Bei erhöhter Körpertemperatur gehören Kinder ins Bett. Medikamente sollte man aber erst geben, wenn das Thermometer über 39 Grad anzeigt oder das Kind zu Krämpfen neigt.

Ein Blick in die Augen und die Hand prüfend auf die Stirn gelegt: Das Kind hat Fieber. Bei Infektionen reagieren Kinder schnell mit erhöhten Temperaturen. "Das ist eine sinnvolle Abwehrmaßnahme des Körpers, um Bakterien und Viren durch körpereigene Wärme abzutöten", sagt Dr. Hans-Ulrich Neumann, Kinderarzt und Vorsitzender des Hamburger Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Von Fieber spricht man, wenn die Körpertemperatur 38 Grad Celsius übersteigt. Hohes Fieber beginnt ab 39 Grad. Die Temperatur sollte mit einem Digitalthermometer im Enddarm gemessen werden.

Bei fieberhaften Infekten unterscheidet man zwischen viralen und bakteriellen Erregern. Ein Beispiel für einen Virusinfekt ist das Drei-Tage-Fieber, das oft bei Säuglingen auftritt. "Dabei bekommen sie relativ hohes Fieber und am dritten Tag Hautausschlag", so Neumann. Bakterielle Infekte können eine Streptokokken-Angina oder ein Harnwegsinfekt sein. Gerade bei kleinen Kindern ist nicht immer sofort ersichtlich, welchen Grund das Fieber hat. Mit einer Blutuntersuchung lässt sich dann schon oft feststellen, ob es sich um einen viralen oder bakteriellen Infekt handelt. Und das Kind wird untersucht. "Ich schaue in Ohren und Hals, um festzustellen, ob eine Mittelohrentzündung oder eine Streptokokken-Angina dahintersteckt, horche die Lunge ab, ob eine Bronchitis oder Lungenentzündung vorliegt, und untersuche den Urin auf Anzeichen eines Harnwegsinfektes", sagt Neumann. Ist die Ursache gefunden, ist bei bakteriellen Infekten wie Mittelohr- oder Lungenentzündungen auch eine Antibiotikabehandlung nötig. Bei Virusinfekten können nur die Symptome behandelt werden.

"Eine ärztliche Untersuchung ist immer angezeigt, wenn das Kind krank wirkt, nicht trinken mag und apathisch ist, nicht mehr auf die Eltern reagiert", rät Neumann. Ist klar, dass es sich um einen harmlosen Infekt handelt, an dem schon andere Familienmitglieder erkrankt sind, können Eltern das Kind auch selbst behandeln. "Wenn es trotz hoher Temperatur noch fit ist, muss man ihm nicht unbedingt etwas geben. Sonst empfehle ich, ab 39 Grad fiebersenkende Mittel - Ibuprofen oder Paracetamol - zu verabreichen oder lauwarme Wadenwickel anzulegen", sagt der Kinderarzt. "Allerdings darf Paracetamol nicht zu hoch dosiert werden, weil es dann Leberschäden verursachen kann. Deswegen sollte man sich genau an die Vorgaben auf dem Beipackzettel halten", so Neumann.

Kinder mit Fieber sollten diese Zeit im Bett oder auf dem Sofa verbringen, Bücher lesen oder vorgelesen bekommen. "Wichtig ist, dass sie viel Wasser, Tee oder Fruchtsaftschorlen trinken, etwa 100 Milliliter pro Kilo Körpergewicht, das bedeutet für ein zehn bis zwölf Kilo schweres Kind ein Liter am Tag", erklärt Neumann weiter. Das Kind sollte leichte Kost und Obst zu sich nehmen oder das, was es am liebsten mag. Ist das Fieber vorbei, rät der Kinderarzt, dem Kind noch einige ruhige Tage zu gönnen: "Bei leichteren Infekten sollte es noch mindestens zwei, bei schwereren Infekten drei fieberfreie Tage zu Hause bleiben."

Erschreckend für Eltern ist, wenn Kinder einen Fieberkrampf bekommen. "Typisch dafür ist, dass das Kind während des Fieberanstiegs plötzlich die Augen verdreht, sich am ganzen Körper anspannt und nicht mehr ansprechbar ist. Die Atmung kann ruckartig sein, es kommt zu Zuckungen an Armen und Beinen", erklärt Dr. Bernd Kruse, Oberarzt für Neuropädiatrie in der Kinderklinik des Universitätsklinikums Eppendorf. "Meist sind solche Fieberkrämpfe harmlos und hören innerhalb von zwei bis drei Minuten von allein auf", beruhigt Kruse.

Tritt ein solcher Anfall das erste Mal auf, ist das Wichtigste, Ruhe zu bewahren und zu verhindern, dass sich das Kind durch unkontrollierte Bewegungen verletzt. "Zudem sollte man darauf achten, dass es genug Luft bekommt und die Atemwege nicht durch Speichel oder Erbrochenes verlegt werden", so Kruse. Ist bekannt, dass das Kind zu Fieberkrämpfen neigt, rät er, ab einer Temperatur von 38,5 Grad fiebersenkende Mittel wie Paracetamol oder Ibuprofen zu geben. Und wenn ein Anfall nicht nach ein bis zwei Minuten aufhört, sollte er mit Medikamenten, z. B. Diazepam, das dem Kind in den Enddarm verabreicht wird, unterbrochen werden. Einen Arzt rufen sollten Eltern, wenn sie das erste Mal einen Fieberkrampf miterleben, weil sie die Situation selbst noch nicht einschätzen können, und wenn der Anfall nach zwei bis drei Minuten nicht von allein aufhört.

Ein Fieberkrampf heißt nicht, dass ein Kind an Epilepsie leidet. "Sondern er zählt zu den Gelegenheitsanfällen, die in diesem Fall durch den Fieberanstieg ausgelöst werden", erklärt Kruse. Wahrscheinlich senke der Fieberanstieg die Krampfschwelle im Gehirn. So hat sein Kollege Dr. Axel Neu, der an der UKE-Kinderklinik diese Zusammenhänge erforscht, herausgefunden, dass sich im Tiermodell auch bestimmte Rezeptoren im Gehirn bei Fieberkrämpfen verändern. "Und es gibt bei einem Teil der Patienten mit Fieberkrämpfen Veränderungen an bestimmten Ionenkanälen, den Eintrittspforten an den einzelnen Zellen im Gehirn. Das spricht dafür, dass es auch eine genetische Ursache gibt", so Kruse.

"Bei einfachen Fieberkrämpfen müssen Eltern keine Angst haben, dass ihr Kind Folgeschäden davonträgt", betont Kruse. Es gibt aber auch komplizierte Fieberkrämpfe, die das Risiko für eine spätere Epilepsie erhöhen. Als kompliziert werden Anfälle bezeichnet, wenn sie einseitig auf einer Körperhälfte ablaufen, während eines fieberhaften Infektes mehrfach auftreten, wenn eine familiäre Belastung vorliegt und wenn sie außerhalb des typischen Alters zwischen sechs Monaten und fünf Jahren auftreten. In solchen Fällen sollten die Kinder neurologisch untersucht werden.