Vor allem Bäcker und Fleischer beklagen einen Mangel an Bewerbern. Banken und Buchhändler sind als Arbeitgeber hingegen sehr beliebt.

Lüneburg. Einen Mangel von Bewerbern für offene Lehrstellen sagt die DIHK, Arbeitsgemeinschaft aller deutschen Industrie- und Handelskammern, für diesen Herbst voraus. Rund 40 000 Lehrstellen, so DIHK-Schätzungen, werden bundesweit in Industrie, im Handel und im Handwerk nicht besetzt werden. Wie stellt sich die Situation im kommenden Lehrjahr in der Region Lüneburg dar? Die Rundschau hat nachgefragt.

Auf den ersten Blick wirkt die Lage entspannt. "Die Nachfrage nach Ausbildungsstellen ist ungebrochen. Sieben Auszubildende kommen am 1. September, vier übernehmen wir vom Bekleidungshaus Hedemann in der Grapengießerstraße, das zum Jahresende schließt. Die restlichen Stellen konnten wir problemlos besetzen. Das liegt auch daran, dass die Aufstiegschancen zum Substitut oder Einkaufsleiter bei uns sehr gut sind", sagt der Karstadt-Chef der Filiale Lüneburg, Horst Bergmann.

Auch bei der Sparkasse gibt es eine ausreichende Zahl an Bewerbern. "Wir hatten 255 Bewerbungen in den vergangenen Wochen, das sind 30 mehr als im Vorjahr. Wir bieten 23 Plätze für Auszubildende, das sind sieben mehr als im Vorjahr", sagt Frank Elsner, Pressesprecher der Sparkasse Lüneburg. 21 Bankkaufleute und ein IT-Kaufmann werden ausgebildet, auch ein Angebot im Rahmen einer dualen Ausbildung existiert: Ein Studierender des Bachelor of Finance macht seine praktischen Erfahrungen bei der Sparkasse. Ausgebildet werden Abiturienten und Realschüler, die mit ihrem Abgangszeugnis den Zugang zur Sekundarstufe zwei erworben haben. "Unser Angebot gilt für junge Menschen aus der Region, schließlich sind wir auch eine Bank mit regionalem Schwerpunkt", sagt Elsner.

In der Buchhandlung am Markt in Lüneburg ist die Besetzung der Lehrstellen ebenfalls keinerlei Grund für schlaflose Nächte. "Im Schnitt haben wir rund 100 Bewerbungen pro Jahr. Die Anzahl der Bewerber ist in den letzten Jahren recht konstant geblieben", sagt Jan Orthey, Inhaber der Buchhandlung. Zwei Auszubildende stellt er in der Regel ein, noch ist ein Rückgang des Interesses nicht spürbar.

Anders ist die Lage im Einzelhandel, in der Gastronomie und in einzelnen Sparten des Handwerks. "Soweit ich weiß, haben die Gastronomen im Bezirk noch offene Lehrstellen. Dies könnte das erste Jahr werden, indem wir mit einem Minus abschließen. Wir brauchen ständig Mitarbeiter, doch die Nachfrage könnte besser sein", sagt Martin Zackariat, Inhaber des Restaurants "Zur Wassermühle" in Heiligenthal bei Lüneburg, der auch Kreisvorsitzender des deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) ist.

+++ Kommentar: Jetzt schon mal umdenken +++

Zackariat glaubt, dass sich die Situation wegen des demografischen Wandels verschärfen wird, obwohl die Wehrpflicht für junge Männer entfällt. "Es könnte zu einem Hauen und Stechen um jeden Auszubildenden kommen. Dienstleistungen, auch im Bereich der Pflege, werden vermutlich erheblich teurer. Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung", sagt Zackariat.

Auch die Handwerksmeister der Region könnten es in Zukunft schwerer haben, ihre Lehrstellen mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. "Bei den Bäckern und Fleischern sieht es mit Lehrlingen nicht gut aus, die sind Mangelware. In diesem Bereich besteht großer Personalbedarf, aber es herrscht wenig Interesse bei den Jugendlichen", weiß Frank Twele, Geschäftsführer der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade. "Wir müssen neue Strategien entwickeln und Angebote schaffen, auf die die Jugendlichen zurückgreifen. Im Moment entwickeln wir Konzepte, wie das aussehen könnte. Geplant sind beispielsweise mehr Schülerpraktika", erklärt Twele.

Mehr als 500 Ausbildungsplätze in kritischen Sparten könnten im Kammerbezirk Lüneburg frei bleiben, schätzt Volker Linde, Leiter des Aufgabenbereichs Ausbildung bei der IHK Lüneburg: "Die Unternehmen tun sich schwerer als in den Vorjahren." Zwar steige die Quote der Abiturienten noch, aber viele würden sich für ein Studium entscheiden. Dabei verliere die betriebliche Ausbildung an Gewicht.

Die Unternehmen müssten nun gegensteuern und ihre Instrumente im Bereich Ausbildung überprüfen, so Linde. Es müsse deutlich werden, dass auch bei einer betrieblichen Ausbildung perspektivisch vieles möglich ist: "Ein Wechsel zwischen Betrieb und Universität ist heutzutage machbar."

Ihre Traumjob bereits gefunden haben Liane Soares Bastiao und Thorid Garbe. Sie sind Auszubildende in der Gewandmeisterei des Theaters Lüneburg. Nähen war schon vor dem Berufseinstieg ihr Hobby. "Und Kostüme sind schon spannender als vieles andere, was man schneidern kann", sagen die beiden unisono.