Hamburg. In Stellingen erstrahlt ein Hochhauskomplex in Gold, in Mümmelmannsberg wurde Fertigbau neu in Szene gesetzt– zur Freude der Bewohner.

Die Fassade ist das Gesicht eines Hauses. Und wie es mit Gesichtern nun einmal ist: Irgendwann kommen sie in die Jahre, werden mitunter unansehnlich. Ein Facelifting steht spätestens an, wenn das Haus so oder so energetisch modernisiert werden muss.

Auf die Idee, ein Haus dabei in einem weithin leuchtenden Goldton erstrahlen zu lassen, kamen die Baugenossenschaft Hamburger Wohnen und die beauftragten Architekten bei der sogenannten Stellinger Linse am S-Bahnhof Stellingen. Der 18-geschossige Hochhauskomplex aus dem Jahre 1975 erhielt eine Fassade aus Eloxal.

Haus erhält ganz neuen Charakter

Ein radikaler Schritt, der dem Hochhaus einen neuen Charakter verleiht – und dem gesamten Umfeld gut tut. „Die neue Fassade wertet das Umfeld auf“, sind sich Hardy Heymann und Sönke Selk sicher, beide sind Vorstandsmitglieder der Genossenschaft. Das Hochhaus sei nun so etwas wie das Eingangsportal zur Stellinger Linse.

Der Besuch vor Ort zeigt: Die Bewohner teilen die Begeisterung des Vorstands. „Als ich damals in das Hochhaus eingezogen bin, hat alles sehr traurig ausgesehen“, sagt Soraya Müller-Hilgerloh. Jetzt habe sie ein vollkommen neues Lebensgefühl. Eines, das sie zudem nicht teuer zu stehen kommt, denn die Genossenschaft hat eigenen Angaben zufolge nur etwa ein Drittel der gesetzlich möglichen Mieterhöhung an die Bewohner weitergegeben. Vorgabe war, so Hardy Heymann, dass kein Mieter nach der Modernisierung mehr als 6,50 Euro kalt pro Quadratmeter zahlen sollte.

Der Hochhauskomplex, erbaut 1975, während der Sanierung
Der Hochhauskomplex, erbaut 1975, während der Sanierung © HA | diverse

Eloxal ist ein langlebiges Material

Die Idee, die Fassade des Hauses mit goldschimmernden Eloxal zu versehen, stammt dabei von der Hamburger Architektin Christine Reumschüssel und dem Architekturbüro Polyform Arkitekter APS aus Kopenhagen. „Eine Hochhaussanierung macht man ja nicht alle paar Jahre. Wir haben uns deshalb für ein Material entschieden, das lange hält“, sagt Christine Reumschüssel. Eloxal sei zwar teuer, aber praktisch unzerstörbar. Dabei handele es sich um Aluminiumplatten, die chemisch in verschiedenen Bädern behandelt wurden. „So kann man verschiedene Farbtöne in verschiedenen Nuancen herstellen.“

Der Vorteil: Die Gebäudefront präsentiert sich in mehreren Goldtönen, sodass sie einerseits ein geschlossenes Ganzes bildet, andererseits aber lebendig wirkt.

Die richtigen Farbtöne zu entwickeln und in der gewünschten Qualität geliefert zu bekommen sei sehr aufwendig gewesen, erzählt Christine Reumschüssel. „Ganz zu schweigen von der logistischen Herausforderung, die in Dänemark hergestellten Platten in der richtigen Reihenfolge geliefert zu bekommen, damit sie ohne Zeitverlust auf der Baustelle verarbeitet werden konnten.“ Die Vorstände der Genossenschaft sind sich aber einig: Solche finanziellen Kraftakte sind sinnvoll, um im Quartier den gewünschten Akzent zu setzen.

Modern und freundlich wurden die Gebäude in Mümmelmannsberg gestaltet
Modern und freundlich wurden die Gebäude in Mümmelmannsberg gestaltet © HA | diverse

Ähnlich dachte die Baugenossenschaft Fluwog-Nordmark, als es galt, die in den 70er-Jahren in Montagebauweise errichteten Wohnblöcke an den Straßenabschnitten Heideblöck und Steinbeker Grenzdamm in Mümmelmannsberg zu sanieren. „Wir wollten mit der Maßnahme auch ein architektonisches Highlight im Quartier setzen, das auf das Umfeld ausstrahlt“, sagt Vorstandsmitglied Joachim Braun. Eine herkömmliche energetische Sanierung der Plattenbauten kam somit nicht infrage. Also wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt, den der Hamburger Planer Carsten Roth gewann.

Sanierung der Gebäude wurde mehrfach ausgezeichnet

Der wusste zu diesem Zeitpunkt selbst nur wenig über die Großsiedlung. „Als ich zum ersten Mal mit dem Auto durch Mümmelmannsberg fuhr, habe ich jedoch ungeahnte Qualitäten entdeckt, beispielsweise die großen Balkone“, erinnert er sich. Seine Idee: Die Plattenbauten neu zu interpretieren – und zwar so, dass sie einen positiven Beitrag zur Identitätsbildung der Siedlung leisten, indem sie Eleganz ausstrahlen. „Die ist zwar schwer zu definieren, aber jedermann spürt sie, wenn er ihr begegnet“, sagt der Architekt. Das Ergebnis überzeugte nicht nur den Bauherrn und die Bewohner, sondern auch die Fachwelt. Die Fassadensanierung wurde mehrfach ausgezeichnet.

Gewürdigt wurde unter anderem, dass es Carsten Roth gelang, die Vielfalt in der Fassadengestaltung auch mit den Mitteln der 70er-Jahre zu erhalten. So gliederte er die Gebäudefront in drei Abschnitte: Für zwei der Gebäude entwarf er Balkonbrüstungen aus blauen Metallelementen, die mit Champagnertönen kontrastieren. Die Brüstungen aus Waschbeton blieben jedoch erhalten, wurden allerdings gründlich gereinigt und durch Aluplatten in den eingeschnittenen Öffnungen akzentuiert. „Ich weiß, dass viele Waschbeton für ausgesprochen gruselig halten“, sagt Roth. Er sehe das anders. „Eigentlich ist es ein interessantes Material.“

Neubau mit Steinen des abgerissenen Hauses errichtet

Dem Quartier und den Bewohnern der Häuser hat das „Facelifting“ gutgetan, zumal der Architekt parallel dazu den Außenraum neu fasste und strukturierte. „Die Bewohner sind stolz auf ihre Häuser“, freut sich Joachim Braun von der Fluwog-Nordmark. „Sie erkennen an, dass hochwertige Materialien verbaut wurden.“ Dabei einigte man sich zuvor mit den Mitgliedern darauf, dass sich die Miete (Nutzungsgebühr) um rund zwölf Prozent erhöhen wird. „Das sind rund 0,66 Euro/m²“, rechnet Jörg-Michael Meß, Leiter der Vermietungsabteilung, vor. Eine 75 Quadratmeter große Wohnung habe sich dadurch um knapp 50 Euro monatlich verteuert. „Weitere Erhöhungen wurden mit einer Staffelmietsvereinbarung abgefedert – und werden auch durch die Einsparung von Energiekosten kompensiert.“

Die Villa an der Elbchaussee erhielt eine Fassade mit sorgsam aufgearbeitetem Klinker
Die Villa an der Elbchaussee erhielt eine Fassade mit sorgsam aufgearbeitetem Klinker © HA | diverse

Keine energetische Sanierung ging indes einem Projekt an der Elbchaussee voraus, bei dem man sorgsam darauf achtete, die Anmutung einer schönen Klinkerfassade an diesem Standort zu erhalten. „Das Haus, das vorher dort stand, musste wegen erheblicher Schäden im Kellerbereich abgerissen werden, obwohl dies in diesem Erhaltungsgebiet eigentlich nicht erlaubt ist“, erzählt Christian von Järten vom Immobilienbüro Von Järten & Cie. Stein für Stein wurde das alte Haus abgetragen, um mit ihnen die Vorderfront der neuen Villa zu errichten. Die Arbeit hat sich gelohnt: Hinter sorgsam aufgearbeiteten „alten“ Klinkern entstand ein Neubau mit modernen Grundrissen, hinter dem sich ein weiterer Neubau – diesmal in moderner Gestaltung – anschließt. „Hier wurde die Fassade mit Baukeramik gestaltet“, sagt Christian von Järten. Ein in Hamburg selten benutzter Werkstoff, der viele Vorteile birgt – auch den, optisch aufzuwerten.