Die Asiaten verhängen Importverbot für Produkte aus Deutschland. Verbraucherministerin Aigner will die Verursacher des Skandals bestrafen.

Hamburg/Peking. Als Konsequenz aus dem Dioxinskandal hat China ein Importverbot für Schweinefleisch und Eierprodukte aus Deutschland verhängt. Die Regelung gelte bereits seit Dienstag, teilte die chinesische Behörde für Lebensmittelsicherheit auf ihrer Internetseite mit. Lebensmittelladungen, die bereits in China eingetroffen seien, würden untersucht und nur dann zugelassen, wenn sie sicher seien, hieß es in der Mitteilung der Behörde. Die Maßnahme sei getroffen worden, um die Gesundheit der Verbraucher in China zu schützen.

Bislang wurde Dioxin in Deutschland in Eiern nachgewiesen sowie in Legehennen, die nicht zum Verzehr bestimmt waren. Am Dienstag entdeckten Kontrolleure dann erstmals auch Dioxin in Schweinefleisch. Womöglich ist belastetes Fleisch auch in den Handel gekommen. Auch Südkorea setzte den Import von deutschem Schweinefleisch vor einigen Tagen aus, Russland kündigte an, die Kontrollen für Fleisch aus Deutschland und anderen europäischen Staaten zu verschärfen. Die Slowakei wollte den Verkauf deutschen Geflügelfleisches und von Eiern zunächst untersagen, ruderte dann aber zurück.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner hat harte Strafen für den Verursacher des Dioxin-Skandals gefordert. Die Schuldigen müssten mit aller Härte haften, sagte die CSU-Politikerin am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. „Das ist kein Kavaliersdelikt. Das ist ein echter Skandal, was hier vorgefallen ist.“

Die Ministerin versicherte, der Dioxin-Fall werde nicht ohne Konsequenzen bleiben. „Wir werden jetzt die komplette Futtermittelkette von vorne bis hinten durchscreenen und auch die Vorschriften verschärfen“, sagte Aigner weiter.

Unterdessen fordern auch die Geflügelhalter in Mecklenburg-Vorpommern mehr Kontrollen durch das Land. Dazu müssten die Landesbehörden auch mehr Kontrolleure beschäftigen, sagte Marion Dorn als Verbandsvorsitzende, dem Neubrandenburger „Nordkurier“. Dass sich die Futterproduzenten selbst kontrollieren sei gut, aber es gebe auch schwarze Schafe.

Die Betriebe wollen Futtermittelproduzenten künftig vertraglich zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben verpflichten. Wer nicht bereit sei, zuzusichern, dass alle Inhaltsstoffe den Vorgaben entsprechen, könne sein Futter nicht mehr an die Geflügelhalter verkaufen.

Die Branche im Nordosten gehört zu den wichtigsten Geflügelfleisch-Produzenten bundesweit. Jährlich werden rund 100.000 Tonnen Geflügelfleisch produziert. Aus dem Nordosten kommen unter anderem elf Prozent des in Deutschland erzeugten Putenfleischs.

Der Dioxin-Skandal hatte sich Anfang der Woche weiter ausgeweitet. Am Dienstag wurde bekannt, dass in Niedersachsen erstmals auch ein stark erhöhter Dioxin-Wert in Schweinefleisch nachgewiesen wurde. 140 Schweine eines Betriebes aus dem Raum Langwedel (Landkreis Verden) mussten deshalb getötet werden. Unklar ist bislang, ob belastetes Schweinefleisch auch in den Handel gelangt ist. (dapd/dpa)

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So hat sich Peter Rojem seinen Einstand als neuer Kreisveterinär in Verden nicht vorgestellt. Erst am 1. Januar ist er zum Chef der Behörde aufgerückt, betreibt seither Krisenmanagement und hatte gestern die undankbare Aufgabe, im Zuge des bundesweiten Dioxin-Skandals erstmals die Schlachtung und vollständige Entsorgung von 140 Schweinen eines Landwirts anzuordnen. Den Namen des Bauern aus dem Raum Langwedel wollte Landrat Peter Bohlmann (SPD) nicht nennen: "Der Mann ist nicht Täter, sondern Opfer."

Tatsächlich hat auch der betroffene Landwirt verseuchte Mischfette von dem Uetersener Unternehmen Harles und Jentzsch bezogen, im eigenen kleinen Mischfutterwerk weiterverarbeitet und damit nicht nur die eigenen Schweine gefüttert, sondern auch neun andere Betriebe mit zusammen rund 8000 Schweinen beliefert.

Nachdem die Behörde den Lieferweg über Uetersen nachvollzogen hatte, wurden am vergangenen Donnerstag zwei Schweine geschlachtet und Proben gezogen. Das Ergebnis lag mit 1,5 billionstel Gramm (Pikogramm) Dioxin pro Gramm Fett um 50 Prozent über dem Grenzwert. Auch die belieferten Betriebe sind gesperrt, dort werden Proben genommen. Getötet werden zunächst einmal die schlachtreifen Tiere, bei den rund 400 jüngeren Schweinen des Hofs besteht die Hoffnung, dass durch Gewichtszunahme der Grenzwert am Ende unterschritten wird.

Widersprüchliche Angaben gab es dazu, ob belastetes Schweinefleisch auch in den Handel gekommen sein könnte. Der niedersächsische Agrarstaatssekretär Friedrich-Otto Ripke schloss dies kategorisch aus, Veterinär Rojem war sich da nicht so sicher. Zuletzt seien Schweine am 29. Dezember geschlachtet worden - gesperrt worden sei der Betrieb aber erst Anfang Januar, warnte er. Kurz darauf kam die nächste alarmierende Nachricht: In mehreren Supermärkten der Region Hannover gelangten Eier eines vorsorglich gesperrten Hofes in den Handel. Ein Verbraucher hatte sich am Montag mit einer entsprechenden Eierpackung an die Behörden gewandt.

Verbraucherschützer reagierten besorgt auf die jüngsten Giftfunde. "Die bisherigen Messungen im Schweinefleisch und die neue Dimension des Skandals sind bedenklich", sagte Ernährungsexpertin Silke Schwartau von der Hamburger Verbraucherzentrale. Einen generellen Boykott von Schweinefleisch halte sie zum jetzigen Zeitpunkt aber noch für überzogen. Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung hätte der Verzehr von dioxinbelastetem Schwein keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Gesundheit. Tückisch seien, wie bei dioxinbelasteten Eiern auch, aber mögliche Langzeitfolgen, da sich das Gift im Fettgewebe des Menschen ansammle.

Von ursprünglich rund 4500 Betrieben sind seit gestern in Niedersachsen nur noch 330 gesperrt, alle anderen dürfen wieder liefern. Die Wahrscheinlichkeit, dass in den verbliebenen Betrieben weitere Bestände getötet und entsorgt werden müssen, ist vergleichsweise hoch. Schließlich handelt es sich um Höfe, die aus Uetersen mit solchen Chargen beliefert wurden, in denen die Kontrolleure hohe Dioxin-Anteile vermuten, weil es sich nach ihren Ermittlungen nicht um Fett für Tierfutter, sondern um Industriefette handelt.

Die betroffenen Tiere werden jetzt in Schlachthöfen getötet, dann in Tierkörperbeseitigungsanlagen verbrannt und letzte Reste auch aus speziellen Filtern in den Schornsteinen als Sondermüll entsorgt. Logistisch stellt das kein Problem dar, weil Niedersachsen Notfallszenarien entwickelt hat für Massenkeulungen bei Schweinepest.

Unterdessen sieht sich Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) harter Kritik der Opposition ausgesetzt. "Frau Aigner tritt öffentlich auf als Schützerin der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber wenn man sie an den Ergebnissen misst, dann kommt da wenig bei raus", sagte der nordrhein-westfälische Verbraucherminister Johannes Remmel (Grüne). SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, mit dem Hinweis, man solle Ruhe bewahren, lasse sich das Problem nicht bewältigen.

Aigner wies die Vorwürfe, die von ihr ergriffenen Maßnahmen seien zu vage, zurück: "Die sind ganz konkret. Wir werden die Futtermittelzulassung verschärfen, wir werden die Futtermittelströme trennen, und wir werden das Dioxin-Monitoring komplett neu bewerten." Am Montag hatte sie angekündigt, Futtermittelhersteller einer verschärften Zulassungspflicht zu unterwerfen. Außerdem sollen Futterfette nicht mehr in Anlagen hergestellt werden dürfen, die gleichzeitig Stoffe für die technische Industrie produzieren.