Herzchirurgie: Erster Patient mit schonender endoskopischer Methode operiert.

Eigentlich fühlte sich Horst Müller-Heel fit. Er arbeitet als leitender Angestellter bei einem Hamburger Unternehmen und ist in seiner Freizeit Taucher bei der Freiwilligen Feuerwehr. Als hier bei Routineuntersuchung eine Herzklappenerkrankung festgestellt wurde, fiel der 52jährige aus allen Wolken. Gleichzeitig beschlich ihn die Angst vor dem, was jetzt auf ihn zukam: eine Herzoperation.

Doch die Herzchirurgen im Universitären Herzzentrum (UHZ) des Universitätsklinikums Eppendorf konnten ihn schnell beruhigen. Denn die Entwicklung in der Herzchirurgie schreitet rasch voran, und so stehen immer schonendere Operationsverfahren zur Verfügung. Horst Müller-Heel war vor sechs Wochen der erste Patient im UHZ, bei dem eine Herzklappe in einer endoskopischen Operation repariert wurde.

Bei diesem neuen Verfahren werden Röhren durch drei fünf Millimeter große Löcher in den Brustraum eingeführt. "In einer Röhre befindet sich eine Kamera, in den anderen beiden winzige Instrumente. Dann legen wir noch einen Schnitt von vier Zentimeter Länge, durch den wir weiteres Arbeitsmaterial in das OP-Gebiet bringen können", erklärt Prof. Hermann Reichenspurner, Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am UHZ. Bevor jetzt die Operation am Herzen beginnen kann, wird der Patient durch Punktion der Leistengefäße an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen und die Hauptschlagader oberhalb des Herzens abgeklemmt. So wird das Herz für die Zeit der OP ruhiggestellt und der Kreislauf des Patienten aufrechterhalten.

Danach eröffnet der Herzchirurg endoskopisch mit einem kleinen Schnitt den linken Herzvorhof und führt die Instrumente an die defekte sogenannte Mitralklappe heran. "Und jetzt können wir, je nach Art der Erkrankung, entweder die kranke Herzklappe rekonstruieren oder auch, wenn nötig, eine neue Herzklappe einsetzen", sagt Privatdozent Dr. Christian Detter, leitender Oberarzt in der Klinik.

Wichtiger Assistent bei dieser endoskopischen Operationsmethode ist der OP-Roboter "da Vinci", der seit März 2004 im UKE im Einsatz ist. Über eine Konsole an diesem Gerät steuert der Operateur die winzigen Instrumente im Brustkorb des Patienten. Währenddessen kann er gleichzeitig auf dem darüberliegenden Monitor das Operationsfeld in zehnfacher Vergrößerung so anschauen, als ob es direkt vor seinen Augen läge - inklusive der räumlichen Darstellung. "Denn ,da Vinci' hat eine Stereokamera, so daß das Bild auf dem Monitor dreidimensional dargestellt wird", erklärt Detter.

Mit Hilfe der ausgeklügelten Technik von "da Vinci" kann der Arzt dann die Instrumente an der defekten Klappe in allen Richtungen bewegen und so die geschädigte Mitralklappe reparieren. "Der Vorteil der neuen Methode ist, daß wir noch kleinere OP-Schnitte machen können als bei bisherigen Methoden", sagt Reichenspurner. Und das bedeutet für den Patienten, daß er schneller wieder auf die Beine kommt und schon nach drei bis vier Tagen Krankenhausaufenthalt in die Reha-Klinik verlegt werden kann. Zum Vergleich: Bei einer herkömmlichen Operation sind Schnitte von 20 bis 30 Zentimeter Länge erforderlich, mit denen über das Brustbein der Brustkorb eröffnet wird. Der Patient muß acht bis zehn Tage in der Klinik bleiben und braucht wesentlich länger, um sich zu erholen. Beim schonenderen minimal-invasiven Verfahren ist noch ein Schnitt von acht Zentimeter Länge erforderlich.

Die endoskopische Operation ist jedoch nicht für jeden Patienten geeignet. "Wir setzen die Methode nur bei einfachen Klappenerkrankungen ein. Bei komplizierten Fällen oder starken Verkalkungen der Mitralklappe greifen wir auf herkömmliche minmal-invasive oder offene Verfahren zurück", sagt Reichenspurner. Pro Jahr werden am UKE etwa 120 Patienten an der Mitralklappe operiert, davon bereits jetzt 50 Prozent in minimal-invasiver Technik. Und dabei wird in über 80 Prozent der Fälle die Klappe erhalten und repariert. "Und unser Ziel für die Zukunft ist es, die Hälfte dieser Operationen endoskopisch durchzuführen", so der Herzchirurg weiter. Am vergangenen Montag wurde bereits der zweite Patient auf diese Weise operiert.

Patient Müller-Heel hat inzwischen den Aufenthalt in der Reha-Klinik hinter sich und ist zu Hause. "Ich fühle mich fit und denke, daß ich bald wieder arbeiten kann."