Infektionen: Experten sorgen sich wegen schneller Verbreitung gefährlicher Viren.

Gefährliche Infektionskrankheiten sind weltweit auf dem Vormarsch. "41 Prozent aller Todesursachen sind Tropen- und Infektionskrankheiten", sagte Prof. Dr. Emil Reisinger (Uni Rostock), Präsident des 8. Kongresses für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin im CCH, bei dem 1000 Mediziner bis Sonnabend Erfahrungen austauschten. Eine der Ursachen der Verbreitung von Seuchen: der Tourismus.

Gefahren lauern vor allem in vielen Ländern Afrikas und in Südostasien: Dengue-Fieber, Malaria, Tuberkulose sowie harmlose Durchfallerkrankungen. Letztere befallen jeden dritten Tropenreisenden. Reisinger empfiehlt Touristen, "unbedingt Tierkontakte zu meiden", nicht einmal Katzen sollte man in fremden Ländern streicheln. Schon gar nicht sollten Tiere mitgebracht werden, "etwa streunende Hunde aus Marokko", so Reisinger. Zu groß sei das Risiko, Viren und andere Krankheitserreger einzuschleppen. Bricht eine Krankheit wie Tollwut oder Malaria aus, oft Wochen oder Monate nach der Reise, würden sie wegen ihres hier seltenen Auftretens von Ärzten oft nicht gleich erkannt, bemängelte Prof. Dr. Herbert Schmitz vom Bernhard-Nocht-Institut (BNI) für Tropenmedizin in Hamburg. Im Studium der Mediziner komme die Tropenmedizin "so gut wie gar nicht vor", kritisierte er.

Die Hamburger Spezialisten stehen bereit, wenn es um die Diagnose und Therapie seltener Erkrankungen geht. So seien Kollegen "im Hintergrund tätig", so Schmitz, wenn sich im August mehrere hunderttausend Jugendliche aus aller Welt zum Katholikentreffen "Weltjugendtag" in Köln einfinden, zu dem auch Papst Benedikt XVI. zugesagt hat.

Eine weltweite Grippewelle kann bis zu 160 000 Todesfälle in Deutschland auslösen. Weltweit müsse mit mehreren Millionen Toten gerechnet werden, berichtete der Leipziger Infektionsmediziner Prof. Bernhard R. Ruf am Freitag in Hamburg. "Wir sind darauf nicht vorbereitet", kritisierte er. "Nach Einschätzung von Experten ist es nicht die Frage, ob, sondern wann eine Influenza-Pandemie auftritt", sagte er bei einem Kongreß in der Hansestadt. Impfungen seien nur ein bedingter Schutz.

Das Risiko einer Influenza-Pandemie (weltweite Grippewelle) ist nach Rufs Überzeugung größer geworden, weil sich besonders aggressive Vogelgrippeviren in den asiatischen Geflügelbeständen etabliert haben und in immer neuen Variationen auf den Menschen übertragen werden können. Ein wirksamer Impfstoff würde bei einer Pandemie erst zur zweiten Infektionswelle nach einigen Monaten zur Verfügung stehen.

Als Vorsorge- und Therapiemöglichkeit stehen neuerdings sogenannte Neuraminidasehemmer zur Verfügung. Einen Mindestvorrat in Deutschland anzulegen, kostet nach Rufs Angaben 500 Millionen Euro. So sei vorgesehen, zum Beispiel Ärzte und Krankenhauspersonal vorsorglich zu behandeln. Insgesamt wären bei eine Influenza-Pandemie in Deutschland wahrscheinlich acht Millionen Menschen behandlungsbedürftig. In normalen Jahren sterben etwa 8000 Menschen in Deutschland an den Folgen einer Grippe. Besonders gefährdet seien Senioren und Patienten mit Vorerkrankungen.