Hannover. Beim „Tag der Musterhäuser“ am 17. September zeigen viele Hersteller ihre neuesten Fertighäuser. Welche Risiken und Vorteile gibt es?

Wer daran denkt, ein Haus zu bauen, ist dankbar für hilfreiche Anregungen. Das ist das Gute an Musterhausausstellungen: Hier bekommt man Häuser zu sehen in allen Preiskategorien, in diversen Architekturstilen und für alle Zielgruppen. Zumeist sind sie noch schön eingerichtet, liefern tolle Planungsideen und erlauben Einblicke in die Welt des Smart Homes, wo vieles im Haushalt miteinander interagiert und zentral gesteuert werden kann. Perfekt also?!

Nicht so ganz, denn zum Traumhaus kommt man auch hier nicht ohne eine sorgsame Planung und eine bedachtsame Wahl des Baupartners. Das gilt auch für Fertighäuser, die vor allem in solchen Musterhausausstellungen gern vorgestellt werden. Am Sonntag ist es wieder so weit: Dann lädt der Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) zum bundesweiten „Tag der Musterhäuser“ ein: 19 aktuelle Hausentwürfe sind allein in der FertighausWelt Hannover zu sehen – kostenlos und mit Programm für Kinder.

Hersteller müssen mindestens alle zwei Jahre die Raumluft messen

Musterhäuser in der FertighausWelt Hannover
Musterhäuser in der FertighausWelt Hannover © HA | BDF/Sebastian Gerhard

Fertighäuser haben ohne Zweifel viele Vorzüge: Sie können binnen weniger Tage aufgestellt werden, die Werkstoffe für Wand- und Deckenelemente werden vorgetrocknet, wichtige Bauteile in Hallen vorgefertigt – damit entfällt viel Lüften in der ersten Heizperiode. Außerdem müssen Mitgliedsfirmen des BDF mindestens alle zwei Jahre Raumluftmessungen in einem neuen, schlüsselfertigen Haus nachweisen. „So stellen wir sicher, dass auch die wohnhygienischen Grenzwerte unserer Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau (QDF) eingehalten werden“, sagt BDF-Geschäftsführer Achim Hannott.

Angesichts dieser Fakten könnte man denken: Ein Rundumsorglospaket. Doch auch Fertighäuser erfordern die volle Aufmerksamkeit von Bauherren, und zwar sowohl bei der Planung als auch bei der Entwurfsgestaltung des Kaufvertrages sowie bei der Wahl des Baupartners. „Es handelt sich immer um ein individuelles Hausbauprojekt“, bestätigt BDF-Sprecher Christoph Windscheif. „Und selbstverständlich gibt es Positionen, die nicht in den reinen Herstellungskosten für das Gebäude enthalten sind.“ So zum Beispiel der Preis für das Grundstück, die Kosten für den Anschluss an die Strom-, Telekommunikations- und Wasserversorgung sowie die für den Notar, die Versicherungen und die Grunderwerbsteuer.

Die Fertighaus-Hersteller hätten sich aber als einzige Branche der Bauwirtschaft zu wesentlich strengeren Anforderungen an die Bauqualität verpflichtet, als es der Gesetzgeber verlangeAuch beim Fertighaus muss jedes Details im Vertrag geklärt sein

Für den Verband Privater Bauherren in Berlin ist wichtig, dass Kauf- oder Bauinteressierte das „Fertighaus“ zunächst nur als einen rein bautechnischer Begriff verstehen. „Über die Vertragsgestaltung sagt der Begriff dabei gar nichts aus. Es kommt also wie beim massiv gebauten Haus darauf an, was letzten Endes im Vertrag steht“, sagt VPB-Sprecherin Eva Reinhold-Postina. Und der werde von der Fertighaus-Firma natürlich erst einmal so gestaltet, wie es für sie am günstigsten sei.

Bauherren seien also gut beraten, ihre eigenen Wünsche im Vertrag so gut wie möglich hinein zu verhandeln und schriftlich zu fixieren. „Im Vertrag muss klar geregelt sein, was die jeweilige Bau-Firma oder der Haushersteller alles übernimmt und woran wiederum der Bauherr zu denken hat“, so die Expertin. Wer also beschafft die Baugenehmigung, macht den Aushub und erstellt die Außenanlagen und welchen Ausstattungsstandard beinhaltet der Kaufpreis? Wer wissen will, welche Stolpersteine hier beim Bauen lauern, sollte sich das „ABC der Gemeinheiten“ einmal anschauen. Der VPB hat es unter www.vpb.de kostenlos hinterlegt.

Baufirma auf ihre Reputation prüfen

Ratsam ist es auch, das „freundliche Angebot“ von Baufirmen auszuschlagen, durch einen Sachverständigen ihrer Wahl das Bauvorhaben begleiten zu lassen. „Hier lieber einen eigenen, externen Gutachter beauftragen, auch wenn man den aus der eigenen Tasche bezahlen muss“, rät Eva Reinhold-Postina.

Die Erfahrung zeige zudem: Je mehr Subunternehmer nachgeschaltet seien und je mehr Firmenfremde auf der Baustelle arbeiteten, umso mehr leide die Bauqualität – auch beim Fertigbau. Insofern komme man auch hier nicht um die Aufgabe herum, im Vorfeld Referenzen über die Baufirma einzuholen. Ideal, wenn hierbei die Firma hilft. Ansonsten hilft ein Blick ins Internet: Dieses nutzen enttäuschte Bauherren gern, um über ihre Erfahrungen zu berichten.

Experte rät: Erst das Grundstück suchen, dann das passende Haus

Peter Burk, der gerade den umfangreichen Ratgeber „Bauen!“ geschrieben hat, rät, auch Angebote bei Baufirmen aus der Region einzuholen. „Es gibt hier viele Massivhausanbieter, die sich allerdings kein Ausstellungshaus leisten können.“ Diese kleinen Betriebe seien deswegen aber nicht schlechter. Das gelte auch für regionale Holzbaubetriebe. Sein Tipp: Zur Firmensuche nicht nur im Internet unter den Stichwörtern „Schlüsselfertigbau“ oder „Holzbau“ suchen, sondern auch in den Branchenbüchern.

Warum? „Die Internetplattformen liefern oft keine neutrale regionale Gewichtung, und gerade große überregionale Firmen übertrumpfen die Anzeigen der kleinen örtlichen Anbieter.“ Zum Schluss noch dieser Tipp: Das Pferd nicht von hinten aufzäumen. Nach Möglichkeit sollte man erst das Grundstück suchen und dann entsprechend das Haus wählen. „Sonst kann es teuer werden, wenn alles umgeplant werden muss“, sagt Reinhold-Postina. Schließlich machten Kommunen oft strikte Vorgaben in ihren Bebauungsplänen. „Und wenn das nicht der Fall ist, dann sieht Paragraf 34 des Baugesetzbuches vor, dass das neue Gebäude sich an seiner Umgebungsbebauung orientieren muss“, sagt Peter Burk.

Alles zur Veranstaltung unter www.fertighauswelt.de; diverse Musterhäuser mit jeweiligem Firmenporträt auf www.musterhaus.net Peter Burk: „Bauen! Das große Praxis-Handbuch für Bauherren“, 1. Auflage 2017, 384 Seiten, 34 Euro. Bestellbar über 0211/ 38 09 555 oder www.ratgeber-verbraucherzentrale.de