Medizin: Präventionszentrum. Krankheiten und Risiken früh erkennen - das ist die Aufgabe der Einrichtung, die ungewöhnliche Partner vereint: das UKE und als Geldgeber die Deutsche Seereederei.

Bis zu zehn Jahre länger leben und Krankheiten entdecken, bevor sie ausbrechen: Das klingt wie ein alter Menschheitstraum. Das ist aber auch das Ziel des Medizinischen Präventions-Centrums Hamburg (MPCH), das gestern offiziell vorgestellt wurde und das zwei ungewöhnliche Eigentümer hat: das UKE und die Deutsche Seereederei (DSR) aus Rostock.

Mit der DSR hat das Uniklinikum Eppendorf einen 51-Prozent-Partner, der sein Geld unter anderem in Arosa-Hotels in Kitzbühel und Travemünde anlegt, aber "ein starkes Interesse an der Präventionsmedizin hat", wie DSR-Gesellschafter Horst Rahe bekräftigte. Von dem als GmbH & Co. KG organisierten Centrum verspricht sich der Geschäftsmann eine "marktübliche Rendite von etwa zehn Prozent". Zwei Millionen Euro hat der Reeder in das Unternehmen am Falkenried investiert, nur wenige Schritte vom UKE entfernt. Das UKE sei mit 49 Prozent Geschäftsanteilen zwar der kleinere Partner, sagte UKE-Chef Prof. Dr. Jörg Debatin, doch kämen aus dem UKE die Idee und das Know-how, zum Beispiel in der Person von Prof. Dr. Christoph Bamberger, dem Direktor des MPCH. Und das UKE würde "exklusiv über die medizinischen Inhalte bestimmen", versicherte Debatin.

Damit die Kunden - von Patienten will mangels Krankheit niemand reden - sich ihrem lebensverlängernden Ziel nähern können, sei eine umfassende Vorsorgeuntersuchung vonnöten, erläuterte Bamberger, der seinen Lehrstuhl im UKE beibehält. Der "Vier-Stunden-Komplett-Check-up" beinhaltet ein Untersuchungsprogramm mit Knochendichtemessung, Laborwerten, Hormonstatus, Ultraschalluntersuchungen der Bauchorgane, des Herzens und der Blutgefäße sowie einer Ganzkörper-Magnetresonanztomographie, einschließlich virtueller Darmspiegelung. Dabei wird der Darm im Kernspin auf verdächtige Polypen überprüft, die eine Vorstufe von Darmkrebs sein können.

Die Auswertung der Kernspin-Aufnahmen macht der Chef-Radiologe des Centrums, Dr. Christoph Herborn, auf einem großen Flachbildschirm im "Kundenzimmer", einer Unterkunft mit gehobenem Hotelambiente. Von diesem "Blick in den eigenen Körper" versprechen sich die Präventionsmediziner eine psychologische Wirkung. Denn viele Menschen änderten ihr gesundheitsschädliches Verhalten erst, wenn man ihnen die Folgen sichtbar mache, so Bamberger, ob verengte Gefäße oder schlecht durchblutete Hirnareale.

Der Internist und Hormonspezialist will mit Experten aus dem UKE auch die Forschung der vorbeugenden Medizin intensivieren, dem "Stiefkind" seines Fachs. In seinem Studium vor 20 Jahren, so Bamberger, habe er "nicht ein einziges Mal das Wort Prävention gehört". Die Medizin beschäftige sich zwar intensiv mit der "Reparatur" des Körpers, aber zuwenig mit der Aufgabe, den Mensch gesund zu halten. Auch Geschäftspartner Rahe will "die Forschung auf diesem Gebiet vorantreiben", denn niemand wisse im Detail, was Nahrungsergänzungsmittel bewirkten oder ob Joggen das Leben verlängere.

Da auch die Krankenkassen nur bestimmte Maßnahmen der Vorbeugemedizin bezahlen, bleibt der Rundum-Check im edlen Ambiente Privatsache, "auch wenn wir in Vorgesprächen mit den Kassen sind", wie Bamberger mitteilte. 2700 Euro kostet die aufwendige All-inclusive-Untersuchung, die er "idealerweise alle zwei bis drei Jahre" empfehle, wenn das 40. Lebensjahr überschritten sei. Wegen des Aufwandes könnten im Centrum nicht mehr als acht Checks am Tag gemacht werden. Das Ärzte- und Betreuerteam soll demnächst mit zehn Mitarbeitern komplett sein. Seit Anfang April werden bereits Kunden versorgt, "bis Ende Juni sind wir fast ausgebucht", sagt Bamberger. Und wer dann vom Kunden zum Patienten werde, könne von den Kollegen im benachbarten UKE gleich fachlich weiterbehandelt werden.