Kommunalwahl in Niedersachsen: Union stellt Bürgermeister in Wilhelmshaven und Goslar. SPD-Bewerber gewinnt mit 63 Prozent in Wolfsburg

Hannover. Vielleicht hat es am Wetter gelegen: Mehr Niedersachsen als erwartet machten gestern bei milden Temperaturen und meist trockenem Wetter von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Für die Nacht allerdings gab es eine Unwetterwarnung für Teile des Landes, Sturmböen und Hagel inklusive. Und wenn am heutigen Montagmorgen das Endergebnis der Kommunalwahl zu den Kreistagen und Räten der kreisfreien Städte vorliegt, wird absehbar auch die eine oder andere Partei in Turbulenzen geraten.

Schließlich galt der gestrige Urnengang als Standortbestimmung vor der Landtagswahl in rund 14 Monaten. Und derzeit ist die CDU/FDP-Koalitionsregierung in Niedersachsen weit entfernt von einer erneuten Mehrheit, und bereits das erste wichtige Ergebnis verhagelte gestern Abend der CDU die Stimmung: Gegen 19.30 Uhr stand fest, dass der SPD-Kandidat Klaus Mohrs mit enormen Zuwächsen und über 63 Prozent neuer Oberbürgermeister von Wolfsburg wird. Hier hat zehn Jahre lang der CDU-Mann Rolf Schnellecke regiert und vor einigen Monaten überraschend seinen vorzeitigen Abgang angekündigt. Für die CDU trat immerhin die langjährige frühere Landesministerin Elisabeth Heister-Neumann an, die auch deshalb mit nur 26 Prozent klar scheiterte, weil der CDU in Wolfsburg eine Affäre anhängt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts, dass die Stadtwerke Wahlkämpfe der CDU auf Landesebene finanziert haben.

Auf der Ebene der 38 Landkreise und acht kreisfreien Städte hatte die CDU bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren mit 41,3 Prozent die Nase vorn, die SPD erreichte 36,6 Prozent, die Grünen 7,8 Prozent, die FDP 6,7 Prozent und die damals noch getrennt antretenden WASG und Linkspartei kamen auf zusammen ein Prozent. In 15 Landkreisen, drei kreisfreien Städten und 86 Städten und Gemeinden haben die Wähler gestern zudem in Direktwahl über Landräte oder Bürgermeister und Oberbürgermeister entschieden. Ob am Ende CDU oder SPD auf Kreisebene die Nase vorn haben, wird erst mit dem Endergebnis feststehen. Bei insgesamt 2200 zu wählenden Parlamenten, bei bis zu sechs auszuzählenden Stimmen für bis zu drei Gremien geht es nicht schneller.

Aber gestern Abend konnten die Mitarbeiter im Wahlzentrum des Innenministeriums in Hannover nacheinander die Direktwahlen abhaken. Den Anfang machte Friesland, wo der SPD-Landrat Sven Ambrosy klar vorne lag wie auch der SPD-Kandidat in Emden. Auch in Helmstedt hatte die SPD die Nase vorn. In Wilhelmshaven, wo die SPD Jahrzehnte das Stadtoberhaupt gestellt hat, siegte dagegen die CDU. Ihrem Kandidaten Andreas Wagner reichten etwas über 36 Prozent der Stimmen. In Wilhelmshaven gab es neun Kandidaten, und dies nützte in diesem Fall dem CDU-Bewerber. Die CDU-FDP-Regierungskoalition auf Landesebene hatte gegen erbitterten Widerstand der Oppositionsparteien die Abschaffung der Stichwahl durchgesetzt. Gewählt ist damit, wer die einfache Mehrheit erreicht. Unter dem alten Wahlrecht hätte es in Wilhelmshaven eine Stichwahl gegeben. Ähnlich im Landkreis Osnabrück, wo der CDU-Kandidat mit 40 Prozent gewählt wurde wegen der vielen Gegenkandidaten. Auch in Goslar kam es zum Machtwechsel an der Spitze zugunsten der Christdemokraten. Der CDU-Kandidat Oliver Junk aus Bayern hatte die Nase vorn gegenüber einem Kandidaten, der von SPD, Grünen und FDP gekürt worden war. Insgesamt scheint sich die Abschaffung der Stichwahl vor allem für CDU-Kandidaten gelohnt zu haben. Offen ist, ob andererseits besonders hohe Zuwächse für die SPD bei den Direktwahlen auf Ergebnisse über 60 Prozent - nicht nur in Wolfsburg, sondern auch in Stade und Emden - ein Indiz für Stimmengewinne der Sozialdemokraten auch in den Kreistagen und Räten der kreisfreien Städte sind. Nur diese Ergebnisse aber taugen als Basis für die Standortbestimmung der Parteien.

Bis 16.30 Uhr hatten gestern 44,3 Prozent der 6,5 Millionen Wahlberechtigten ab 16 Jahren ihre Stimmen abgegeben, zwei Prozentpunkte über dem Jahr 2006. Damals hatte es am Ende mit 51,8 Prozent die bislang niedrigste Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen in Niedersachsen gegeben.

Am späten Sonntagabend schälte sich anhand von ersten Zwischenergebnissen der alles entscheidenden Wahl der Kreistage und Räte der kreisfreien Städte heraus, dass die FDP deutlich Stimmen verloren hat, danach in Hannover auch die CDU noch einmal deutlich verliert um sechs auf nur noch 24 Prozent. Aber in Hannover muss wohl auch die SPD leichte Verluste auf 38 Prozent hinnehmen, während nicht ganz unerwartet die Piratenpartei punkten konnte. Großer Wahlsieger aber sind auch in Niedersachsens Kommunen die Grünen, die in Großstädten wie Hannover und Göttingen zweistellig werden in Richtung der 20-Prozent-Schwelle. Erfahrungsgemäß aber schneiden CDU und FDP auf dem flachen Land besser ab - diese Ergebnisse trudelten besonders spät ein im Wahlzentrum.