Schleswig-Holstein will das Reitwege-Netz ausbauen. Langfristiges Ziel ist eine Route von Flensburg nach Hamburg. Ferien auf dem Ponyhof boomen.

Kiel. Der blaue Himmel spannt sich über dem weiten Nordseestrand von St. Peter-Ording, gegen den Wind galoppiert eine Gruppe des Reiterhofs Immensee durch spritzendes Priel-Wasser. Szenenwechsel. Auf der Ostsee-Insel Fehmarn bietet das Gestüt Rüder Ausritte zum Sonnenuntergang mit einem "Steigbügeltrunk" unter der Fehmarnsundbrücke an. Ferienfreuden mit Haflingern erleben seit mehr als 30 Jahren Mädchen und Jungen im Ponypark Padenstedt im Landesinnern bei Neumünster. Und Freunde des Westernreitens genießen auf der Wittmoorranch in Norderstedt (Kreis Segeberg) Waldromantik pur im malerischen Tangstedter Forst.

Schleswig-Holstein bietet Pferdefreunden eine faszinierende Vielfalt. Im Land zwischen den Meeren gibt es mehr als 100.000 Pferde. Entsprechend vielseitig und kaum überschaubar ist das Angebot für Reiturlauber, Wanderreiter, Reitschüler, Dressur- und Springreiter, für Fans des Kutschenfahrens oder sogar des Bogenschießens zu Pferde.

Einen aktuellen Überblick bietet das reich illustrierte Buch "Pferdeland Schleswig-Holstein". Die Journalistin und ambitionierte Freizeitreiterin Ingken Wehrmeyer gibt Tipps zum Reit- und Fahrwege-Netz, informiert über Pensionsställe, Reitschulen und Ferienhöfe. Auch das Thema Pferdezucht, insbesondere die Holsteiner- und Trakehnerzucht, werden behandelt, und auch große Ereignisse kommen nicht zu kurz: Dazu zählen das hochkarätige Reitturnier VR Classics in Neumünster, die Baltic Horse Show in Kiel, bei der ebenfalls Spitzensport geboten wird, aber auch das Scharbeutzer Strandderby, ein Riesenspaß über 400 Meter, wobei es nach 200 Metern nach einer Wendemarke zurückgeht.

Die Landesregierung in Kiel will das Netz an Reitwegen im Land zwischen den Meeren ausweiten. So sollen in staatlichen Forsten mehr Wege zum Reiten freigegeben werden. Die geplante Novellierung des Landesforstgesetzes soll den Ausbau des Reitwege-Netzes erleichtern. Das bereits bestehende Reit- und Fahrrouten-Netz umfasst laut schleswig-holsteinischem Umweltministerium inzwischen fast 3000 Kilometer - Tendenz steigend.

Ein geschlossenes Netz von Flensburg bis Hamburg besteht allerdings noch nicht. Es sei teilweise schwierig, die unterschiedlichen Interessen von privaten Waldbesitzern, Forstverwaltungen, landwirtschaftlichen Betrieben und Reitern unter einen Hut zu bringen, heißt es dazu aus dem Ministerium in Kiel.

Wer hoch zu Ross sitzt, denkt aber natürlich nicht an solche Probleme, sondern genießt lieber die Aussicht und die norddeutsche Landschaft. "Am beliebtesten sind bei uns die Strandausritte zum Sonnenuntergang", sagt Petra Rüder vom Gestüt Rüder auf Fehmarn. Der "Steigbügeltrunk" heißt so, weil er auf dem Pferd sitzend gereicht werde. "Das kann Prosecco sein, aber auch ein Schnaps wie Feigling oder eine alkoholfreie Capri-Sonne." Auch bei Mareike Stein vom Reiterhof-Immensee in St. Peter-Ording sind die Ausritte am Meer mit dem Gefühl unendlicher Weite besonders gefragt. "Zwei, drei Tage vorher sollte man sich schon anmelden", sagt Stein, die auf ihrem Hof auch Ferienwohnungen und Boxen für Gastpferde anbietet.

Seit mehr als einem Vierteljahrhundert gibt es die Wittmoorranch am Stadtrand von Hamburg als eines der ersten Westernreitzentren im Norden. Ranchchef Peter Raabe kennt als ehemaliger Landesvorsitzender der Ersten Westernreiter-Union (EWU) die Szene wie kaum ein anderer. "Unser Sport hat mit Cowboy-Klischees nichts zu tun. Wer sich ein Bild machen will, sollte am 3. Oktober unser Turnier auf der Ranch als Zuschauer besuchen oder sich selber mit seinem Pferd anmelden."

Raabes Lebenspartnerin Mareike Linsner, Hundetrainerin und Turnierreiterin, nennt als für Zuschauer besonders unterhaltsame Disziplin den "Horse & Dog Trail" - eine Geschicklichkeits- und Gehorsamsprüfung für Hund und Pferd mit Reiter.

Die große Vielfalt des Pferdesports in Schleswig-Holstein spiegelt besonders eindrucksvoll das beliebte, inzwischen 16. Landesbreitensportturnier in Bad Segeberg an diesem Wochenende wider. Unter anderem werden dort "Mounted Games", also Reiterspiele, stattfinden. Sogar Zuschauer, die zu Hause gerne "Pferd spielen", können mitmachen bei "Ecke kehrt ohne Pferd". Dem etwas anderen Wettbewerb ohne Vierbeiner - dafür aber vielleicht mit der besten Freundin.