Die “Dänen-Ampel“ droht die beiden Nord-Länder auseinanderzutreiben

Freie Fahrt nach Dänemark? Aber Rotlicht in Richtung Hamburg? Heute beginnen die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW). Noch leuchtet die sogenannte Dänen-Ampel nicht auf - doch schon der Name der künftigen Koalition lässt ahnen, in welche Richtung das Land zwischen den Meeren künftig möglicherweise verstärkt steuern wird. Das erfüllt nicht nur Hamburger mit Sorge, sondern auch Holsteiner.

Der SSW verlangt - auch wenn eine solche Entscheidung aktuell noch gar nicht ansteht - eine klare Absage an jegliche Nordstaat-Ideen. Einer Fusion der beiden Bundesländer will die dänischgesinnte Minderheit schon aus purem Machterhaltungstrieb nicht zustimmen. In einem größeren Verbund würde ihr Gewicht naturgemäß abnehmen - und möglicherweise stünden selbst die Privilegien des von der Fünfprozenthürde befreiten SSW zur Diskussion.

Der SSW steht - und das kann man ihm nicht einmal vorwerfen - für eine absolute Klientel-Politik: mehr Geld für den dünn besiedelten Norden des Bundeslandes und weniger ins bevölkerungsreiche Hamburger Umland. Der SSW sollte bedenken, dass er nicht allein den Wählern an der dänischen Grenze verpflichtet ist. Immerhin erhielt er ein Drittel seiner Stimmen in Holstein.

Der Richtungswechsel wäre fatal: Die beiden Nordländer haben im vergangenen Jahrzehnt gut daran getan, sich - wenn auch langsam - aufeinander zuzubewegen. Denn der Norden Deutschlands braucht nicht neue Gräben und Inseln, sondern mehr Gemeinsamkeiten. Schleswig-Holstein und Hamburg würden im Interesse aller rund 4,6 Millionen Einwohner gut daran tun, weiter zusammenzurücken.

Die Länder haben zwar in den vergangenen Jahren einiges getan. Eine vereinzelte Zusammenlegung von Behörden oder punktuelle gemeinsame Kabinettssitzungen können aber nur der Anfang sein. Häufig genug wurden die eigentlich gut gemeinten Fusionen wieder durch Standort-Streitereien aufgeweicht - oder gar vertagt. Vieles an bereits begonnener Zusammenarbeit wurde beim nächsten Regierungswechsel wieder eingeschränkt oder beendet.

Dabei hoffen gerade die Menschen im Hamburger Umland auf weniger im Alltag lästige Grenzen zwischen den beiden Ländern. Zum Beispiel in der Schulpolitik, bei Verkehrsprojekten oder auch in der Wirtschaftsförderung. Was die beiden Nord-Länder brauchen, ist ein Fahrplan für einen Weg in die gleiche Richtung. Ein Konzept statt Flickwerk. Den Ruck dazu müssen sich beide Seiten geben - Hamburg wie Schleswig-Holstein.

Am Ende muss - auch wenn es in beiden Bundesländern auch allzu eifrige Lokalpatrioten gibt - ein mutiger Schritt stehen. Denn sowohl das in weiten Teilen strukturschwache Schleswig-Holstein als auch der überlastete Stadtstaat Hamburg sollten ihre Zukunft in einem gemeinsamen Nordstaat suchen. Die Zeiten leerer Kassen erfordern gemeinsame Stärke statt teurer Kleinstaaterei.

Das vor dem Start der "Dänen-Ampel" abgefeuerte Wunschkonzert an Mehrausgaben macht nicht gerade Mut für die Zukunft des klammen Landes. Statt weiter zu sparen, soll noch mehr Geld auf Pump ausgegeben werden. Die größten Wünsche auf dieser Liste hat die kleinste Partei - der SSW.

Bei den Koalitionsverhandlungen gilt es für SPD und Grüne, darauf zu achten, dass die Interessen der Mehrheit nicht denen einer Minderheit geopfert werden. Das wäre ein hoher Preis, den Torsten Albig (SPD) dafür zahlen würde, um mithilfe des SSW Ministerpräsident zu werden.

Die dänischgesinnte Minderheit könnte ein teures Zünglein an der politischen Waage im Kieler Landeshaus werden.