Allergie: Ein Drittel aller Kinder ist betroffen. Asthma und Heuschnupfen zählen zu den häufigsten Allergien bei Kindern. Zwei Hamburger Experten berichten, wie diese behandelt und das Risiko gesenkt werden kann.

Die Nase läuft, die Augen tränen, und das Spielen im Freien macht keinen Spaß, sondern alles nur noch schlimmer - ein Heuschnupfen kann selbst dem fröhlichsten Kind den Frühling vermiesen. Und es sind nicht wenige, die darunter zu leiden haben. "Laut einer aktuellen Studie mit über 1200 Kindern, die seit ihrer Geburt auf Allergien untersucht wurden, litten im Alter von 13 Jahren 35 Prozent an Heuschnupfen, 12 bis 14 Prozent an Neurodermitis und acht bis zehn Prozent an Asthma", berichtet Dr. Wolfgang Rebien, niedergelassener Kinderarzt in Hamburg und 1. Vorsitzender des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen.

Allergien bei Kindern haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. "Man geht davon aus, daß heute ein Drittel aller Kinder unter 18 Jahren an einer Allergie leidet", sagt Professor Frank Riedel, Ärztlicher Direktor des Altonaer Kinderkrankenhauses. Das könne schon im Säuglingsalter mit Nahrungsmittelallergien und Neurodermitis beginnen und später in Heuschnupfen oder allergisches Asthma übergehen. "Zudem hat sich gezeigt, daß eine Hühnereiallergie im 1. Lebensjahr die spätere Entwicklung einer Allergie in den Atemwegen begünstigt. Das Risiko, Asthma oder Heuschnupfen zu bekommen, liegt dann bei 60 bis 70 Prozent", sagt Riedel.

Das allgemeine Allergierisiko steigt auch, wenn Eltern oder Geschwister bereits an Allergien leiden. Um so wichtiger wird dann die Frage, wie Eltern die Allergierisiken für ihre Kinder senken können. "Für alle gilt: Während der Schwangerschaft und danach sollte die Mutter nicht rauchen, denn Zigarettenrauch spielt als Allergie-Auslöser eine wichtige Rolle", warnt Rebien. Bei familiärer Vorbelastung empfehlen die beiden Experten weitere Vorsichtsmaßnahmen: Die Mutter sollte das Kind sechs Monate lang stillen und erst ab dem 5. Lebensmonat Brei füttern. Die Eltern sollten keine Haustiere anschaffen und in der Wohnung ein hausstaubarmes Milieu schaffen, indem sie zum Beispiel auf schwere Vorhänge oder langhaarige Plüschteppiche verzichten, synthetische Bettdecken verwenden, Bettwäsche häufig waschen und Matratzen mit milbendichten Überzügen versehen. Solche Maßnahmen können das Allergierisiko reduzieren, besonders in den ersten sechs Lebensmonaten. "Denn in dieser Zeit ist das Kind besonders anfällig dafür, Allergien zu entwickeln", sagt Riedel.

Die häufigste Form, der Heuschnupfen, beginnt frühestens im Alter von zwei bis drei Jahren. Dann steigt die Erkrankungsrate mit dem Alter kontinuierlich an.

Der Heuschnupfen beginnt meist im Frühling und richtet sich gegen Pollen, zum Beispiel von Erle, Hasel, Birke oder Gräsern. "Wenn ein Kind dann unter Dauerschnupfen, Niesanfällen, Schlafstörungen und Jucken an Augen und Nase leidet, sollte beim Kinderallergologen mit einem Hauttest oder einer einfachen Blutuntersuchung festgestellt werden, ob und wogegen es allergisch ist", rät Rebien.

Beim Heuschnupfen gibt es, je nach Schwere der Symptome, abgestufte Behandlungsmaßnahmen. "An erster Stelle steht, das Allergen möglichst zu vermeiden. Dann können örtlich wirksame Medikamente, Chromoglycinsäure oder Antihistaminika, in Form von Nasensprays helfen. Reicht das nicht aus, wird ein Antihistaminikum als Saft verabreicht. Bringt auch dies keine Besserung, kann man den Heuschnupfen ab dem 7. Lebensjahr mit kortisonhaltigen Nasensprays behandeln. Da dieses Kortison nur örtlich wirkt, sind keine schweren Nebenwirkungen zu befürchten", so der Kinderallergologe.

Zudem kann der Arzt, wenn nicht zu viele Allergien gleichzeitig bestehen, eine Hyposensibilisierung durchführen. "Dabei bekommt der Patient drei Jahre lang, zunächst wöchentlich, später monatlich, kleine Mengen des Allergens unter die Haut gespritzt. Die Dosis wird langsam gesteigert, bis sie schließlich das Maß erreicht hat, dem der Patient auch normalerweise ausgesetzt ist. Die Hyposensibilisierung kann man ab einem Alter von fünf Jahren durchführen. Mit dieser Therapie läßt sich in 70 bis 80 Prozent der Fälle eine erhebliche Linderung oder sogar Heilung erzielen", sagt Rebien.

Die Hyposensibilisierung kann auch beim allergischen Asthma helfen. "Diese Erkrankung kann sich an einen Heuschnupfen anschließen, aber auch schon im 1. Lebensjahr beginnen, ohne daß vorher eine andere Allergie bestand", sagt Riedel. Erste Anzeichen eines Asthmas zeigen sich meist bei Erkältungen, wenn die Kinder ein pfeifendes Atemgeräusch haben und schlecht Luft bekommen. Das häufigste Allergen ist die Hausstaubmilbe.

Auch beim allergischen Asthma steht an erster Stelle der Behandlung, das Allergen möglichst zu meiden. "Zudem brauchen die Kinder eine entzündungshemmende Therapie. Denn es handelt es sich um eine chronische Entzündung der Bronchialschleimhaut, die mit inhalativen Medikamenten, meistens Kortisonpräparaten, zweimal täglich behandelt werden sollte", betont Riedel. Sind asthmakranke Kinder gut mit Medikamenten eingestellt, können sie heute ein ganz normales Leben führen. Dazu gehört auch, daß sie gut über ihre Krankheit informiert sind und wissen, wie sie damit umgehen müssen. "Das lernen Eltern und Kinder in Asthmaschulungen, die in Hamburg flächendeckend angeboten werden", sagt Riedel.