Mit diesem Virus infiziert man sich ja nur in fremden Ländern. Irrtum! Die gefährlichen Varianten B und C der Hepatitis gehören zu den unterschätzten Krankheiten. Wie man sich ansteckt, wie man Hepatitis behandelt.

Die Haut wird gelb, man hat Schmerzen im Oberbauch, fühlt sich so richtig krank und braucht mehrere Wochen, um wieder auf die Beine zu kommen. Das sind klassische Zeichen einer akuten virusbedingten Leberentzündung. Eine solche Hepatitis gilt vielen als etwas Exotisches, das nur in fremden Ländern vorkommt. Das mag vielleicht für die harmloseste Form, die akute Hepatitis A, zutreffen, für die gefährlicheren Varianten B und C nicht. "Hepatitis B und C gehören immer noch zu den Krankheiten, die häufig unterschätzt werden", sagt Prof. Guntram Lock, Chefarzt der 2. Medizinischen Abteilung am Albertinen-Krankenhaus. In Deutschland leiden allein 400 000 bis 500 000 Menschen an einer chronischen Hepatitis B. Weltweit sind 350 Millionen davon betroffen. Jedes Jahr sterben eine Million Menschen an den Folgen dieser Infektion.

Die meisten Menschen stecken sich durch Geschlechtsverkehr an Auch die weitverbreitete Annahme, die Hepatitis B treffe nur Risikogruppen, wie zum Beispiel Drogenabhängige oder Menschen, die Blutübertragungen bekommen, ist falsch. "In unseren Breiten haben sich 60 bis 70 Prozent der Patienten durch heterosexuellen Geschlechtsverkehr angesteckt. Andere Übertragungswege wie homosexueller Geschlechtsverkehr und das Spritzen von Drogen spielen quantitativ nur eine untergeordnete Rolle. Das heißt, die Erkrankung ist nicht auf definierte Risikogruppen begrenzt, sondern hat eher den Status einer Geschlechtskrankheit", sagt Lock. Deswegen sollte sich jeder gegen Hepatitis B impfen lassen, wie von der Ständigen Impfkommission des Berliner Robert-Koch-Instituts empfohlen, und das möglichst früh. Denn je früher man sich ansteckt, umso größer ist das Risiko, dass sich daraus eine chronische Infektion entwickelt. "Wer als Erwachsener Hepatitis B bekommt, hat ein fünfprozentiges Risiko, dass die Infektion chronisch wird. Bei Kleinkindern und Säuglingen steigt dieses Risiko auf bis zu 90 Prozent", sagt Lock. Deswegen sei es sehr sinnvoll, diese Impfung schon im Kindesalter durchzuführen, eine Empfehlung, die von vielen Eltern befolgt wird. "Denn mittlerweile sind 80 Prozent aller Kinder bei Schulbeginn gegen Hepatitis B geimpft."

Diese Möglichkeit der Prävention gibt es bei der Hepatitis C leider nicht. "Nach wie vor ist gegen diese Infektion kein mittelfristig einsetzbarer Impfstoff in Sicht", so Lock. Häufigster Risikofaktor der Hepatitis C ist der intravenöse Drogenkonsum. "Die sexuelle Übertragung ist sehr viel seltener als bei der Hepatitis B. Bei immerhin zehn bis 40 Prozent der Infizierten gibt es keinen klar nachweisbaren Übertragungsweg, sie gehören keiner Risikogruppe an", sagt Lock. Die Ansteckung verläuft oft völlig ohne Krankheitszeichen, und viele Menschen wissen gar nicht, dass sie eine solche Erkrankung haben. "Wenn Symptome auftreten, sind sie meist unspezifisch, zum Beispiel Abgeschlagenheit und leichte Oberbauchbeschwerden. Meist fällt die Infektion erst auf, wenn bei Blutuntersuchungen erhöhte Leberwerte festgestellt werden", sagt der Gastroenterologe. Diese Form der Leberentzündung ist wesentlich tückischer als die Hepatitis B. "Das Risiko, dass die Infektion chronisch wird, liegt bei 70 Prozent. 20 bis 30 Prozent der Betroffenen entwickeln eine Leberzirrhose." Und das kann Jahre dauern. "Bis es zu einer Zirrhose kommt, dauert es im Durchschnitt 18 bis 20 Jahre. Und dann besteht noch das Risiko, dass sich auf dem Boden dieser Leberzirrhose ein Leberkrebs entwickelt."

Die Behandlung dauert je nach Virus sechs bis zwölf Monate Deswegen empfiehlt Lock Menschen, die früher intravenös Drogen konsumiert haben oder vor den 90er-Jahren Bluttransfusionen erhalten haben, ihre Leberwerte untersuchen und sich auf Hepatitis C testen zu lassen. Er betont aber auch, dass heute niemand mehr Angst haben muss, sich durch eine Bluttransfusion zu infizieren.

Ist eine chronische Hepatitis C erkannt, gibt es heute gute Behandlungsmöglichkeiten und Heilungschancen. Die Infektion wird mit einer Kombination von Peg-Interferon und Ribavirin behandelt. Abhängig von der Unterart des Virus lassen sich damit unterschiedliche Heilerfolge zwischen 50 und 80 Prozent erzielen. Die Behandlung dauert je nach Virusvariante zwischen sechs und zwölf Monaten. Das Peg-Interferon kann allerdings auch erhebliche Nebenwirkungen, etwa eine Depression oder Blutbildveränderung, haben. Auf solche Nebenwirkungen muss man sich auch in der Behandlung der chronischen Hepatitis B einstellen. "Auch bei dieser Infektion ist das Mittel der ersten Wahl das Peg-Interferon, das sechs bis zwölf Monate lang einmal wöchentlich unter die Haut gespritzt werden muss", sagt Lock. Etwa ein Drittel der Patienten spricht auf diese Therapie an. Die Entscheidung, ob eine solche Therapie nötig ist, hängt davon ab, wie hoch die Leberwerte und die Konzentration der Viren im Blut sind und wie stark die Leber bereits geschädigt ist.

Relativ neue Alternativen sind die sogenannten Nukleosid- oder Nukleotid-Analogika, Medikamente, die die Vermehrung des Virus in der Zelle hemmen. "Sie haben den großen Vorteil, dass sie kaum Nebenwirkungen haben und man sie als Tabletten schlucken kann, aber den Nachteil, dass man sie eventuell lebenslang einnehmen muss", sagt Lock.

Die ersten Präparate aus dieser Medikamentengruppe wurden bereits seit Ende der 90er-Jahre gegen die Hepatitis B eingesetzt. Leider traten jedoch relativ rasch Resistenzen auf. "In diesem Jahr sind weitere Medikamente zugelassen worden, sodass wir die Patienten jetzt gezielter oder auch mit einer Medikamentenkombination behandeln und dieses Risiko erheblich reduzieren können", sagt Lock. Diese Präparate seien in der Lage, die Viruskonzentration im Körper zu senken und somit voraussichtlich auch die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen einer Zirrhose und damit eventuell auch eines Leberkrebses erheblich zu senken. Eine bereits bestehende Zirrhose könne zwar nicht rückgängig gemacht, aber ihr weiteres Fortschreiten gestoppt werden.