Arterien: Eine Komplikation bei der Gefäßverkalkung ist ein Aorten-Aneurysma im Bauch. Gefäßprothesen können einen lebensgefährlichen Einriß verhindern.

Es entwickelt sich schleichend, verursacht keine Schmerzen und kann doch ganz plötzlich zum Tode führen: das Aorten-Aneurysma. "Es ist eine Aussackung der Hauptschlagader, die als Folge einer Gefäßverkalkung, der Arteriosklerose, auftreten kann", erklärt Privatdozent Dr. Sebastian Debus, Chefarzt der Abteilung für Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie im Gefäßcentrum des AK Harburg.

Diese Gefäßerkrankung trifft etwa acht Prozent aller Menschen nach dem 60. Lebensjahr und tritt meistens im Bauch unterhalb der Abgänge der Nierenarterien auf. "Die Wand der Hauptschlagader (Aorta) dehnt sich dort allmählich auf und wird dünner. Vergleichbar einem Ballon, der immer weiter aufgeblasen wird, bis er schließlich platzt, kann es dann schlimmstenfalls zum Einreißen der Gefäßwand, einer sogenannten Aortenruptur, kommen", so der Gefäßchirurg weiter. "Bei einer solchen Ruptur hat der Patient plötzlich sehr starke Bauchschmerzen und einen Kreislaufkollaps", sagt Debus. "Weil es dabei zu einer massiven Blutung kommt, liegen die Chancen, eine Aortenruptur zu überleben, nur bei zwanzig bis dreißig Prozent."

In manchen Fällen allerdings macht sich das Aneurysma auch durch Bauch-, Rückenschmerzen oder Flankenschmerzen bemerkbar. "Sie entstehen dadurch, daß das Aneurysma rasch wächst oder bereits einen kleinen Riß hat, der noch nicht zu einer Blutung geführt hat. Wenn wir so etwas feststellen, behalten wir den Patienten in der Klinik und operieren ihn zügig, weil wir wissen, daß es bei solchen Symptomen relativ rasch zu einer Ruptur kommt", so der Gefäßchirurg.

Für einen solchen Eingriff gibt es zwei Möglichkeiten: "Bei einer konventionellen Operation wird der betroffene Gefäßabschnitt durch eine Gefäßprothese ausgeschaltet. Dabei eröffnet der Operateur das Aneurysma und legt ein Kunststoffrohr aus Polyester hinein, das an den gesunden Gefäßabschnitten ober- und unterhalb des Aneurysmas angenäht wird. Das kann ein Rohr oder auch eine sogenannte Y-Prothese sein, die man dann braucht, wenn das Aneurysma nicht nur die Aorta betrifft, sondern auch auf die Beckenschlagadern übergeht", erklärt Debus.

Eine andere Methode ist das Einlegen einer sogenannten Stentprothese. "Diese Kombination einer Gefäßprothese aus weichem Kunststoffmaterial mit einem Metallstent wird über einen Katheter von der Beinschlagader aus in die Bauchaorta geschoben und dort entfaltet. Der Stent aus Metalldrahtgeflechtgitter dient dazu, die weiche Prothese an die Gefäßwände zu drücken und dort zu verankern", erklärt Dr. Christian Wintzer, Assistenzarzt in der Abteilung.

Welche Operation für welche Patienten in Frage kommt, hängt von mehreren Faktoren ab. "Die Methode der konventionellen Operation existiert seit über vierzig Jahren und gilt als sehr sicher. Sie wird bei jüngeren Patienten eingesetzt und hält ohne Probleme dreißig bis vierzig Jahre", so Wintzer.

Patienten, die eine solche große Operation nicht verkraften können, erhalten eine Stentprothese. "Wir setzen diese Prothesen nur bei Menschen ein, die sehr alt sind oder so krank, daß sie keine normale Operation durchhalten würden. Bei diesen Patienten ist diese schonende Prothese erste Wahl", sagt Debus und weist darauf hin, daß diese noch relativ neue Methode noch erhebliche Nachteile hat. "Das Problem der Verankerung ist bis heute nicht richtig gelöst, so daß immer die Gefahr besteht, daß die Prothesen rutschen können, und dann unter Umständen nicht mehr richtig dicht sind.

Diese Patienten müssen lebenslänglich regelmäßig nachuntersucht werden." Diese Kontrollen sind auch wichtig, weil die Wände der Stentprothesen das Aneurysma nicht immer genügend abdichten. "In dem Kunststoffmaterial, an dem das Metallgitter festgenäht ist, sind winzige Löcher, so daß es für Flüssigkeiten durchlässig ist. Da das Blut aber die Fähigkeit besitzt zu gerinnen, ging man bisher davon aus, daß es an den Wänden der Prothese gerinnt und so die kleinen Poren verschließt", sagt Dr. Christian Wintzer.

Zusammen mit der Wissenschaftlerin Anne Gebert aus der Arbeitsgruppe um Prof. Michael Morlock (Abteilung Biomechanik der Technischen Universität Hamburg-Harburg) hat er untersucht, ob diese These wirklich stimmt. Sie kamen dabei allerdings zu dem Schluß, daß in manchen Fällen geronnenes Blut die Prothese nicht vollständig abdichten kann. "Daraus folgt, daß man, um Stentprothesen optimal abzudichten, diese mit speziellen Substanzen beschichten muß", sagt Wintzer. Für ihre Erkenntnisse wurden die Wissenschaftler kürzlich mit dem Karl-Kremer-Preis 2004 der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie in Höhe von 5000 Euro ausgezeichnet.