51-jähriger Notar soll Kunden “mit allen Mitteln“ zur Unterschrift gebracht haben. Ihm wird Betrug in mindestens 17 Fällen vorgeworfen.

Berlin. Die sogenannte Schrottimmobilien-Affäre beschäftigt die Berliner Staatsanwaltschaft weiter: Am Mittwoch ist ein 51 Jahre alter Notar verhaftet worden. Ihm werden bandenmäßiger und gewerbsmäßiger Betrug in mindestens 17 Fällen vorgeworfen, wie Oberstaatsanwalt Thorsten Cloidt sagte. Der festgenommene Notar soll die „betrügerischen Anlagegeschäfte“ beurkundet haben. Im Zusammenhang mit der Festnahme durchsuchten Ermittler auch die Wohnung und die Kanzlei des Mannes sowie zwei weitere Objekte. An dem Einsatz waren 14 Polizeibeamte beteiligt.

Bereits am 13. Juni waren neun Immobilienhändler vor dem Landgericht Berlin zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die Richter sprachen sie schuldig, 2008 an zehn Ehepaare völlig überteuerte Immobilen vermittelt zu haben, um die Provisionen zu kassieren. Den Käufern wurden betrügerische Anlagemodelle veräußert, die in der Regel scheitern mussten, wie Cloidt erläuterte.

In das betrügerische System sollen nach Angaben der Staatsanwaltschaft auch mehrere Notare eingebunden gewesen sein, darunter der am Mittwoch festgenommene 51-Jährige. Er soll im Zeitraum 2008 bis 2010 als sogenannter Mitternachtsnotar ständig für die beschuldigten Immobilienhändler erreichbar gewesen sein. „Dem Notar fiel dabei die Aufgabe zu, die zu ihm geschickten Kunden zu veranlassen, die Kaufvertragsangebote zu unterzeichnen“, sagte Staatsanwältin Claudia Breithaupt. Die Kunden sollten dabei „mit allen Mitteln“ zur Unterschrift des bereits bindenden Vertrags gebracht werden.

Viele Geschädigte inzwischen privatinsolvent

„Wir gehen davon aus, dass die Anleger diese Objekte nicht gekauft hätten, wenn sie über die Rahmenumstände informiert gewesen wären“, sagte Breithaupt. Die Staatsanwaltschaft gibt den Gesamtschaden mit einer Million Euro an. „Viele der Geschädigten mussten inzwischen in Privatinsolvenz gehen“, berichtete die Staatsanwältin.

Die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt in dem Fall dauern unterdessen an. „Es gibt weitere Notare, die tätig geworden sind“, sagte Oberstaatsanwalt Cloidt. Es würden weitere strafrechtliche Maßnahmen geprüft.

Im Zuge der Affäre um den Verkauf von Schrottimmobilien waren im Dezember 2011 auch Anschuldigungen gegen den damaligen Justizsenator Michael Braun (CDU) laut geworden. Ihm wurde damals vorgeworfen, als Notar ebenfalls Verkäufe überteuerter Eigentumswohnungen beurkundet und die Käufer nicht hinreichend über die Tragweite der Geschäfte informiert zu haben. Der Politiker bat daraufhin nach nur zwölf Tagen im Amt um seine Entlassung. Cloidt betonte am Mittwoch jedoch, es werde nicht gegen den Ex-Senator ermittelt. „Herr Braun war nie Gegenstand unserer Ermittlungen. Jedenfalls nicht insofern, als dass wir strafrechtlich relevantes Verhalten hätten entdecken können.“