Laute Musik hören und tanzen bis in die Morgenstunden - der Besuch in der Disco gehört zum festen Wochenendprogramm vieler Jugendlicher. Allerdings ist die Musik dort meist so laut, dass der Lärm mit der Zeit auf die Ohren schlägt. "Lautstärken von mehr als 85 Dezibel sind gehörschädigend", sagt Prof. Markus Hess, Direktor der Poliklinik für Hör-, Stimm- und Sprachheilkunde am Universitätsklinikum Eppendorf. Die Lautstärke der Musik in Diskotheken fängt aber meist erst bei 90 Dezibel an - in den frühen Abendstunden. "Das Gehör gewöhnt sich mit der Zeit an die Lautstärke, sodass sie, um den gleichen Effekt zu erzielen, im Laufe des Abends immer lauter gestellt wird, bis sie in den frühen Morgenstunden Lautstärken von 110 Dezibel erreicht." Dabei ist zu bedenken, dass sich eine Gehörschädigung bei einer Zunahme der Lautstärke um drei Dezibel verdoppelt. Das bedeutet, 90 Dezibel für acht Stunden ist genauso schädigend wie 93 Dezibel für vier Stunden, 96 Dezibel für zwei oder 99 Dezibel für eine Stunde.

Eine weitere nicht zu unterschätzende Lärmquelle sind tragbare Musikgeräte wie Walkman, iPods oder MP3-Player, mit denen Musik über Ohrstöpsel gehört wird. "Die Lautstärke solcher Geräte erreicht Mittelwerte von 100 Dezibel. Das entspricht dem Lärmpegel eines Presslufthammers", so Hess.

Das Ohr hat keine Möglichkeit, sich gegen Lärm zu schützen. Man kann nur die Zeit reduzieren, in der man sich dem Lärm aussetzt, oder versuchen, die Lautstärke zu mindern. "Wer in der Woche ein bis zwei Stunden in die Disco geht, wird weniger Schadensgefährdung haben als jemand, der fünf Stunden in die Disco geht", sagt Hess. Und man sollte eher früh am Abend als spät in der Nacht in die Disco geben und den Boxen fern bleiben. Zudem rät Hess allen, die öfter in die Disco gehen, einen Gehörschutz zu benutzen: "Ein guter Gehörschutz kann die Lautstärke um bis zu 20 Dezibel reduzieren." Besonders effektiv seien Ohrstöpsel, die man beim Hörgeräteakustiker individuell anfertigen lässt. "Dieser Gehörschutz hat die Vorteile, dass er im Ohr nicht drückt und die Lautstärke über alle Frequenzen gleichmäßig absenkt. Im Gegensatz dazu nehmen Ohrstöpsel von der Stange vor allem die Höhen weg und lassen die tiefen Töne durch. Dadurch klingt die Musik verzerrt, als ob jemand bei geschlossener Tür hinter der Wand spricht."

Wie viel Lärm jemand verträgt, ohne dass die Ohren Schaden nehmen, ist individuell unterschiedlich. "Es gibt Menschen, die nach einem solchen Lärm für einige Stunden oder eine ganze Nacht ein Taubheitsgefühl in den Ohren bekommen. Bei anderen ist das nach einer Stunde vorbei", so Hess.Wenn man nach der Disco schlecht hört, das Gefühl hat, man hätte Watte in den Ohren, oder ein Pfeifen wahrnimmt, hat schon eine Schädigung eingesetzt. Eine dauerhafte Schwerhörigkeit entsteht meist mit der Zeit, wenn sich Lärmschädigungen summieren, und zeigt sich in bestimmten Tonhöhen. "Sie betrifft vor allem die Hochtonbereiche bei vier Kilohertz. Das ist der Hauptsprachbereich für die Konsonanten. Wenn man bedenkt, dass Konsonanten wichtiger für die Spracherkennung sind als Vokale, wird deutlich, wie stark eine solche Schwerhörigkeit die Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigen kann."

Der Hörschaden kann für Jugendliche weitere schwerwiegende Folgen haben. "Traumberufe wie Pilot oder Kameramann können erst gar nicht erlernt werden, da ein ausgezeichnetes Hörvermögen für diese Berufe Voraussetzung ist", so Hess. Auch wer einen Beruf erlernen will, bei dem er verstärkt Lärm ausgesetzt ist, wie etwa Automechaniker oder Tischler, muss vorher zum Hörtest. Fällt dieser schlecht aus, kann es sein, dass der Jugendliche gar nicht erst für die Ausbildung zugelassen wird.