Das schlägt der Landesverband Niedersachsen vor. Wegen ausgefallener Züge droht Metronom die Streichung von einer Million Euro Zuschüssen.

Hamburg/Hannover. Im Tarifstreit zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und den Regionalbahnen hat die CDU-Niedersachsen den ehemaligen Landtagspräsidenten Jürgen Gansäuer als Schlichter vorgeschlagen.

Gansäuer sei bereit, als Schlichter zu vermitteln, erklärte Landesfraktionschef Björn Thümler am Donnerstag in Hannover. Der frühere Politiker sei in Niedersachsen bekannt für einen fairen und vermittelnden Diskussionsstil und habe die notwendige Erfahrung, um die Konfliktparteien an einen Tisch zu holen. Thümler warnte vor den Folgen des Streiks, der die niedersächsische Metronom-Bahn auch wirtschaftlich treffe. Wegen ausgefallener Züge drohe die Streichung von Zuschüssen in Höhe von einer Million Euro.

Für eine mögliche Schlichtung seien mehrere Personen auch seitens der GDL ins Gespräch gebracht worden, teilte die Metronom-Bahn in Uelzen mit. Trotz schwieriger Ausgangslage würden die Chancen für eine Einigung weiter ausgelotet.

Die GDL möchte in dem Tarifstreit einheitliche Rahmenbedingungen für alle Lokführer erreichen. Mit der Deutschen Bahn und einigen Wettbewerbern wurde eine Einigung bereits erzielt. Metronom und drei weitere Regionalbahnen boten nun eine Schlichtung an. Dieser will die GDL aber nur unter Vorbedingungen zustimmen.

Geschäftsführer: "Metronom droht das Todesurteil"

Seit Februar streiken die Mitglieder der Gewerkschaft der Deutschen Lokführer (GDL) bei den privaten Bahnen. Jetzt hoffen vier Firmen auf einen Kompromiss durch eine Schlichtung, zu der sich auch die GDL grundsätzlich bereit erklärt hat. Über die Erfolgschancen sprach das Abendblatt mit Heinrich Strößenreuther, Geschäftsführer beim Metronom, an dem auch die Hamburger Hochbahn beteiligt ist. Metronom-Züge verbinden Hamburg mit Bremen, Uelzen, Stade, Cuxhaven, Lüneburg und Tostedt.

Hamburger Abendblatt: Herr Strößenreuther, wie schnell könnte eine Schlichtung zu einem Verhandlungserfolg führen?

Heinrich Strößenreuther: Die Hoffnung auf eine rasche Lösung stirbt zuletzt. Aber die Fronten haben sich so verhärtet, dass die Gewerkschaft wohl kaum auf unser Angebot eingehen wird. Für die GDL gilt: Es muss der Bundesrahmentarifvertrag unterschrieben werden, sonst läuft nichts.

Warum unterschreibt der Metronom nicht wie andere Firmen und die Bahn?

Strößenreuther: Eine Unterschrift wäre das Todesurteil für das Unternehmen. Wenn unsere Personalkosten genau denen der Bahn entsprächen, würden wir keine Strecke mehr gewinnen. Denn der Bahn-Tochter für den Regionalverkehr werden nach unseren Informationen vom Konzern zum Beispiel bei den Kosten für Energie Vorteile eingeräumt. Beim Kauf von Fahrzeugen ist die Bahn als großer Kunde der Industrie ohnehin im Vorteil und die Preise für die Nutzung der Gleise und Bahnhöfe steigen laufend. Da lässt sich dann nur noch über günstigere Personalkosten und einen guten Vertrieb gegensteuern.

Wie viel weniger verdienen die Mitarbeiter bei Metronom?

Strößenreuther: Sie verdienen sogar mehr als bei der Bahn. Mit zehn Jahren Berufserfahrung kommt ein Lokführer bei uns auf ein Grundgehalt von 2700 Euro, bei der Bahn sind es 2500 Euro. Unsere Kosten sind geringer, weil wir effektiver planen und mit weniger Lokführern auf unseren Strecken auskommen. Dazu reinigen unsere Mitarbeiter die Züge mit und erhalten weniger Zulagen, die bei der Bahn etwa an das Alter gebunden sind. Würden unsere Kosten durch den Rahmentarifvertrag auf das Niveau der Bahn steigen, führe spätestens 2018 der letzte Metronom-Zug.

Die Gewerkschaft fordert, Lokführer weiter zu beschäftigen, die sich nach einem Unfall nicht mehr in den Führerstand setzen wollen. Sind Sie dazu bereit?

Strößenreuther: Wir kümmern uns schon heute um alle, die erleben mussten, dass sich ein Selbstmörder vor ihren Zug geworfen hat. Für solche Fälle sorgen wir vor, sprechen aber auch gern über weitere Verbesserungen.

Die GDL will auch erreichen, dass Lokführer nach einem Wechsel des Betreibers für eine Strecke nicht arbeitslos werden. Werden Sie sich darauf einlassen?

Strößenreuther: Die Lokführer glauben heute, dass ihnen mit dem Abschluss eines Betreiberwechsel-Tarifvertrags künftig jede Veränderung erspart bleiben wird. Doch das gibt dieser Vertrag nicht her. Übernimmt die Bahn heute eine neue Strecke, haben für den Einsatz interne Bewerber Vorrang vor den externen - und die Bahn hat immer genügend interne Interessenten. Das Personal einer Privatbahn, das zuvor auf der Strecke eingesetzt wurde, bliebe auch mit dem Vertrag außen vor. Umgekehrt können wir nicht auf einer für uns neuen Strecke mit dem durch Alterszuschläge teureren Personal der Bahn kalkulieren. Dieser Tarifvertrag ist für dieses Problem keine Lösung und würde unsere Wettbewerbsbedingungen gegenüber der Bahn verschlechtern.

Dann werden die Auseinandersetzungen weitergehen. Wie viele Lokführer beim Metronom sind Mitglied bei der GDL?

Strößenreuther: 90 Prozent der insgesamt 120. Allerdings streiken 20 bis 30 nicht, und zuletzt sind fünf aus der Gewerkschaft ausgetreten. Wir achten darauf, dass arbeitsbereite Lokführer nicht gemobbt oder daran gehindert werden, in den Führerstand zu kommen. Die streikenden Gewerkschaftsmitglieder trauen sich kaum noch mit Streikweste auf den Bahnsteig. Dann müssen die Zugbegleiter die Wut der Fahrgäste alleine ausbaden.

Wie reagieren die Fahrgäste auf die immer neuen Streiks?

Strößenreuther: Die Bandbreite reicht von Mitleid mit den Fahrgastbetreuern über die Abfrage von Informationen bis hin zu extremem Verhalten. Mitarbeiter sind schon geschlagen und bespuckt worden. Der Druck auf die GDL, die Streiks zu beenden, nimmt aber zu.

Wie viel Geld hat der Metronom durch die Streiks verloren?

Strößenreuther: Für die ausgefallenen Züge wird uns die niedersächsische Landes-Verkehrsgesellschaft, die die Verbindungen bestellt, wohl einen Betrag im sechsstelligen Bereich nicht auszahlen. Schlimmer aber: Unser Ruf leidet, wenn Züge nicht fahren.

Welche Vorkehrungen werden für neue Streiks getroffen?

Strößenreuther: Wir werden jetzt bei allen Streiks flächendeckend Busse einsetzen, wenn es keine Parallelzüge etwa von der S-Bahn Hamburg oder Hannover gibt. Das bedeutet: Jeder Fahrgast kommt in jedem Fall an sein Ziel, wenn auch mit Umsteigen und Wartezeiten. Die Erfahrungen mit dem neuen System am vergangenen Wochenende waren gut. Wir werden daran festhalten.