David Einsiedler und seine Frau Joke Rasch bieten in Ottensen Leuchten und Hocker im Industriedesign an - andere Firmen nehmen den Trend auf.

Robuste Eisenhocker, funktionelle Industrieleuchten, Werkzeugschränke und Rollpaletten - der raue Charme alter Fabrikhallen hält Einzug in Wohn- und Schlafzimmer. Kombinierbar mit fast allen Einrichtungsstilen setzt er dort markante Akzente. Erhältlich sind sowohl Originale, selten gewordene Zeugen alter Handwerkskunst, als auch neue Stücke auf alt getrimmt. Bei David Einsiedler und seiner Frau Joke Rasch findet man echte, robuste Industriemöbel wie beispielsweise mehr als 100 Jahre alte Hocker, Leuchten und andere Stücke aus Fabriken in ganz Europa. Sie werden mittlerweile sogar von Auktionshäusern wie Sotheby's gehandelt.

Der ehemalige Marken- und Kommunikationsberater und seine Frau, die mit ihrem Master in Typologie eher aus dem grafischen Bereich kommt, haben ihr Hobby vor etwa eineinhalb Jahren zum Beruf gemacht und in einem Ottensener Hinterhof ihren Laden PLY eröffnet (Kleine Rainstraße 44a, www.ply.de ). Er ist gleichzeitig Verkaufsraum, Showroom und "verlängertes Wohnzimmer", wie David Einsiedler sagt. Neben den alten Werkstattmöbeln bieten die beiden auch neue Einrichtungsgegenstände an, die gut mit Altem kombinierbar sind: schlichte Esstische und zeitlose Stühle aus Finnland (von "artek") und der Schweiz ("atelier alinea") sowie voluminös gepolsterte Sitzmodule aus Italien ("Verzelloni").

PLY lädt zum Stöbern ein. Wer Interesse an alten Möbelstücken hat, darf gern Zeit mitbringen. Bei einem Kaffee erzählt David Einsiedler mit Begeisterung und großer Fachkunde, was er jeweils zu den von ihm angebotenen Objekten recherchiert hat. Etwa die Rowac-Hocker: Ihren Namen verdanken sie Konstrukteur Robert Wagner, der 1888 in Chemnitz eine Fabrik für Metallmöbel gründete. David Einsiedler nimmt einen der zwischen zwei und vier Kilo schweren Hocker in die Hand und dreht ihn um. Er deutet auf die drei Beine. "Stahlblech", sagt er. "Es hat Stabilität bekommen, indem Robert Wagner Nute und Falze eingearbeitet hat. Für die Füße hat er die Enden der Stuhlbeine abgeknickt und sie mit einer Kapsel verpresst. Schweißnähte gibt es nicht, alle Teile sind mit Nieten verbunden." Er nimmt den nächsten Hocker zur Hand, ein schweres Modell vom Nähmaschinenfabrikanten Singer.

+++Auf der Suche nach dem Einzelstück+++

Im Gegensatz zu dem Rowac-Hocker besteht dieser aus Gusseisen - mit einem massiven, kreuzförmigen Fuß sowie einer dicken Gewindestange und einer großen Flügelschraube, mit der sich die Höhe einstellen lässt. Der runde Sitz aus Eichenholz hat im Laufe der Zeit eine schöne Patina angesetzt.

Außer den Eisenhockern gibt es bei PLY auch Modelle aus Holz oder Fiberglas. Die Hocker kosten zwischen 100 und 500 Euro und wurden zwischen 1890 und 1960 gebaut. Manche davon sind Sonderanfertigungen - mit einer schräg gestellten Sitzfläche oder einer zusätzlichen Fußstange, um bei bestimmten Arbeitsgängen mehr Halt zu haben. In einem Regal stehen auch vier hohe Hocker mit einer geschwungenen Rückenlehne. "Die verkaufen wir nur als Ensemble", sagt Joke Rasch. "Sie stehen seit mindestens 90 Jahren zusammen - und das soll auch so bleiben."

+++Möbel "to go" für ein mobiles Leben+++

Denn auch darauf kommt es dem Paar an: Dinge, die zusammengehören, nicht auseinanderzureißen - und sie möglichst in Deutschland zu belassen. "Deshalb biete ich meine Sachen nicht im Internet an", sagt Einsiedler. "Diese Werkstücke sind Dinge, die nie wieder gebaut werden." In Deutschland habe man sowieso viel zu spät angefangen, Industriemöbel vor der Schrottpresse zu retten - da müsse man jetzt erst recht darauf achten, sie zu erhalten. Alle Stücke werden mit Unterstützung des Mitarbeiters Moritz Paul und der Restauratorin Kristin Goda aufgearbeitet: Rollpaletten, die als Couchtisch verwendet werden können, ein Gestell mit Holzschüben, in denen früher Werkzeuge aufgehoben wurden, schwere Holzkommoden mit markanten Oberflächen, große Buchstaben, die früher an Fabriken prangten - und Leuchten in zahlreichen Ausführungen. So zum Beispiel mehrgelenkige Arbeitsplatz- und teils mächtige Deckenleuchten mit Metallschirmen, die von Einsiedler an eine Scherenaufhängung montiert werden. "Diese Lampen werden größtenteils im Objektbereich verwendet", sagt der frühere Marketingfachmann, der bereits viele Büros, Einzelhandel- und Gastronomiebetriebe bestückt hat.

Neu angefertigte Stücke im Industrie-Stil bieten die Online-Händler Fabrikschick ( www.fabrikschick.de ) und von Maisons du Monde ( www.Maisonsdumonde.de ) an. Zu den Möbelstücken aus Metall und Holz in Werkstatt- und Fabrikhallenanmutung gehört etwa der Stuhl Multipl's von Maisons du Monde. Er ist in gealterter Optik in verschiedenen Farben sowie in gebürstetem Metall erhältlich und passt sowohl ins Büro als auch an den Esstisch (119 Euro). Ein passender Tisch wäre Metropolitan, eine Kombination aus schwarzem Eisen und gealtertem Holz (200 x 91 Zentimeter, 45 Kilogramm, 590 Euro). Wer den Look der Industriehallen auch im Schlafzimmer mag, holt ihn sich mit dem Metallnachttisch Cobalt neben das Bett. Er erinnert an einen Werkzeugwagen und steht auf Rollen (129 Euro). Fabrikschick macht sogar alte Turnhallenmöbel wieder salonfähig: etwa mit dem Sprung-Bock-Hocker aus Leder und Palisanderholz (198 Euro) oder mit Turntisch-Bank (245 Euro).