgeordnete Oliver Kumbartzky sagte: "Es ist ein Trauerspiel, das die beiden SPD-geführten Landesregierungen Hamburgs und Schleswig-Holsteins derzeit aufführen, wenn es um die Frage einer Windmesse in Husum geht." Und der CDU-Wirtschaftspolitiker Jens-Christian Magnussen von der CDU fand es "ernüchternd", dass die Stadt Hamburg nicht bereit sei, sich auf politischer Ebene mit dem Streit der beiden Messegesellschaften zu befassen.

In Hamburg bekam Robert Habeck Schützenhilfe von Katharina Fegebank, der Landesvorsitzenden der Grünen. "Ich halte das für nachvollziehbar und logisch, dass man die beiden Themen Windenergie und Hafenschlick verbindet", sagte sie. Bürgermeister Olaf Scholz müsse sich nun um diese Themen kümmern. "Der hat die norddeutsche Kooperation doch zur Chefsache gemacht."