Albig präsentiert in Kiel sein Kabinett. Dienstag soll der SPD-Politiker zum schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten gewählt werden.

Kiel. Schleswig-Holsteins designierter Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) macht erste Nägel mit Köpfen. "Ich werde sehr schnell Antrittsbesuche in Hamburg, in Schwerin und in Hannover machen", sagte Albig gestern dem Abendblatt. Die Wahl am Dienstag im Landtag sieht er gelassen, obwohl SPD, Grüne und SSW wie 2005 bei der Nichtwahl von Heide Simonis (SPD) nur eine Stimme Mehrheit haben. "Geschichte wiederholt sich nicht."

+++Landtagswahl in Schleswig-Holstein+++

Bei der Vorstellung seines Kabinetts im noblen Hotel Kieler Yacht Club ließ Albig auch durchblicken, dass die zügige Kontaktaufnahme zu Schleswig-Holsteins Nachbarländern nicht nur ein Gebot der Höflichkeit ist. Der Chef der Dänen-Ampel wird insbesondere in Niedersachsen erklären müssen, warum Kiel die Autobahn 20 vorerst nur bis zur A 7 bauen und dafür auf einen elbnahen Trassenabschnitt verzichten will. "Es macht doch Sinn, die A 20 schrittweise von Ost nach West zu bauen", meinte Albig. Im Landeshaus ist es dagegen ein offenes Geheimnis, dass SPD und SSW im Koalitionspoker um die A 20 von den Grünen über den Tisch gezogen wurden.

Albig ließ es sich nicht nehmen, alle Mitglieder seines neuen Kabinetts, sieben Minister und elf Staatssekretäre, einzeln vorzustellen. Erster Vizeministerpräsident wird Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck (Energiewende, Umwelt, Landwirtschaft), zweite Vizeregierungschefin SSW-Frontfrau Anke Spoorendonk (Justiz, Kultur, Europa). Die SPD besetzt ihre vier Ressorts, wie berichtet, mit Rendsburgs Bürgermeister Andreas Breitner (Innen), dem Chef der Schweriner Staatskanzlei Reinhard Meyer (Wirtschaft, Arbeit, Verkehr, Technologie), der Pinneberger Bürgermeisterin Kristin Alheit (Soziales, Gesundheit, Familie, Gleichstellung) und der parteilosen Flensburger Unipräsidentin Waltraud Wende (Bildung, Wissenschaft). Siebte im Ministerbunde ist die Grünen-Abgeordnete Monika Heinold (Finanzen). "Das ist ein starkes Team", sagte Albig. Das Kabinett werde Ideen in das Land bringen.

In Reihen der Dänen-Ampel wurde eingeräumt, dass in der Ministerriege glanzvolle Namen fehlen und die Regierung damit hinter den von Albig selbst geweckten Erwartungen zurückbleibt. Bemüht hatte sich der SPD-Vormann insbesondere in Hamburg und Berlin. Körbe bekam er auch, weil nach der Bundestagswahl im Herbst 2013 in Berlin besser dotierte Posten winken.

+++Ministerpräsident Albig präsentiert seine Regierung+++

Albig ging über die Kritik locker hinweg, schüttelte den Kopf über den Hinweis, dass am schwarz-gelben Kabinettstisch mehrere Politiker aus dem Hamburger Umland saßen, im neuen Team gleich drei Minister aus dem Raum Flensburg (Spoorendonk, Habeck, Wende): "Entscheidend ist die Qualität, nicht der Wohnort."

Die Flagge des Hamburger Umlands hält Kristin Alheit hoch. Die Bürgermeisterin von Pinneberg, die ihren Job automatisch mit der Übernahme des Ministeramts am Dienstag verliert, machte deutlich, mit wie heißer Nadel Albig sein Regierungsteam strickte. "Ich habe Mitte letzter Woche einen Anruf bekommen", sagte sie dem Abendblatt. Dass vor ihr schon andere gefragt wurden und abwinkten, stört sie nicht. "Ich fühle mich überhaupt nicht als zweite Wahl."

+++"Dänen-Ampel" im Norden gibt sich grünes Licht+++

In Hamburg kennt sich auch der designierte Wirtschaftsminister bestens aus. Meyers Wohnsitz ist die Metropole. Brisanter ist ein Nebenjob des Top-Beamten. Meyer ist Präsident des Deutschen Tourismusverbandes und damit Cheflobbyist der Branche, für die er in Kiel als Minister zuständig ist. "Ich sehe da kein Problem, werde aber in den nächsten Tagen mit dem Vorstand des Verbandes sprechen", sagte Meyer dem Abendblatt.

Ein anderes Problem für die Dänen-Ampel lässt sich nicht so schnell aus der Welt schaffen. Wie schon nach der Wahl 2005 haben Bürger bei der Landeswahlleiterin Beschwerde eingelegt, weil der SSW von der Fünf-Prozent-Klausel befreit ist. Die Verfahren könnten vor dem Landesverfassungsgericht landen. Eine vorgezogene Neuwahl ist gleichwohl nicht in Sicht. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits deutlich gemacht, dass das SSW-Privileg in Ordnung geht, aber jederzeit vom Landtag aufgehoben werden kann.