Mit der Immobilien-Rente oder Umkehrhypothek im Alter das finanzielle Polster aufstocken. Lesen Sie, wo diese Angebote bereits gemacht werden.

Im Alter schuldenfrei in der eigenen Immobilie wohnen, befreit von der Sorge, sich mit stetig steigenden Mietkosten auseinandersetzen zu müssen. Das ist ein häufig angeführtes Argument für den Immobilienerwerb in möglichst jungen Jahren. Doch die meist vollständig im Alter abbezahlte Immobilie kann durchaus noch einen anderen Vorteil bergen: Beispielsweise lässt sich durch eine sogenannte Umkehrhypothek, gemeint ist eine Beleihung der Immobilie, die monatliche Rente aufstocken.

Ein Modell, mit dem die ImmoKasse GmbH in Oberhaching bei München wirbt - fast konkurrenzlos, denn Nachfragen zeigen: Viele Banken zeigen sich gegenüber dem Modell noch skeptisch. Verbraucher indes sind es weniger. Bis zu 1000 Anfragen von Eigentümern, die 65 Jahre und älter sind, registriert die ImmoKasse nach eigenen Angaben jeden Monat. Im vergangenen Jahr hätten sich 300 dieser Interessenten zum Abschluss eines Vertrages entschlossen. "Die meisten davon waren um die 73 Jahre alt", sagt Geschäftsführer Lutz Schroeder. "Das Modell ist für Menschen gedacht, die über Grundbesitz verfügen, zugleich aber ein Liquiditätsproblem haben und trotzdem in der eigenen Immobilie bleiben wollen."

+++Immobilie verrenten - als Option im Alter noch zu wenig bekannt+++

Diesen Kunden bietet sich mit der Umkehrhypothek die Möglichkeit an, die Immobilie zu beleihen und im Umkehrschluss einen Kredit zu erhalten, der erst bei Auszug bzw. nach ihrem Tod zurückbezahlt werden muss. "Entweder indem die Immobilie verkauft wird oder die Erben die Rückzahlung übernehmen", sagt Schroeder. Aktuell biete man das Programm bis zum Jahresende zu einem festen Zinssatz von 5,9 Prozent statt 6,9 Prozent an. Maximal könne die Immobilie bis zu 37 Prozent beliehen werden.

Ein Modell, für das sich auch Josef und Edith M. interessierten. Sie sind 88 und 86 Jahre alt, erfreuen sich bester Gesundheit und besitzen in Langenhorn ein Einfamilienhaus, das Anfang der 60er-Jahre gebaut wurde. Nach Einschätzung eines Maklers hat es einen Wert von circa 350 000 Euro. Die Immobilie ist längst abbezahlt, in der nächsten Zeit stehen allerdings einige Arbeiten an. So würde Josef M. gern die Heizungsanlage erneuern, überhaupt möchte er mit seiner Frau gern mal schön essen gehen. "Allerdings erlaubt mir meine Rente von 1100 Euro keine großen finanziellen Sprünge."

+++Niedrige Zinsen machen den Hauskauf attraktiv+++

Und so wandte sich das Ehepaar nach Besuch einer Informationsveranstaltung der ImmoKasse an die Verbraucherzentrale, um sich dort zum Thema von Christian Schmid-Burgk beraten zu lassen. "Ich hatte vorher gerade in Berlin eine Tagung zum Thema Immobilienrente besucht, konnte daher die Angebote am Markt gut einschätzen", sagt der Finanzexperte.

In Berlin hatte Hans Neuweiler, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Pforzheim, beispielsweise davon berichtet, dass man Kunden in der Region bereits seit 2009 ein Programm mit diesem Namen anbietet. "Wir haben uns gesagt: Warum eigentlich nicht älteren Kunden einen Kredit geben, damit sie ihre Rente aufstocken oder andere Lebensziele verfolgen können, wenn Immobilienbesitz als Sicherheit vorliegt?", bestätigt Neuweiler auf Nachfrage. Und da es schließlich keine Verpflichtung gegenüber Erben gebe, Grundbesitz völlig unbelastet zu übergeben, habe man sich dazu entschieden, das Programm aufzulegen.

Seitdem können Kunden dort - ohne Altersbeschränkung nach oben hin - ihre eigene Immobilie bis zu 50 Prozent beleihen. Im Gegenzug erhalten diese dann einen Kredit, der sich an der Höhe des Euribor für sechs Monate orientiert. Das ist der Zinssatz, zu dem sich europäische Banken Anleihen in Euro gewähren. Er beträgt derzeit 0,55 Prozent. "Hinzu kommt ein Bearbeitungsaufschlag in Höhe von 1,75 Prozent", sagt Neuweiler. Wer also seine Immobilie mit einem Verkehrswert von 500 000 Euro beleihe, könnte einen Kredit in Höhe von bis zu 250 000 Euro zu einem Zins von derzeit 2,3 Prozent abrufen.

Damit ist die Sparkasse im Süden der Republik offenbar einen Schritt weiter als die Hamburger Sparkasse, die auf Nachfrage bestätigt, kein ähnliches Programm anzubieten oder anzudenken. Doch Josef und Edith M. wollten dennoch ihrer Hausbank treu bleiben und wichen daher auf ein Konstrukt aus, das nicht ganz ihren Vorstellungen entspricht. "Unser Sohn tritt nun offiziell als Kreditnehmer auf, und wir bürgen mit unserem Grundbesitz", sagt der frühere Architekt. Schön sei dies nicht, "denn eigentlich wollten wir ihn nicht zum Schuldner machen." Immerhin wisse dieser aber, dass die Immobilie der Eltern viel Geld wert sei.

+++In guter Lage+++

Schmid-Burgk kann den Argwohn der Bank nicht verstehen. "Warum die Kinder miteinbeziehen, wenn Immobilienvermögen vorhanden ist?", fragt der Verbraucherschützer. Die Sorge, der Kredit könnte nicht zurückbezahlt werden, sei doch unbegründet. Auch müssten Banken keinen Imageschaden fürchten, wenn sie irgendwann forderten, notfalls die Immobilie verkaufen zu müssen, um den Kredit zurückzuzahlen. "Die Menschen, die sich dazu entscheiden, akzeptieren, dass ein Teil ihrer Immobilie ,verfrühstückt' wird." Und eine Verpflichtung gegenüber Erben, den Grundbesitz unangetastet zu lassen, gebe es nicht.

Das sieht man in Schleswig-Holstein ähnlich. Es hat seine öffentliche Förderbank, die IB Schleswig-Holstein, schon vor zwei Jahren beauftragt, eine Immobilienrente anzubieten. Offiziell unter dem Namen IB.ImmoRente. "Wir bieten damit eine Alternative zu Verkauf oder Vermietung der Immobilie an. Kurz gesagt: Wir machen Steine essbar", sagt Axel Vogt, Leiter des Bereichs Immobilien der IB. Schleswig-Holstein ist damit das erste Bundesland, das ein solches Modell seinen Bürgern anbietet. "Bislang wurde auf diese Weise in 40 Fällen die Rente aufgestockt. Das Durchschnittsalter beträgt 77 Jahre", sagt IB-Sprecherin Birgit Rapior. Zu beobachten sei, dass es vielen älteren Menschen schwerfalle, die Immobilie zu belasten, die sie ihr Leben lang abbezahlt haben. "Auch deshalb beleihen wir bei unserem Programm die Häuser nur so hoch, dass der Grundbesitz immer in den Händen der Familie bleibt."

Stephan Rabe, Sprecher des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands, ist jedenfalls sicher, dass es für dieses Programm bundesweit ein großes Potenzial gibt. "Damit kann man auf intelligente Weise in der eigenen Immobilie wohnen bleiben und zugleich Altersarmut vorbeugen."

Die Verbraucherzentrale informiert am 12. September von 18.30 bis 21 Uhr zum Thema. Eintritt: 30 Euro. Anmeldungen unter Tel. 24 83 21 08