Es droht ein Mangel an seltenen Metallen. Das kann die Entwicklung von bedeutenden Zukunftstechnologien gefährden, warnen Berliner Forscher.

Solarzellen, Glasfaserkabel, Brennstoffzellen und andere Zukunftstechnologien gelten als Hoffnungsträger. Doch einige dieser Entwicklungen könnte ein Hindernis bremsen, das bislang kaum untersucht wurde: der Mangel an seltenen Metallen. "Es bahnen sich Ressourcenkonflikte an. So sichert sich China derzeit den Zugang zu den rohstoffreichen Ländern Afrikas", sagt Prof. Rolf Kreibich, Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT). Sein Institut untersuchte gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung den Rohstoffbedarf von 32 vielversprechenden Technologien für das Jahr 2030 und betrachtete dabei 22 Metalle.

Das Ergebnis für Gallium ist besonders alarmierend: In drei Zukunftstechnologien wird das Metall schwerpunktmäßig verwendet, der Dünnschicht-Fotovoltaik, in Hochleistungs-Mikrochips und in weißen Leuchtdioden. Würden die drei Produktgruppen die von den Forschern (eher vorsichtig) abgeschätzte Entwicklung nehmen, so müsste im Jahr 2030 sechsmal so viel Gallium zur Verfügung stehen, wie heute gewonnen wird.

Derzeit fließt ein gutes Viertel der Jahresproduktion von Gallium in die von der Studie erfassten Zukunftstechnologien. Der große Rest dient anderen Anwendungen. Deren Gallium-Bedarf ist beim Blick in die Zukunft überhaupt nicht berücksichtigt.

"In der Fotovoltaik könnte sich die Dünnschichttechnologie aufgrund der schwierigen Rohstoffsituation als Übergangstechnologie herausstellen. Sie könnte von den organischen Zellen abgelöst werden, die heute technologisch noch nicht ausgereift sind", sagt Volker Handke, einer der Autoren der Studie. Die Dünnschicht-Technologie gilt als besonders ressourcenschonend - und könnte trotzdem besonders an Rohstoffknappheit leiden, weil sie seltene Metalle (neben Gallium auch Indium, Selen und Germanium) benötigt, die kaum zu ersetzen sind. Bei Indium konkurriere sie mit der LCD-Technik der Flachbildschirme, so Handke: "Dabei wird die Fotovoltaik den Kürzeren ziehen." Da Indium als Nebenprodukt bei der Zinkgewinnung anfällt, könne die Produktion - wie bei anderen seltenen Metallen auch - nicht ohne Weiteres am steigenden Bedarf ausgerichtet werden.

Auch Hybridfahrzeuge könnten durch Rohstoffmangel ausgebremst werden: Das Herzstück ihrer Elektromotoren sind Permanentmagnete, die unter anderem aus dem Metall Neodym aus der Gruppe der Seltenen Erden besteht. Diese Neodym-Eisen-Bor-Magnete sind sehr hitzebeständig und deshalb im Elektromotor schwer zu ersetzen. Rechnet man den Bedarf aller Zukunftstechnologien auf das Jahr 2030 hoch, so übersteigt er die heutige Produktion fast um das Vierfache.

Dagegen hat der Flugzeugbauer Airbus bei der Konstruktionsplanung flugs reagiert und die Zukunftstechnologie der Aluminium-Scandium-Legierung durch glasfaserverstärktes Aluminium ersetzt, etwa beim Bau des A380. Denn auch Scandium ist nur in geringen Mengen verfügbar - allein die Nachfrage durch Brennstoffzellen (SOFC-Zellen) könnte zu einem Bedarf führen, der 2030 eineinhalbmal so hoch ist wie die heutige weltweite Jahresproduktion.

Generell können drei technische Ansätze sich anbahnende Engpässe mildern: der effizientere Einsatz der Metalle, die Rückgewinnung und - in begrenztem Rahmen - der Ersatz durch nachwachsende Rohstoffe. China setze die Metallrohstoffe nur ein Sechstel so effizient ein wie Europa, betont Kreibich. Sein Kollege Dr. Michael Scharp fordert vor allem mehr Anstrengungen zur Rückgewinnung seltener Metalle: "Die Recyclinggesetzgebung ist masseorientiert. Kunststoffe werden recycelt, aber das, was wirklich wertvoll ist, geht in den Schredder."

Um die Metallströme besser zu erfassen, sollten zunächst auf europäischer Ebene Daten gesammelt und Berichtspflichten für Bergbau, Verarbeiter und Abnehmer eingeführt werden, so Kreibich. Er könnte sich zudem eine internationale Institution vorstellen, die den Abbau und die Verteilung der seltenen Metalle organisiert: "Eine Uno-Rohstoffagentur wäre wunderbar. Aber sie müsste unabhängig sein und dürfte nicht, wie etwa der Internationale Währungsfonds, von den USA gesteuert sein."