Neben der Versorgung von Zukunftstechnologien mit speziellen Metallen müssen auch ökologische Aspekte im Bergbau, bei der Verarbeitung, im Gebrauch...

Neben der Versorgung von Zukunftstechnologien mit speziellen Metallen müssen auch ökologische Aspekte im Bergbau, bei der Verarbeitung, im Gebrauch und in der Entsorgung der jeweils daraus hergestellten Produkte betrachtet werden. Darüber sprach das Hamburger Abendblatt mit Volker Handke vom Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, der die Studie "Rohstoffe für Zukunftstechnologien" mit erarbeitet hat.


Hamburger Abendblatt:

Von manchen Metallen ist bekannt, dass sie unter katastrophalen Bedingungen gefördert werden. Wo liegen die Hauptprobleme?

Volker Handke:

Die ökologischen Folgen hängen mit der Masse zusammen: Metalle, die im großen Maßstab gefördert werden, etwa Aluminium oder Kupfer, lösen ein Vielfaches an Umweltverschmutzung der strategischen oder seltenen Metalle aus. Im Einzelfall kann aber auch hier die Gewinnung eklatante Folgen haben, Stichwort wilder Bergbau. Es lohnt sich nur bei den seltenen Metallen, sie mit den bloßen Händen aus irgendwelchen Löchern zu kratzen.



Abendblatt:

Ein Negativ-Beispiel ist Tantal, das als Coltan abgebaut wird.

Handke:

Es wird vor allem im Kongo abgebaut und finanziert den dortigen Bürgerkrieg. Dieser wilde Abbau läuft unter unwürdigsten Bedingungen ab, teilweise mit vorgehaltener Waffe und ohne jede Rücksicht auf Umweltschutz oder die Gesundheit der Arbeiter. Hier gibt es eine Parallele zu den sogenannten Blutdiamanten. Weitere Beispiele für illegal abgebaute Rohstoffe sind Gold, Silber, Zinn, Wolfram und Niob.



Abendblatt:

Tantal wird in der Handy-Produktion eingesetzt, wo noch?

Handke:

Überwiegend in mikroelektrischen Kondensatoren für Autos, PC, Digitalkameras und GPS-Systemen. Darüber hinaus auch als Werkstoff für Turbinen, in hochfesten Stählen und der Medizintechnik.



Abendblatt:

Sind die seltenen Metalle aufwendiger zu gewinnen?

Handke:

Einerseits sind sie energieaufwendiger zu gewinnen, weil sie in geringeren Konzentrationen vorliegen. Andererseits werden sie zusammen mit großen Massenmetallen gewonnen. Im Verhältnis zum Energieeinsatz etwa bei der Zink- oder Aluminiumgewinnung ist die Abtrennung der seltenen Metalle relativ wenig aufwendig. Allerdings benötigen wir viele in Halbleiterqualitäten, also in Reinheiten von 99,9999 Prozent. Das erhöht den Energieaufwand stark.



Abendblatt:

Welche ökologische Rolle spielen die Verhüttungsprozesse?

Handke:

Die Aufarbeitung läuft zunehmend dort, wo auch der Bergbau betrieben wird. Das spart Transporte, doch gibt es in den rohstoffreichen Ländern oft weniger strenge Umwelt- und Sozialstandards. Hier gilt es, gute Standards durchzusetzen - davon könnte auch Deutschland durch den Export von Umwelttechnik profitieren.



Abendblatt:

Wie etabliert ist das Metallrecycling?

Handke:

Die bestehenden metallurgischen Prozessschritte sind gut geeignet, um Schrotte einzuspeisen. So kann zum Beispiel die Hamburger Kupferhütte aus Elektroschrott neben Kupfer verschiedene seltene Metalle zurückgewinnen, auch Gold. Seltene Metalle werden jedoch nur wenig recycelt, da ihre Konzentration im Schrott recht gering ist.



Abendblatt:

Wie schätzen Sie Umweltprobleme wie frei werdendes Platin aus Katalysatoren oder Nano-Silberpartikel als Bakterientöter ein?

Handke:

Die ökologischen Folgen der Gebrauchsphase hängen davon ab, wie das Metall verbaut ist. Beispiel: Eine kadmiumhaltige Solarzelle ist relativ unproblematisch, denn dort ist das hochtoxische Schwermetall unbeweglich eingelagert. Alle Anwendungen, in denen die Metalle in der Umwelt frei und feinstverteilt werden, sind mir ein Dorn im Auge, etwa Kupferanstriche von Schiffsrümpfen, Silberpartikel in Kleidung. Platinkatalysatoren halte ich für unverzichtbar, ihre Umweltvorteile überwiegen deutlich. Allerdings muss das Recycling von Katalysatoren noch besser werden. Dabei gehen derzeit 70 Prozent des Platins verloren.