Es war ein besonderer Moment für den Harburger Andreas Paulini, als Prof. Dr. Dr. Uwe Koch-Gromus, Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Hamburg,

Es war ein besonderer Moment für den Harburger Andreas Paulini, als Prof. Dr. Dr. Uwe Koch-Gromus, Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Hamburg, ihm die Promotionsurkunde überreichte. Doch den Applaus der 124 anderen Promovenden nahm er am Freitag nicht wahr. Denn der 45-Jährige ist gehörlos. Da liegt es nahe, dass er sich auch im Beruf an andere Betroffene wendet. Dr. med. Paulini ist in ganz Norddeutschland der erste Arzt für gehörlose Patienten.

Arzt war immer sein Traumberuf. Er wollte die Situation gehörloser Kinder verbessern. "Die Kinder sollen die Gebärdensprache lernen und zweisprachig aufwachsen", erklärt Paulini über seine Dolmetscherin Christiane Willmann. Auch sie beherrscht die Deutsche Gebärdensprache. Ihre Eltern sind gehörlos, und sie wuchs "zweisprachig" auf. Sie unterhält sich über flinke Handzeichen, bewegt dabei überdeutlich den Mund, um das Lippenlesen zu erleichtern - eine völlig lautlose Kommunikation. Vielleicht müssen Gehörlose in unserer lauten Gesellschaft gerade deshalb immer wieder auf sich aufmerksam machen. Ärztliche Behandlungen bilden da keine Ausnahme. Erst mit dem Projekt "Gesundheitslotse", das sich an Hörgeschädigte richtete, hat Paulini es geschafft, auf die Situation Gehörloser aufmerksam zu machen. "Zum ersten Mal wurde das Thema im Krankenhaus bewusst."

Jetzt ist das Projekt beendet, Paulini ist seit zwei Jahren in der Psychiatrischen Institutsambulanz im Haus Ochsenzoll der Asklepios-Klinik Nord angestellt und hat seine Doktorarbeit über die Behandlungszufriedenheit gehörloser Patienten geschrieben. Er behandelt Menschen, die unter Depressionen, Psychosen, Persönlichkeitsstörungen, Angstzuständen leiden. Die psychosozialen Belastungsfaktoren seien bei Gehörlosen stärker als bei Hörenden. Paulini: "Außerdem werden Gehörlose dreimal häufiger Opfer sexueller Gewalt." Sein Doktortitel ändert nicht viel an seiner alltäglichen Arbeit. Aber für Paulini ist er der wissenschaftliche Beweis, dass Gehörlose einen eigenen Arzt brauchen.