Leere Meere - diese Vision ist zum Teil Realität geworden. Gerade scheiterte eine EU-Reform für eine nachhaltigere Fischerei am Widerstand einiger Mitgliedsländer. Fortschritte kommen von anderer Seite: Einzelne Fischereien schonen aus eigenem Antrieb die Meereswelt, sechs von ihnen tragen das Öko-Siegel "MSC". Ihre Produkte landen vermehrt auch in deutschen Gefrierregalen.

MSC steht für "Marine Stewardship Council", frei übersetzt Weltmeeresrat. Die Organisation (www.msc.org) hat Kriterien für naturschonenden Fischfang erarbeitet. Wer diese Standards einhält, darf seine Produkte mit dem MSC-Label kennzeichnen. Dabei werden nicht einzelne Trawler zertifiziert - das Siegel tragen bislang: die Wildlachs-Fischerei in Alaska, der westaustralische Hummerfang, Heringe aus der Themse, zwei rein englische Fischereien und die Fischerei auf Blauen Seehecht (Hoki) vor Neuseeland.

Deutsche Fischfans, die dem Käpt'n Iglo ein Schlemmerfilet Champignon abkaufen, schieben sich den MSC-Seehecht in den Ofen - das verrät das Logo auf der Rückseite der Verpackung. Das Produkt kommt aus dem Konzern Unilever. Er gab 1996 zusammen mit dem Umweltverband WWF den Anstoß für MSC. "Wir haben ein profitables Fischgeschäft, und das wollen wir uns langfristig sichern", sagt Dr. Dierk Peters, Internationaler Marketingleiter für Nachhaltigkeitsprojekte bei Unilever. Auch würden Kunden vermehrt nach ökologischen Standards fragen.

Bislang hat der Konzern zwei Schlemmerfilet-Varianten mit dem Öko-Label im Angebot, der Anteil soll zügig ausgebaut werden. Peters: "Alaska Pollock wird wohl in diesem Jahr zertifiziert werden" - ein Rohstoff für Fischstäbchen. Weltweit gibt es bisher gut 100 MSC-Produkte in zehn Ländern.

Drei Kriterien stehen im Vordergrund: Die Fischerei darf gesunde Bestände nicht gefährden, zu niedrige Bestände müssen sich erholen können. Die Meeresumwelt ist zu schonen. Ein Managementplan und Sanktionsinstrumente müssen existieren.

Diese Hürden sind manchen Kritikern zu niedrig. So betont Greenpeace, nur bei absolutem Fangstopp könnten sich Fischbestände erholen. Auch sei das MSC-Label für die Hoki-Fischerei nicht gerechtfertigt: Zu viele Pelzrobben und seltene Albatrossarten würden mitgefangen. Der MSC reagierte und versah die Zertifizierung kürzlich mit strengeren Auflagen. Peters, auch Mitglied im internationalen MSC-Beirat, verteidigt die Vergabe-Praxis: "Wir können nicht auf die Perfekten warten. Wir zeichnen die Besten aus und hoffen, dass andere nachziehen."

Der Nordseehering durchläuft derzeit das Prüfverfahren. "Sein Bestand ist in einem sehr guten Zustand, er hat gute Chancen" sagt Dr. Gerd Hubold, Leiter der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg. Er ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des MSC. Von der Zertifizierung erhofft sich Hubold eine Signalwirkung - auf andere Fischereien und auf die " Interessengruppen, die die notwendigen Reformen der EU-Fischereipolitik verweigern".