Telefonaktion: Wann müssen Herzklappen ersetzt werden? Worauf müssen Patienten mit Herzklappenfehlern achten? Hamburger Herzspezialisten beantworteten Fragen zum Thema Herzklappenerkrankungen bei der großen Telefonaktion von NDR 90,3 und Hamburger Abendblatt. Hier lesen Sie eine Zusammenfassung der Fragen und Antworten.

Worauf muß ich bei einer Aortenklappeninsuffizienz achten? Bei einer leichten Aortenklappeninsuffizienz, also, wenn die Klappe nicht mehr richtig schließt, können Sie ruhig Sport treiben, aber keinen Hochleistungssport. Außerdem empfehle ich Ihnen, alle ein bis zwei Jahre per Ultraschall ihre Herzklappe untersuchen zu lassen. Für alle Patienten mit Strömungsunregelmäßigkeiten im Herzen besteht eine erhöhte Gefahr einer bakteriellen Entzündung im Herzen. Prof. Jörg Ostermeyer, Chefarzt der Herzchirurgie, AK St. Georg

Was kann man bei Herzklappenfehlern tun, um solchen Entzündungen vorzubeugen? Wenn Sie einen Herzklappenfehler haben, dann müssen sie sogenannte Endokarditisprophylaxe betreiben. Ihr Hausarzt verschreibt Ihnen dafür ein Antibiotikum, z.B. Penicillin, das Sie bei fieberhaften Erkrankungen und vor bestimmten ärztlichen Eingriffen einnehmen müssen. Am häufigsten sind die des Zahnarztes, z.B. die Zahnreinigung, denn die Mundhöhle ist voller Bakterien. Wenn diese Bakterien mit der Blutbahn in Kontakt kommen, kann es zu Entzündungen an den Herzklappen kommen. Zur Information über Endokarditisprophylaxe erhalten Sie von Ihrem Kardiologen einen kleinen Paß. Privatdozent Dr. Klaus-Peter Kunze, niedergelassener Kardiologe

Kann eine Herzklappeninsuffizienz Druck in der Brust verursachen? Nein, eher merken Sie durch Atemnot, daß eine Klappe nicht schließt. Wenn man eine undichte Klappe aber regelmäßig mit Ultraschall untersucht, kann eine Verschlechterung rechtzeitig erkannt werden. Diese kann zum Beispiel eintreten, wenn sich Bakterien auf der Klappe absetzen. Deshalb müssen Sie die Endokarditisprophylaxe betreiben. Was Ihre Beschwerden angeht, würde ich zusätzlich ein Belastungs-EKG empfehlen. Dr. Kunze

Welche Vor- und Nachteile haben biologische und künstliche Herzklappen? Wir informieren unsere Patienten immer über alle Vor- und Nachteile. Die mechanische Klappe hat den Nachteil, daß man Marcumar zur Blutverdünnung einnehmen muß, und den Vorteil, daß sie praktisch endlos hält. Die biologische Klappe, zum Beispiel vom Schwein, benötigt keine blutverdünnenden Medikamente, muß aber nach Zeiträumen von zehn bis 20 Jahren ausgetauscht werden. Jeder Patient muß sich selber für eine Alternative entscheiden. Prof. Ostermeyer

Welche Herzklappen können rekonstruiert, welche müssen ersetzt werden? Die Mitralklappe (linke Herzklappe) und die Trikuspidalklappe (rechte Herzklappe) lassen sich meistens reparieren. Die Aortenklappe hingegen muß in aller Regel ersetzt werden. Prof. Hermann Reichenspurner, Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Eppendorf

Ist bei Mitralklappeninsuffizienz eine Rekonstruktion der Klappe und ein minimal invasiver Eingriff möglich, oder muß sie ersetzt werden? 80 Prozent aller Mitralklappen werden rekonstruiert. Ich bin bei der minimal invasiven Operation ein wenig skeptisch, weil zugunsten einer kosmetisch attraktiveren Lösung die Sicherheit vernachlässigt wird. Das Verfahren ist noch nicht so weit entwickelt. Überwiegend wird noch nach herkömmlicher Weise operiert. Prof. Ostermeyer

Meine Mutter (82) hat eine hochgradige Aortenklappenstenose (Verengung der Aortenklappe). Ist eine minimal invasive Behandlung möglich? Bei einer Operation der Aortenklappe ist das möglich. Wenn allerdings ein Bypass gelegt werden müßte oder weitere Klappen betroffen sind, kann man das nicht machen. Im hohen Alter läßt sich die minimal invasive Operation bei einem geringen Risiko sehr gut durchführen. Prof. Reichenspurner

Ich habe eine biologische Aortenklappe bekommen und einen Bypass. Worauf muß ich achten? Sie können sich ganz normal belasten und auch Sport treiben. Ein Glas Rotwein am Abend schadet nicht. Sie sollten nicht rauchen und auf Ihr Gewicht achten. Prof. Reichenspurner

Wird es in Zukunft möglich sein, kranke Herzklappen mit Stammzellen zu reparieren? Es besteht durchaus die Möglichkeit, mit Hilfe körpereigener Zellen eine neue Herzklappe zu züchten. Das könnte vielleicht in zehn Jahren soweit sein. Prof. Reichenspurner

Wann ist bei verkalkten Herzklappen eine Operation notwendig? Operieren muß man immer dann, wenn die Verkalkung so weit fortgeschritten ist, daß die Klappe als Ventil so kaputt ist, daß man den Herzmuskel schützen muß. Wenn die Verkalkung nur leicht ausgeprägt ist, gibt es heute Ansätze, über Cholesterinsenkung die Verkalkung der Klappe genauso aufzuhalten wie die Verkalkung der Herzgefäße. Das kann man einfach anhand einer Herzkatheteruntersuchung und einer Ultraschalluntersuchung entscheiden. Prof. Karl-Heinz Kuck, Chefarzt der Kardiologie, AK St. Georg

Meine linke Herzklappe schließt nicht mehr richtig. Ich habe auch Herzrhythmusstörungen. Was ist zu tun? Sie müssen zuerst klären lassen, welche der beiden linken Herzklappen defekt ist. Sie müssen auch klären lassen, wie stark die Schädigung ist. Es gibt eine Skala von eins (leichte Insuffizienz) bis vier (vollständige Insuffizienz). Eventuell muß die Funktion der Klappe durch eine Operation wiederhergestellt werden. Sie sollten unbedingt mit Ihrem Hausarzt Rücksprache halten. Klären Sie auch mit ihm die Ursache der Herzrhythmusstörungen. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt einen sogenannten Ereignisrekorder geben. Diesen kleinen Chip können Sie, wenn Sie Herzrasen verspüren, auf Ihre Brust legen und so selbst ein EKG schreiben. Prof. Kuck

Was macht Herzrhythmus- störungen so gefährlich? Herzrhythmusstörungen haben grundsätzlich eine Verschlechterung der Lebensqualität zur Folge. Außerdem können Komplikationen auftreten. Am bedeutendsten sind der Schlaganfall bei Vorhofflimmern und der plötzliche Herztod durch das sogenannte Kammerflimmern, das meistens bei Patienten nach einem Herzinfarkt auftritt. Deswegen gilt grundsätzlich bei Rhythmusstörungen des Herzens: Immer den Kardiologen aufsuchen, abklären lassen, welche Rhythmusstörung vorliegt, ob ihr eine Herzerkrankung zugrunde liegt. Und dann muß gezielt eine Behandlung eingeleitet werden. Prof. Kuck

Wie machen sich Rhythmusstörungen bemerkbar? Die meisten Patienten spüren ihre Rhythmusstörung, aber Rhythmusstörungen können auch so auftreten, daß der Patient sie überhaupt nicht bemerkt. Deswegen ist eine Check-Up-Untersuchung ab dem 40. Lebensjahr auf jeden Fall anzuraten. Bei vielen Patienten mit Vorhofflimmern wird die Rhythmusstörung erstmalig dann bemerkt, wenn der Schlaganfall auftritt. Prof. Kuck

Wie kann man Herzkrankheiten vorbeugen? Für die Erkrankungen der Herzkranzgefäße gilt es, Risikofaktoren zu vermeiden. Das wichtigste ist regelmäßiges körperliches Training, drei- bis fünfmal die Woche 30 Minuten, damit nimmt man einen bedeutenden Teil des Risikos. Wenn man außerdem noch sein Normalgewicht hält, hat man schon einen bedeutenden Teil getan. Prof. Thomas Meinertz, Direktor der Kardiologischen Klinik, UKE

Zusammenfassung: Stefan Preuß/ Cornelia Werner