Zwei Hamburger Architekten planen Häuser mit Säulen und Sprossen und interpretieren dabei die Baukunst der Vergangenheit neu.

Auf den ersten Blick denkt man, man befindet sich im ländlichen Frankreich oder im Süden von England. Dabei befinden sich die Häuser mit ihrer klassischen Bauweise mit Ziegelmauerwerk und Säulenelementen in Hamburg und unterscheiden sich damit deutlich von vielen anderen Gebäuden der Stadt mit ihren kühlen Konstruktionen aus Glas und Stahl.

Für den Hamburger Architekten Fridtjof M. Herzog ( www.architekt-herzog.de ) steht eine begreifbare und gut proportionierte Bauweise im Vordergrund seiner Entwürfe. In ihrer Farbigkeit und Oberfläche sollen die verarbeiteten Materialien auch eine Verbindung zur Natur herstellen - zum gewachsenen Umfeld des Grundstückes. Ein wichtiger Aspekt für den Hamburger Planer, der in den attraktiven Alt- und Neubauten an Elbe und Alster auch einen Grund für die Schönheit des Stadtbildes sieht.

Bei seinen Entwürfen setzt Herzog gezielt klassische Ornamente wie zum Beispiel den Pinienzapfen oder die napoleonische Lilie ein - Dekore, die er aber auch verfremdet. "Bei einem Bau mit hellen Ziegeln und Holzsäulen im ersten Stock haben wir zum Beispiel eine Musterwand gebaut, um die Fugenfarbe sowie die Farbe und Struktur des Steins zu bestimmen - direkt auf dem Grundstück, mit dem reellen Lichteinfall und dem Schattenspiel der Bäume", sagt Herzog. Eine Arbeitsweise, die schon der berühmte italienische Baumeister der Renaissance Andrea Palladio (1508-1580) einsetzte.

Seine Liebe für klassische Details hat Herzog unter anderem auch durch die Mitarbeit im Hamburger Büro des Architekten Cäsar Pinnau (1906-1988) entwickelt. "Anregungen finde ich aber auch auf meinen Reisen oder auf Messen wie zum Beispiel der 'Maison et Object' in Paris", sagt Herzog. Außerdem würden natürlich auch viele seiner Kunden mit ihren Vorgaben und Ideen die Bauentwicklung begleiten.

Ob Neubau, Altbausanierung oder hochwertiger Innenausbau - Herzog geht sehr behutsam bei seinen Entwürfen vor. Dabei werden zum Beispiel auch komplette Fassaden digital vermessen und dann weiterentwickelt, sei es für einen Um- oder Ausbau. Selbst die Planung der Gartenarchitektur bezieht der Architekt mit ein. "Schon während der Entwurfsarbeiten werden Terrassen, Balkone und Kolonnaden als wichtige Bindeglieder zwischen außen und innen entwickelt", sagt Herzog, der auf Wunsch auch die Bepflanzung zusammen mit dem Bauherrn aussucht.

Die klassischen Stilelemente wie Säulen, Gesimse, Naturstein und Sprossenfenster findet man auch in den Bauten des Hamburger Architekten Matthias Ocker ( www.matthias-ocker.de ). "Diese Bauweise ist ja nicht untypisch für Hamburg, denkt man an die vielen alten Stadthäuser, die heute noch in sehr gepflegtem Zustand zum Beispiel im Stadtteil Harvestehude oder Eppendorf zu finden sind", sagt der Architekt. Auch Ocker ist es wichtig, dass seine mit klassischen Elementen versetzten Bauten sich harmonisch in die jeweilige Umgebung und den Stadtteil einfügen. Ein gutes Beispiel dafür sind die noch im Bau befindlichen zwei Gebäude in Winterhude, die als Waterlofts vermarktet werden und 60 Wohneinheiten nach ihrer Fertigstellung 2013 beherbergen werden. Während die Namensgebung auf die unmittelbare Lage am Wasser hinweist, werden die Gebäude im Stil von Lagerhäusern errichtet - mit rotem Ziegelmauerwerk und dunklen Fenstern. Im Inneren spiegeln offene Grundrisse die Idee von großzügigen Lofts wider, eine moderne und zeitgemäße Raumplanung.

Auch in der Heegestraße in Eppendorf zeichnet der Architekt verantwortlich für zwei Mehrfamilienhäuser, die vor einigen Jahren mit etwa 38 Mietwohnungen in klassischer Bauweise errichtet wurden. "Hinter dem nostalgisch anmutenden Mauerwerk verbergen sich Wohnungen mit hohem Komfort in unterschiedlichen Größen", sagt Ocker. So variieren die Grundflächen in beiden Gebäuden von 50 bis zu 120 Quadratmetern. Zwischen der Straßenbebauung und dem Gebäude am Wasser liegt ein Garten - angelehnt an die Hinterhöfe (daher der Name Terrasse) vieler Gebäude, die früher oft für gewerbliche Zwecke genutzt wurden.

Klassische Bauweise ist pflegeleichter als eine moderne Putzfassade

Im kleineren Hinterhaus direkt am Wasser wohnt der Fotograf Klaas Bauer. "Ich habe mich aus praktischen Gründen für diese Wohnung entschieden, aber den Stil des Hauses mag ich. Er harmoniert gut mit der Bebauung der Umgebung", sagt Bauer. Schön fände er, dass die Zimmertüren, die Böden, die hochwertigen Materialien in Küche und Bad dem äußeren Stil des Hauses entsprechen, während die Technik den heutigen Anforderungen genüge.

"Diese Architektur mit Säulen, Fenstergesimsen oder Sprossenfenstern lässt sich aber nicht immer leicht umsetzen", wie Matthias Ocker vorsichtig andeutet. Die zuständigen Behörden machten gern auch schon mal Schwierigkeiten, wenn sie Pläne für Gebäude mit klassischer Anmutung vorgelegt bekämen. Dabei sei mit dieser Bauweise auch ein ressourcengerechter Einsatz der Baumaterialien möglich. "Ein erheblicher Vorteil gegenüber Neubauten mit Putzfassade", wie der Architekt hervorhebt. Denn während zum Beispiel ein Tür- oder Fensterportal aus einem schönen Sandstein individuell altert und durch eine langsam entstehende Patina für einen zusätzlichen Charme sorgt, benötigen verputzte und weiß gestrichene Häuser oder auch Glaselemente schon nach wenigen Jahren eine kostenintensive Auffrischung.