Im Norden beginnen sie schon in der kommenden Woche, in Bayern traditionell erst Anfang August. Der Tourismus soll davon profitieren.

Hamburg. Eigentlich ist die Frage harmlos. Sie lautet: Wer bestimmt eigentlich, welches Bundesland in welchem Jahr in welchem Monat Sommerferien bekommt? Doch wer diese Frage stellt, merkt schnell, dass er "in ein Wespennest gestochen" hat, wie es ein Pressereferent der Ständigen Konferenz der Kultusminister in Berlin bemerkt. Er will namentlich nicht zitiert werden - denn das Thema sei "politisch sehr heikel". Darüber hinaus mische bei der Erstellung der langfristigen Ferienpläne hinter den Kulissen stets eine ganze Reihe von Verbänden und Interessengruppen mit. Es gehe nämlich in erster Linie darum, Ungerechtigkeiten zu vermeiden und touristische Pfründe zu sichern, sagt er hinter vorgehaltener Hand. Und wohl erst in zweiter Linie um die wahren Belange und Bedürfnisse der Eltern und Kinder.

Neben einigen Verordnungen und Sonderregelungen gibt es zunächst ein ungeschriebenes Gesetz, das es den Eltern schulpflichtiger Kinder ermöglichen soll, innerhalb der sechs Wochen Sommerferien im besonders wichtigen, 90 Tage umfassenden Zeitkorridor (Mitte Juni bis Mitte September) gemeinsamen Urlaub zu verbringen.

Verschiedene Quellen datieren die erstmalige Vergabe der "Großen Ferien" übrigens auf die Mitte der 18. Jahrhunderts, als von "hitzigen Hundstagen" die Rede war, die den Besuch einer Lehranstalt aufgrund der Sommerhitze für Schüler und Lehrkörper gleichermaßen zum Ärgernis werden ließen.

Heute umfassen die Schulferien in allen deutschen Bundesländern insgesamt 75 Werktage, davon zwölf Sonnabende. Dies wurde am 28. Oktober 1964 mit dem "Hamburger Abkommen" festgeschrieben. Die Zeiten der sogenannten "Kleinen Ferien" sprechen dann die einzelnen Bundesländer untereinander ab, wobei Berlin und Brandenburg oder Niedersachsen und Bremen praktisch zeitgleich die Schulen schließen.

Die Sommerferien dagegen werden auf höchster Ebene, auf der Kultusministerkonferenz, festgelegt. Dazu werden die einzelnen Bundesländer bereits seit vielen Jahrzehnten in fünf Gruppen eingeteilt. Diese Einteilung erfolgt von Nord nach Süd, wobei jede Gruppe eine möglichst gleiche Anzahl an Einwohnern präsentieren soll. In den nördlichen Bundesländern in Gruppe 1 beginnen die Sommerferien häufig schon Ende Juni, während Bayern und Baden-Württemberg in der Gruppe 5 traditionell als letzte Bundesländer erst Anfang August in die schulfreie Zeit starten.

"Mit dieser vernünftigen und bewährten Regelung wird verhindert, dass zu viele Menschen gleichzeitig in den Urlaub fahren", sagt Thomas Schunck, Sprecher des Kieler Kultusministeriums. Einheitsferien führten zwangsläufig zu Staus auf den Straßen, überfüllten Sehenswürdigkeiten und Übernachtungsmöglichkeiten - und zudem sei dann die eigentliche Hauptsaison bloß auf sechs Wochen reduziert, was nicht im Sinne der Tourismusbranche sein könne.

Auf den deutschen Inseln Sylt, Föhr, Amrum, Helgoland und den Halligen sowie auf allen ostfriesischen Inseln gelten Sonderregelungen. "Auf den Inseln und den Halligen enden die Sommerferien jeweils eine Kalenderwoche früher, und die Herbstferien beginnen jeweils eine Woche früher", so der Ministeriumssprecher. Der Grund hierfür ist der Wunsch von Tausenden von Beschäftigten im Gastgewerbe, einmal im Jahr Familienurlaub machen zu können. In diesem Februar hat Sylt nach langen Diskussionen testweise eine Woche Frühjahrs- bzw. Skiferien in Anspruch genommen, die von den Sommerferien abgezwackt werden. "Jetzt werten wir einen Fragebogen aus, den wir allen Eltern schulpflichtiger Kinder vorgelegt hatten", so Thomas Schunck, "danach werden wir dann entscheiden, ob wir diese neue Ferienregelung beibehalten wollen."

Erstaunlicherweise hat sich in den Köpfen der Deutschen jedoch festgesetzt, dass gerade die Bayern und - in gewissem Rahmen auch die Baden-Württemberger - mehr Ferientage genießen können als andere. Aber das stimmt nicht - die Zahl der Ferientage in Deutschland ist ausgewogen. Mehr als 75 gibt es nicht pro Jahr. Darüber hinaus empfinden es nicht wenige Norddeutsche als "unfair", dass die Bayern und Baden-Württemberger zeitlich noch nie rotieren mussten. Zum einen liegt dies in den traditionell zweiwöchigen Pfingstferien begründet. Zum anderen ist Süddeutschland für Urlauber äußerst attraktiv. "Die meisten Anfragen bekommen wir aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen", sagt Frank-Ulrich John vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in München. "Unsere Gastronomen und Hoteliers nehmen diese Urlaubszeit mit - und können dann später ihre eigenen Ferienreisen mit den Kindern unternehmen. Im Übrigen, ergänzt Ludwig Unger, Sprecher des Bayerischen Kultusministeriums, sei es aber keineswegs so, dass alle Bayern über die späte Sommerferienregelung begeistert seien. "Viele Eltern beschweren sich, dass sie nie in den Genuss kommen können, in Schweden Mittsommernacht zu feiern!"

Sommerferien