Sportwetten werden neu geregelt. Schleswig-Holstein will mehr als sieben private Anbieter zulassen. Grüne fürchten “Las Vegas des Nordens“.

Berlin. Schleswig-Holstein ist auf dem Weg, zu einem Paradies für Wettunternehmen zu werden. Beim Sondertreffen der 16 Ministerpräsidenten in Berlin zur Neuregelung des Glücksspiel-Staatsvertrages stimmte das Land als einziges vorerst nicht den ausgehandelten Eckpunkten zu. Diese sehen unter anderem vor, dass Sportwetten künftig nicht mehr ausschließlich unter das staatliche Monopol fallen, sondern auch private Wettanbieter zugelassen sind. Allerdings soll bundesweit maximal sieben Wettfirmen eine Lizenz erteilt werden.

Schleswig-Holstein ist das zu wenig. "Die Länder sollten endlich den Schritt machen und den Markt für Sportwetten liberalisieren", forderte der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki in der "Welt". Ein eigenes Glücksspielgesetz hat bereits in erster Lesung den Landtag passiert. Die schleswig-holsteinische Landesregierung argumentiert, die vorgesehene Begrenzung auf sieben private Wettfirmen könnte Klagen abgewiesener Bewerber zur Folge haben. Bleiben die 15 anderen Länder und Schleswig-Holstein beim jeweils eigenen Modell, könnten sich Sportwetten-Anbieter also einfach im Norden ansiedeln, wenn sie keine der sieben Konzessionen bekommen haben. Kritik kam von der Opposition. Die Grünen warfen der Landesregierung "Lobbyismus vom Feinsten" vor. Sie erklärten: "Wir Grünen jedenfalls werden unsere Hand für ein schwarz-gelbes Las Vegas des Nordens nicht reichen."

Der Rechtswissenschaftler Johannes Dietlein warnte im Abendblatt davor, private Anbieter bei einer Liberalisierung von den strengen Regeln des Spielerschutzes und der Suchtprävention auszunehmen. Dietlein äußerte Bedenken gegen die von Schleswig-Holstein geplante Kommerzialisierung auch der Kasinospiele: "Das ist eine hochriskante Unternehmung, denn gerade bei Kasinospielen ist die Suchtgefahr besonders hoch."

Bislang sind im Bereich Sport nur die Oddset-Wetten in den Lotto-Annahmestellen erlaubt. Im Internet gibt es jedoch viele private Anbieter, die mit ihrem Sitz im Ausland deutlich attraktivere Quoten anbieten können. Ein hoher Prozentsatz spielt sich im illegalen Bereich ab, dessen Umfang auf mehrere Milliarden Euro Umsatz im Jahr geschätzt wird. Werden private Anbieter in Deutschland zugelassen, bekommen die Länder über Lotteriesteuer und Gewinnabführung etwas vom Kuchen ab.

Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), sagte gestern, es bestehe bei 15 Bundesländern die Überzeugung, dass eine staatsvertraglich verankerte Lösung besser sei als 16 unterschiedliche Länderregelungen. Zuvor hatten die Länderchefs heftig miteinander gerungen. Vor allem die SPD-geführten Länder wollen das staatliche Monopol behalten. "Das ist ein vernünftiger Kompromiss", sagte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) dem Abendblatt. "Er war auch dringend erforderlich angesichts der Suchtgefahren, die mit Glücksspiel und Wetten verbunden sind." Es bleibe zu hoffen, dass am Ende alle 16 Bundesländer mitmachen würden.

Anlass für die Verhandlungen ist der Glücksspiel-Rahmenvertrag, der Ende 2011 ausläuft. Er gibt den 16 Bundesländern vor, wie das Glücksspiel gestaltet werden muss. Vor allem geht es dabei um die Suchtprävention - denn nur dadurch wird das staatliche Glücksspielmonopol gerechtfertigt. Genau das hat der Europäische Gerichtshof im September 2010 nicht mehr gewährleistet gesehen und das Monopol gekippt. Wenn jetzt aber private Wettanbieter unter staatlicher Kontrolle sind, könnten die Länder ihrem Schutzauftrag wieder gerecht werden. Die gestern vereinbarten Eckpunkte sehen auch vor, dass Live-Wetten - auf Zwischenstände oder den nächsten Torschützen - verboten sein sollen; TV-Werbespots für die Wettanbieter im Umfeld von Sportsendungen sind unzulässig. Zudem sollen Kasinospiele im Internet wie Poker, Black Jack oder Roulette künftig nur von konzessionierten Spielbanken angeboten werden können. Beim staatlichen Lottospiel bleibt das Monopol der Länder erhalten.