Wer den Inneneinrichter in seiner Wohnung besucht, entdeckt in jedem Raum Überraschendes und den Eigentümer als Zauberkünstler.

Ein Backstein-Neubau in Barmbek, direkt am Wasser. Mit dem Fahrstuhl geht's nach oben. Thai Cong Quách, Hamburger vietnamesischer Herkunft, öffnet die Wohnungstür. Wie aus dem Ei gepellt sieht der Inneneinrichter, Fotograf und studierte Modedesigner aus: modisches Hemd mit dazu passendem Einstecktuch, Anzug im warmen Sandton, die dunklen Haare akkurat gekämmt. Doch hier geht es nicht um die Person des extravaganten Multitalents, sondern um dessen neue Wohnung.

Zwei Jahre hat Thai Cong für die Umgestaltung des Vier-Zimmer-Apartments gebraucht. Erst vor einigen Wochen ist er aus Eppendorf hierhergezogen, weil er auf dem Dach eines Hauses mit Tiefgarage wohnen wollte. Die Altbauwohnung in Eppendorf hatte er schon als Student bewohnt.

Kaum wahrnehmbar nimmt der Hausherr den Besuchern die Jacke ab und verschwindet damit um die Ecke. Blitzschnell und leise taucht er wieder auf, seine Schritte sind auf dem Fußboden aus dunkel geräucherter Eiche kaum zu hören. Sofort beginnt er mit der Führung durch sein neues Reich. Das Erste, auf das er hinweist, ist die Tür der Gästetoilette. "Kaum wahrnehmbar, oder?", fragt er. Und recht hat er. Erst jetzt fällt sie auf: ohne Rahmen und Türklinke und genauso tapeziert wie der Flur - mit einer bronzierten Strukturtapete. Thai Cong öffnet die Tür an einem Beschlag mit Messingring, wie er auf Schiffen verwendet wird. Der Raum dahinter ist dunkel. Er schnippt mit dem Finger - und es wird hell. "Magie", sagt er, lächelt und lässt die Gäste an sich vorbei in den hellen, edel gefliesten Raum blicken. "Ich war mit 17 Jahren deutscher Meister im Zaubern und so gut wie Uri Geller und David Copperfield." Später, erzählt er, war er an Hamburger Theatern für Spezialeffekte zuständig.

Mittlerweile ist Thai Cong schon lange ein weltweit gefragter Innenausstatter - aber noch immer hat er Spaß daran, Dinge verschwinden zu lassen und seine Gäste zu überraschen.

Er geht voran. "Diese Wand habe ich begradigt. Meine Räume müssen rechtwinklig sein", sagt er und weist auf die Wand, die der Eingangstür gegenüber liegt. Dann biegt er nach rechts in den Wohnraum, der einen mit behaglicher Eleganz empfängt. Rechts eine Arbeitsnische, links ein schwarzer Flügel.

Die Wände sind teilweise mit dunklem Macassa-Holz verkleidet, das mit seiner hellen Maserung an Marmor erinnert. Ein Ecksofa, auf dem leicht zwölf Leute gemütlich sitzen können, Lampen und Vasen im Art-déco-Stil, sandfarbene Vorhänge - man fühlt sich an die Einrichtung der 1930er-Jahre in New York, Upper East Side, erinnert. Auch ein bisschen an ein Loft, wegen der vielen raumhohen Fenster. Oder an einen Luxusliner.

Tatsächlich, sagt Thai Cong, habe er sich bei den Planungen an der Raumaufteilung einer Yacht orientiert. "Hier. Mein kleines Geheimnis", sagt der ehemalige Zaubermeister und tritt an den mit dunklem Marmor verkleideten Kamin, über dem Spiegelelemente mit bronzefarbenen Rahmen hängen. Falttüren, wie sich herausstellt, als er sie beiseiteschiebt. Dahinter taucht ein LED-Fernseher auf. Weiter geht's. An einem Esstisch vorbei, um den genietete Stühle stehen. Wie alle Tische und Kommoden in der Wohnung ist er mit heller Rochenhaut bezogen. Rechterhand liegt die "Bar-Küche". Thai Cong Quách liebt es, seinen Räumen Fantasienamen zu geben. Am Ceranfeld sieht man, dass hier gekocht wird. Ansonsten wähnt man sich in einer noblen Bar. Vor dem Glastresen stehen Plüsch-Barhocker, in den Regalen Campari-, Martini- und Champagner-Flaschen. Thai Cong Quách greift nach einer Fernbedienung, und das Licht wechselt von Rot über Orange zu Gelb. "Technik ist nur das Mittel zum Zweck", sagt er. "Man muss Emotionen schaffen."

Und nun? Die Wohnung scheint hier zu enden. Eine Treppe führt hinter der Küche nach oben. Ein Wäscheständer versperrt den Weg - wieder ein charmantes Zeichen, dass hier auch gelebt wird. Dran vorbei? Nein, dort geht es zum Oberdeck, der Dachterrasse. Der zierliche Asiate lächelt. Und öffnet eine verspiegelte Wand links der Treppe. Dahinter: das Bibliothek-Bad. Blickfang ist eine eckige, holzverkleidete Badewanne, darüber Regale mit Büchern und Reisemitbringseln: metallene Fische und Korallen aus Glasfiber. Die rundlichen Wandlampen mit den herabhängenden Perlenschnüren erinnern an Quallen. Eine kuschelige Atmosphäre. Toilette und Dusche hat Thai Cong verschwinden lassen - in zwei separaten Räumen hinter der Badewanne.

Wieder geht es durch die Wand - diesmal ins Wohn-Schlafzimmer. Es ist ebenso groß wie das Wohnzimmer, zwei Glastüren führen hinaus auf eine Loggia. "Im Urlaub nimmt man doch auch die Suite", sagt der Inneneinrichter lässig. Auch hier die schweren Vorhänge, die im Wohnraum hängen, dieses Mal eine Nuance heller im Ton. In der linken Raumhälfte stehen Chaiselounge, zwei Sessel und ein niedriger Tisch; auf einer Kommode in der Mitte des Raumes und in den Zimmerecken Skulpturen: zwei turnende Jünglinge und ein kniender Mann mit Pfeil und Bogen. Dann das Bett, mit weich gepolsterter Rückenlehne. "Mein Lieblingsplatz", sagt Thai Cong. "Ich liebe es, hier nach dem Aufstehen einen Cappuccino zu trinken und aus dem Fenster zu schauen." Wir sind durchs Bad hineingelangt, durch eine andere Tür verlassen wir das Schlafzimmer wieder und gelangen ins Ankleidezimmer. Thai Cong schließt die Tür hinter sich. Plötzlich stehen wir mitten in einem Spiegelkabinett. In der Mitte ein Tischchen mit Löwenfüßen, darauf eine Keramikvase mit einer Calla. Hinter einem Teil der raumhohen Spiegel liegen die begehbaren Kleiderschränke, doch Türen sind nicht zu erkennen. Mit der Geste eines Zauberers lässt Thai Cong zwei Spiegel zur Seite schwingen. Man steht wieder im Flur, gleich hinter der Haustür.

Wer die Wohnung betritt, denkt: Eine verspiegelte Wand. Wer von Thai Cong Quách einmal durch seine Wohnung geführt wurde, weiß es besser. Nichts ist bei ihm so, wie es scheint. Deswegen ziert auch die Taube, das Symbol der Zauberer, sein Logo.