Hamburg. In Kombination mit Modulen entwickelt sich das Regal immer mehr zum Stauraum-Möbel. Der Aufbau ist bei einigen erstaunlich simpel.

Haben Sie es gelesen? Gäste von Hamburgs neuem Fünfsternehotel The Fontenay werden in den Genuss kommen, in einer gut bestückten Bibliothek entspannte Momente verbringen zu können. Einmal mehr bestätigt dies, wie falsch jene lagen, die mit Einführung des E-Books das Ende des Buches prognostizierten – und damit auch des Bücherregals. Stattdessen warten Designer und Hersteller aus der Möbelbranche mit raffinierten Lösungen zur Präsentation von Büchern, aber auch vielen anderen schönen Sammlerstücken auf.

Wer über das notwendige Budget verfügt, lässt sich sein Regal sogar maßanfertigen, wie der Eigentümer eines Penthouses in der HafenCity. „Wir haben angesichts der Dimension des Raumes – er ist 4,20 Meter hoch – recht schnell entschieden, dass das Möbel eine Art Inszenierung erlauben sollte, wie eine Bühne“, sagt Frank Theuerkauf, dessen Designbüro mit dem kompletten Umbau des Penthouses betraut wurde. Das Regal biete nun die Möglichkeit, es immer wieder neu zu bestücken und zu gestalten. „Es übernimmt damit eine Funktion, die sich mit einem Bild an der Wand so nur schwerlich hätte umsetzen lassen“, sagt Theuerkauf.

In Regalen werden mehr als nur Bücher zur Schau gestellt

Inszenieren – ein wichtiges Stichwort, denn trotz des gegenwärtigen Trends zum ästhetischen Minimalismus in neuen Wohnwelten ist die Lust, Dinge zur Schau zu stellen, nach wie vor vorhanden. „So erklärt sich auch die Renaissance von Sideboard und Vitrine, nur dass diese Möbel jetzt mit LED und Glas sehr viel raffinierter inszeniert werden als früher“, sagt Ursula Geismann, Sprecherin der Verbände der deutschen Holz-, Möbel- und Fertigbauindustrie (VDM).

Hersteller Kettnaker aus Süddeutschland habe beispielsweise jüngst damit überrascht, dass sich das Glas einer Vitrine von klar in milchig verwandeln ließe. Und Sideboards – vor allem in Kombination mit Rollen – hätten sich zu einem sehr variablen Stauraummöbel entwickelt.

Das Glas dieser Vitrine wandelt sich auf Wunsch von klar in milchig um.
Das Glas dieser Vitrine wandelt sich auf Wunsch von klar in milchig um. © HA | TOM ZIORA Kettnaker

Bodentiefe Fenster verhindern meterlange Schrankwände

Dieses Attribut lässt sich auch Regalen kombiniert mit Modulen zuschreiben. Für Sybille Scharbau vom Hülsta-Studio Hamburg – es wirbt anlässlich seines 140-jährigen Bestehens aktuell mit zahlreichen Aktionen – erklärt sich dieser Trend auch damit, dass viele Häuser mittlerweile mit bodentiefen Fenster ausgestattet seien. „Durch die werden Wände in den Räumen strukturiert, und es gibt einfach nicht mehr den Platz für meterlange Stellflächen“, sagt die Fachfrau.

Gut beobachtet, findet Ursula Geismann. Darüber hinaus sei es aber auch so, dass Stauraum eine immer größere Bedeutung für Menschen erhalte. „Viele von uns arbeiten mittlerweile im Homeoffice, da ist man dankbar, wenn Regale mit Modulen auch eine nicht einsehbare Ablage ermöglichen“, sagt die Verbandssprecherin. Dadurch ließe sich eine gewisse Ordnung im Raum herstellen. Außerdem könne das Möbel so auch als Raumteiler dienen, bei dem nach Belieben Durchblicke gewährt werden – oder nicht. „Begehbare Kleiderschränke in zunehmend mehr Haushalten zeigen es deutlich: Ohne Regale und Module geht nichts mehr“, sagt Geismann.

Das mit LED hinterleuchtete Regal Scopia dient nicht nur zur Ablage von Büchern.
Das mit LED hinterleuchtete Regal Scopia dient nicht nur zur Ablage von Büchern. © HA | Hülsta

Magnete machen den schnellen Aufbau möglich

Ideal, wenn sich solche Konstruktionen ohne jegliches Werkzeug aufbauen lassen. Das hat sich auch Michael Linden aus dem kleinen Ort Boitze in der Lüneburger Heide gedacht und ein Regalsystem namens Tavar entwickelt, das mithilfe von Magneten unterschiedlich große Module miteinander verbindet – quasi wie Legosteine. Bei einem Redaktionsbesuch baute der findige Tischler binnen weniger Minuten Regale in verschiedenen Höhen und Breiten zusammen. Zahlreiche Auszeichnungen hat er dafür bisher erhalten.

Aktuell hat sich hoher Besuch aus Japan angekündigt: Ein Vertreter der dortigen Außenhandelskammer will mehr über das System erfahren. Linden hofft, dass Asiaten besonders gut die Variante helles Ahorn kombiniert mit schwarzen Verbindern gefallen wird. „Das sieht sehr edel aus und kam auch kürzlich bei den Hamburgern auf der Hifi-Messe sehr gut an.“

Wer jetzt Interesse bekommen hat und mehr erfahren möchte, als auch auf der Homepage www.tavar.de zu lesen ist: Linden wird im Rahmen der TV-Reihe „Ding des Jahres“ sein Regalsystem vorstellen. Voraussichtlicher Sendetermin ist der 24. Februar.

Ohne Werzeug lassen sich diese Module zu einem Stauraummöbel zusammenbauen.
Ohne Werzeug lassen sich diese Module zu einem Stauraummöbel zusammenbauen. © HA | Tavar

Völlig werkzeugfrei lässt sich auch das Systemmöbel des Hamburgers Georg Ihm aufbauen. Sein Regal „bert“ basiert auf einem Stecksystem, das sich ebenfalls beliebig erweitern und zerlegen lässt (produktmanufaktur.eu). Die Steckhöhen gibt es in vier Höhen, sodass neben Büchern und Ordnern auch anderes im Regal problemlos abgelegt werden kann. „Damit sind Dachschrägen und Überhöhen des Raums kein Problem mehr“, sagt Ihm.

Wer indes kein neues Regal kaufen will, aber trotzdem Gefallen findet am Trend zum ästhetischen Minimalismus, dem schlägt die Einrichtungsexpertin Gabriela Kaiser „Mut zur Lücke“ vor – indem ein Regal nur locker befüllt wird und Durchblicke möglich sind.

Ganz einfach nachzumachen auch diese beiden Ideen, die auf der Konsumgütermesse Ambiente zu sehen waren: Europaletten an die Wand stellen und sie zum Regal umfunktionieren. Oder einfach lose Schubladen aus alten Kommoden wie Regalbretter an die Wand hängen. Wer will, kann runde Ausschnitte in die Laden sägen, in die dann Blumentöpfe gehängt werden. Denn ums grünes Blattwerk kommt man in diesem Jahr ebenfalls nicht herum.