Hamburg. Ihr Holz wird für Tische, Hocker und so manche individuelle Kreation genutzt. Online-Shops und ein Ladenlokal zeigen, was möglich ist.

Wie heißt es doch gleich? Ein Glas Wein am Abend kann nicht schaden. Bei Heinz-Josef Weis hat sich dieser Spruch mehr als bewahrheitet.

Edle Tropfen haben den mittlerweile pensionierten Arzt aus der Vulkaneifel zu einem erfolgreichen Unternehmer gemacht. Denn der 68-Jährige macht aus den Kisten, in denen ihm stets guter Wein geliefert wurde, hochwertige Möbel.

Eine Idee, die er vor gut vier Jahren hatte – und da alles mit einem Tisch begann, bietet er seine Möbel unter dem Namen „formitable“ an. Upcycling im besten Sinne nennt man das, denn auf diese Weise entstehen echte Unikate aus Eichenholz. In die Tische, Kommoden, Stühle und Accessoires werden nämlich die Bretter eingearbeitet, auf denen die edel klingenden Rebsorten oder Signets von bekannten Weingütern zu lesen sind.

Bretter mit Geburtsjahr werden eingearbeitet

„Bei richtig seltenen Weinen kostet so eine Kiste schon mal mehr als 100 Euro“, erzählt Weis, der früh den Trend zum Upcycling erkannt hat.

Manche Kunden lassen sich auch Möbel anfertigen, auf denen das Geburtsjahr oder der Jahrgang des Auftraggebers beziehungsweise des jeweils Beschenkten zu lesen ist. „Individueller geht’s eigentlich nicht“, schwärmt Weis.

Heinz-Josef Weis macht aus Weinkisten echte Unikate.
Heinz-Josef Weis macht aus Weinkisten echte Unikate. © Formitable | Formitable

Eine Option, die sich auch mit alten Möbeln umsetzen lässt: „Beispielsweise, wenn das Untergestell eines Tisches noch gut ist und nur eine neue Platte gefertigt werden soll, dann kann man das bei uns in Auftrag geben“, erläutert der „Jung-Unternehmer“ aus dem kleinen Ort Daun.

So ist er schließlich selbst auf die Idee gekommen, die vielen Weinkisten in seinem Keller zu verwerten. „Die stapelten sich damals zum Leidwesen meiner Frau unten im Haus“, erinnert sich der Arzt. Wegwerfen kam für ihn nicht infrage.

Tische mit integriertem Weinkühler

Also was tun? Er nahm einen alten Tisch und begann zu tischlern – und zwar in der Garage eines damals 84-jährigen Patienten. „Der war Schreiner im Ort. Mit ihm zusammen habe ich den ersten Prototyp für einen Stehtisch gefertigt“, erzählt Weis. Freunde und Bekannte waren begeistert; eine Geschäftsidee war geboren.

Für einen Hamburger Gastronom entstand dieser Tisch mit integriertem Weinkühler.
Für einen Hamburger Gastronom entstand dieser Tisch mit integriertem Weinkühler. © Formitable | Restaurant Stüffel

Mittlerweile beschäftigt Weis drei Schreiner, um Kundenwünsche zu erfüllen – auch der alte Schreinermeister hat noch lange mitgewirkt. Zu den Kunden von formitable gehört auch Ondrej Kovar, Geschäftsführer des Restaurants Stüffel am Isekai in Hamburg. „Er war vorher Sommelier im Hotel Adlon und hatte Weinkisten gesammelt, auf denen die Namen von äußerst edlen Tropfen zu lesen waren“, erzählt Weis.

„Aus diesen fertigten wir einen Tisch, in dem sogar noch ein Weinkühler integriert ist.“ Eine Finesse, die für einen Aufpreis von weniger als 100 Euro mittlerweile bei jedem Tisch abrufbar ist.

Eine neue Tischplatte wird hier auf ein altes Untergestell gesetzt.
Eine neue Tischplatte wird hier auf ein altes Untergestell gesetzt. © Formitable | Formitable

Auf Messen mit einem japanischen Tischgrill

Neuester Clou aus dem Hause formitable ist indes ein Teppanyaki, ein japanischer Tischgrill aus Edelstahl – auch er gefertigt aus dem Eichenholz von Weinkisten. Für dieses Möbel muss man schon etwas tiefer in die Tasche greifen.

„Gut 7000 Euro kostet der Tisch, dafür hat er aber auch eingelassene Auszüge für Schüsseln und ein einklappbares Bedienfeld“, erzählt Weis, der auf Messen gern außergewöhnliche Gerichte von Profiköchen auf dem Gerät zaubern lässt.

Bei dem Gespräch mit dem pensionierten Arzt wird deutlich, wie dankbar er für die Chance ist, auf seine „alten Tage“ noch einmal beruflich durchstarten zu können. „So was hält wirklich jung! Ich kann diesen Tipp nur an andere weitergeben: So lange wie möglich etwas machen.“

Bloß nicht im Ruhestand einfach nur die Hände in den Schoß legen. „Das trocknet die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes aus!“, hat der Weinliebhaber bei seinen Patienten oft beobachten müssen.

Ein Obstbauer erkannte den Trend sehr früh

Darüber muss sich Florian zum Felde zum Glück noch nicht den Kopf zerbrechen. Der Obstbauer aus dem Alten Land ist gerade mal 30 Jahre alt – und seit 2012 im Geschäft mit Obst- und Weinkisten.

Florian zum Felde hat früh erkannt, dass man mit Obstkisten handeln kann.
Florian zum Felde hat früh erkannt, dass man mit Obstkisten handeln kann. © Vintage-Möbel24 GmbH | Vintage-Möbel24 GmbH

„Die kleinen Kisten werden schon lange nicht mehr für die Obstlagerung benötigt, weshalb sie nicht nur bei uns, sondern auch bei vielen Berufskollegen auf dem Dachboden lagerten“, erzählt zum Felde. Also sei er damals auf die Idee gekommen, sie über Ebay- Kleinanzeigen zu verkaufen. Im Nu waren die Kisten für Äpfel und Birnen verkauft – neue Kisten mussten her.

„Zwischenzeitig haben wir 57 Mitarbeiter beschäftigt“, erzählt Timo Nagel, zuständig fürs Marketing bei der Vintage-Möbel24 GmbH, die zum Felde 2016 gründete. Der Kundenkreis erstrecke sich mittlerweile weit über Europa hinweg bis in die USA, so der 36-Jährige.

In Bramfeld soll ein Ladenlokal entstehen

Für den Oktober ist geplant, ein Ladenlokal in Hamburg zu eröffnen. „Am Bramfelder Marktplatz werden wir in einem Store zeigen, was man alles so aus Kisten machen kann“, verrät Nagel.

Darüber hinaus werde dort auch das notwendige Zubehör angeboten, um eigene Ideen umzusetzen. Vieles werde dort auch fertig montiert angeboten oder könne online bestellt werden.

Könnte ein Renner bei Kunden werden: Kisten für ein Ikea Regal.   
Könnte ein Renner bei Kunden werden: Kisten für ein Ikea Regal.    © Vintage-Möbel24 GmbH | Vintage-Möbel24 GmbH

Schon jetzt zeigt der Blick auf die Homepage der Firma: Die Kunden sind überaus kreativ. Zu sehen sind mitwachsende Schuhregale, Couchtische mit Glasablage oder eine beleuchtete Bar – sie alle gefertigt aus Kisten, die nach Qualität und Alter zu Preisen zwischen 5,99 und 28 Euro pro Stück erhältlich sind. „Alle sind nachweislich aus zertifiziertem Holz gebaut“, sagt Nagel.

Ihn freut es, dass Kunden so oft und gern Fotos schicken, um zu zeigen, was sich alles aus Kisten machen lässt. „Diese Fotos auf unserer Webseite sind die beste Werbung für uns“, sagt Nagel.

Ein Angebot der Firma verspricht schon jetzt zum Renner zu werden: Passend zum Regalsystem eines großen schwedischen Möbelhauses werden Einschubkisten in rostbraunem Look angeboten. Nagel: „Bei 41 Millionen verkaufter Regale dürften sich unsere Kisten in Kürze schnell verbreiten!“

Nicht verwunderlich, dass auch andere Nutzen aus diesem Trend ziehen wollen. So vermeldet Hornbach, dass in seinem Onlineshop ein Katalog mit Anleitungen zum Möbelbau mit Paletten, Obstkisten & Co. kostenlos zu finden sei.