Chirurgie: Neue minimal invasive Eingriffe. Chirurgen und Magen-Darm-Spezialisten aus aller Welt diskutieren in Hamburg den neuesten Stand endoskopischer Eingriffe.

An diesem Wochenende steht Hamburg im Zeichen der Endoskopie. Chirurgen und Magen-Darm-Spezialisten stellen auf zwei weltweit bekannten Kongressen vor, welche Eingriffe mittlerweile mit den dünnen Röhren und Schläuchen und winzigen Instrumenten möglich sind. In der Handelskammer tagt das 14. Hamburger MIC-Symposium. Zu diesem Kongreß der m inimal i nvasiven C hirurgie wurden gestern Ausschnitte von Operationen aus vier OP-Sälen im AK Altona live übertragen. Mit dabei waren sieben Gastoperateure aus aller Welt. Die rund 500 Kongreßteilnehmer im Saal der Handelskammer verfolgten gespannt die Arbeit der Chirurgen auf dem 2,50 mal drei Meter großen Bildschirm und konnten währenddessen mit dem Operateur die Schritte seines Vorgehens diskutieren.

Geplant waren 15 Eingriffe per Laparaskopie (Bauchspiegelung) mit winzigen Schnitten in der Bauchwand aus dem gesamten Spektrum der Bauchchirurgie, von der Speiseröhre bis zum Dickdarm. Das zeigt den enormen Fortschritt auf diesem Gebiet seit den Anfängen vor etwa zehn Jahren, wie Kongreßpräsident Prof. Wolfgang Teichmann, Chefarzt der Allgemeinchirurgie am AK Altona, erläutert: "Anfangs wurden Gallenblasen, dann Blinddärme damit operiert. Heute können wir fast alle Bauchoperationen damit durchführen. Sogar Krebserkrankungen in frühen Stadien können unbedenklich laparoskopisch vorgenommen werden." Auch gestern standen auf dem Operationsprogramm mehrere Krebsoperationen. So entfernte Prof. Martin Walz aus Essen einen Teil des Dickdarmes wegen eines bösartigen Tumors. Er operierte mit Hilfe von vier Röhren, sogenannten Trocharen, eine für die Kamera und drei für die winzigen Instrumente, Faßzangen und Pinzetten, Scheren und Klammergeräte, mit denen Darm und Blutgefäße nach Entfernung des Darmteils fest wieder verschlossen werden.

Früher waren für solche Operationen große Schnitte in der Bauchwand nötig. Jetzt wird, wenn möglich, auf das schonendere Verfahren der Laparoskopie zurückgegriffen. "Auch die Divertikulitis, die Entzündung von Ausstülpungen des Dickdarmes, sollte man, von Ausnahmen abgesehen, laparoskopisch operieren", meint Teichmann. Und die OP-Zeiten werden dank moderner Technik und wachsender Erfahrung der Operateure immer kürzer. "Die laparoskopische OP einer Divertikulitis dauerte vor sechs Jahren noch sechs Stunden. Heute sind die Zeiten auf ein bis zwei Stunden reduziert, genauso lange wie die herkömmliche Operation", so Teichmann.

In vielen Fällen läßt sich eine Operation heute sogar durch endoskopische Eingriffe vermeiden, bei denen Magen-Darm-Spezialisten, sogenannte Gastroenterologen, die Endoskope in Magen und Darm einführen. Und mittlerweile arbeiten Gastroenterologen und Chirurgen immer enger zusammen. Die Magen-Darm-Spezialisten stellen mit Hilfe des Endoskops die Diagnose und operieren auch durch das Endoskop. "Wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, arbeiten die Endoskopie-Spezialisten in sogenannten Joint-Venture-OPs mit den Chirurgen zusammen. Der Gastroenterologe führt das Endoskop in den Magen des Patienten und zeigt dem Chirurgen von innen die Grenzen des Tumors. Dann werden Klammernahtgeräte gesetzt, und der Gastroenterologe gibt dem Chirurgen die Rückmeldung, ob genug Gewebe entfernt wurde", erklärt Teichmann. Auch auf dem Kongreß wurden solche Operationen vorgestellt. Bei einem Eingriff ging es um einen Patienten mit einem sieben mal sieben Zentimeter großen Polypen im Magen. Für die Gastroenterologen zu groß, um ihn per Endoskopie zu entfernen. Deswegen entfernte der Spezialist Prof. Guy-Bernard Cadière aus Brüssel einen großen Teil des Magens laparoskopisch. Dafür wurden für Kamera und Instrumente durch winzige Schnitte in der Bauchwand fünf Röhren mit einem Durchmesser zwischen fünf und zehn Millimetern in die Bauchhöhle geschoben. Anschließend wurde der stark verkleinerte Magen mit dem Dünndarm verbunden. Zu Beginn dieser Operation wurde über ein Endoskop die Lage des Polypen im Magen demonstriert.

Einzelne Ausschnitte dieses Eingriffes, der mehrere Stunden dauerte, wurden auch ins CCH übertragen, wo gleichzeitig der Endo Club Nord, eine Vereinigung von Hamburger Endoskopie-Spezialisten, mit 2500 Teilnehmern tagte. Neben 30 Live-Demonstrationen von Endoskopien wurden dort auch neue Techniken und Verfahren vorgestellt, unter anderem eine neue Form endoskopischer Eingriffe, über die Prof. Robert Hawes von der Medical University of South Carolina beim Endo Club berichtete. Bei dieser transgastrischen Endoskopie wird ein Endoskop durch den Mund in den Magen geführt und von dort aus durch einen kleinen Schnitt in der Magenwand in die Bauchhöhle. Dieses Verfahren soll sich für unterschiedliche diagnostische und therapeutische Eingriffe nutzen lassen, zum Beispiel für die Spiegelung der Bauchhöhle sowie die Entfernung von Gallenblase, Wurmfortsatz und Gebärmutter. Die Vorteile dieser neuen Methode: Der Patient erholt sich schneller von dem Eingriff, weil die Eingeweide schneller heilen als die Haut und die Bauchwandmuskulatur nicht durch OP-Schnitte in Mitleidenschaft gezogen wird. Allerdings werde es noch Jahre dauern, bis diese Methode so weit ausgereift sei, daß sie routinemäßig eingesetzt werden könne.

Wie Endoskopie große OPs ersetzen kann, erläuterte Prof. Paul Fockens von der Universität von Amsterdam. Sogenannte Pseudocysten, die nach einer Bauchspeicheldrüsenentzündung entstehen können, seien vor 15 Jahren noch in einem offenen operativen Eingriff entfernt worden. Heute würden sie fast nur noch endoskopisch entfernt.

Eine noch engere Zusammenarbeit von Gastroenterologen und Chirurgen wünscht sich Prof. Teichmann für die Zukunft, dann könnten MIC-Symposium und Endo Club miteinander verschmelzen.