Der Arbeitskampf bei Asklepios verschärft sich weiter. Nun lockt der Konzern Mitarbeiter laut Ver.di mit 200 Euro pro Tag auf die Insel.

Sylt/Hamburg. Der harte Tarifkampf bei der Asklepios-Nordseeklinik im Sylter Ortsteil Westerland hat sich nochmals zugespitzt. Die Gewerkschaft Ver.di warf dem Asklepios-Konzern gestern vor, mithilfe von gut bezahlten Streikbrechern aus Hamburg und anderen Bundesländern den Arbeitskampf der Klinikmitarbeiter zu unterlaufen. "Dieses Vorgehen ist skandalös", sagte Hamburgs Ver.di-Chef Wolfgang Abel. Asklepios-Sprecher Rudi Schmidt konterte: "Wir halten den Betrieb am Laufen, weil wir sonst viele Krebspatienten aus dem Reha-Bereich nach Hause schicken müssten."

Nach Angaben von Ver.di hat der Klinikkonzern mit Hauptsitz in der Hansestadt bundesweit in seinen Einrichtungen nach Ersatzpersonal für Sylt gesucht und bisher etwa 25 Mitarbeiter für die Insel anheuern können, darunter eine Handvoll aus Hamburg. Asklepios locke die "Streikbrecher" mit freier Kost und Logis, zahle die Reise nach Sylt und zudem eine "üppige Prämie" von 200 Euro pro Tag. Schmidt wollte sich zu den Konditionen nicht äußern, bestätigte aber, dass auf Sylt auch Personal vom Festland eingesetzt wird. "Das ist moralisch legitim."

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In dem erbitterten Arbeitskampf, der sich bereits über mehr als zehn Wochen hinzieht, sind die Fronten fast hoffnungslos verhärtet. Größter Streitpunkt ist die Forderung von Ver.di, die Gehälter auf der Insel um 14,5 Prozent zu erhöhen. Die Mitarbeiter würden dann so bezahlt wie ihre Kollegen in Hamburg, rechnet Abel vor. Derzeit gehe etwa eine Krankenschwester auf der Insel mit gut 1800 Euro im Monat nach Hause, während ihre Kollegin in Hamburg 2130 Euro bekomme. "Dabei ist das Leben auf Sylt viel teurer."

Schmidt bestreitet diese Rechnung entschieden. "Eine Krankenschwester kommt hier wie dort auf ein vergleichbares Gehalt." Ver.di verbreite falsche Zahlen. Einen ersten Schritt hat Asklepios dennoch gemacht. Seit Juni erhält das medizinische Personal 3,5 Prozent mehr Geld. Beim Servicebereich, also bei den Mitarbeitern etwa in Küche und Technik, bleibt der Konzern bislang aber hart. Schmidt begründete das mit den vergleichsweise hohen Stundenlöhnen, die Asklepios bereits heute im Servicebereich biete. Sein Beispiel: In Nobelhotels auf der Insel liege der Tariflohn für Reinigungskräfte bei neun Euro die Stunde, die Klinik zahle dagegen zehn bis zwölf und teils sogar fünfzehn Euro. "Mehr ist nicht drin."

Gekämpft wird auf beiden Seiten mit harten Bandagen. Die Gewerkschaften werfen dem "schwerreichen" Klinikkonzern vor, aus "Profitgier" keine Zugeständnisse zu machen. Asklepios droht weiterhin damit, den Reha-Bereich mit 200 Appartements zu schließen, falls streikbedingt weitere Patienten ausbleiben. "Wir haben schon etwa 10 000 Behandlungstage verloren." Festhalten will der Konzern auf jeden Fall an der Klinik mit gut 400 Betten. Für Sylt ist das eine Überlebensfrage. Das Krankenhaus in Traumlage direkt hinter den Dünen ist die einzige Akutklinik der Insel.

Weitere Streikaktionen dürften folgen. An den "tagesbezogenen Streiks" beteiligten sich bisher um die 70 Mitarbeiter, darunter viele aus dem Servicebereich. Ein Slogan: "Lever Tarif us Slav (Lieber Tarif als Sklave, d. Red.)". Für Schmidt ist dagegen das Ende der Fahnenstange erreicht. Asklepios habe in den vergangenen Jahren Millionen in die Nordseeklinik investiert und keinen Cent abgezogen. "Es ist nicht so, dass Ver.di Robin Hood ist und wir der Sheriff von Nottingham."

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In den Krach um die Klinik schaltet sich zunehmend auch die Politik ein. "Ich appelliere an Asklepios, Ruhe ins Fahrwasser zu bringen und endlich durch aktives Verhandeln seine Gesamtverantwortung wahrzunehmen", sagte die SPD-Wahlreiskreisabgeordnete Gitta Trauernicht. "Mit Streikbrechern aus Hamburg wird zusätzlicher Sturm entfacht." Fakt ist, dass der Streit auf Sylt in Schleswig-Holstein kein Einzelfall ist. Vor den Sommerferien hatte der Mehrheitseigner der Klinikgruppe Damp, der Klinikkonzern Helios, im laufenden Tarifkampf rund 1000 Mitarbeitern in Schleswig-Holstein gekündigt und damit bundesweit einen Proteststurm ausgelöst. Erst nach Massendemos revidierte Helios seine Entscheidung. Derart hart gehe es auf Sylt noch nicht zu, sagte Abel. "Der Konflikt auf der Insel ist aber ein weiterer Beleg dafür, dass die Sitten in der Gesundheitsbranche rauer werden."