“In der Behandlung von Kopfschmerzpatienten haben wir in Deutschland eine Unterversorgung“, sagte Privatdozent Dr. Arne May vom Institut für...

"In der Behandlung von Kopfschmerzpatienten haben wir in Deutschland eine Unterversorgung", sagte Privatdozent Dr. Arne May vom Institut für systemische Neurowissenschaften am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) und Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), gestern in Hamburg. Allein von Migräne sind zwischen 12 und 16 Prozent der Bevölkerung betroffen.

In Deutschland gebe es zwar exzellente Medikamente, sehr gute Versorgungsstrukturen und spezialisierte Kopfschmerzambulanzen, sagte May. Trotzdem sei Deutschland in der Verschreibung von speziellen Migränemedikamenten ("Triptanen") fast Schlusslicht im Vergleich mit anderen europäischen Staaten. Es gebe immer noch zuwenig Ärzte, die auf die Behandlung der Migräne spezialisiert sind, zuwenig stationäre und teilstationäre Angebote, einen zu langsamen Transfer von der Forschung in die Praxis und eine zu geringe Umsetzung der Leitlinien zur Behandlung dieser Erkrankungen.

Solche Therapieempfehlungen wurden für die Migräne 2008 neu erstellt. "Wir haben jetzt so umfassende Leitlinien wie nie zuvor, die erstmals von den Fachgesellschaften aus Österreich, der Schweiz und Deutschland gemeinsam erarbeitet wurden", sagte Prof. Stefan Evers, 1. Vizepräsident der DMKG und leitender Oberarzt der neurologischen Klinik am Uniklinikum Münster. Darin enthalten sind zum Beispiel neue Empfehlungen für die Therapie der chronischen Migräne oder der Einsatz von Kombinationen in der Therapie akuter Migräneattacken.

Vorgestellt werden in der neuen Leitlinie auch eine Reihe von nicht-medikamentösen Methoden, die vor allem zur Vorbeugung von Migräneattacken eingesetzt werden. Dazu zählen auch Entspannungstechniken. "Das Wichtigste dieser Verfahren ist die progressive Muskelentspannung nach Jacobson", sagte Prof. Peter Kropp, Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie der Universität Rostock. Dieses Verfahren, das mit der gezielten An- und Entspannung von Muskeln arbeitet, sei aber nur sinnvoll, wenn es täglich für etwa 20 Minuten durchgeführt werde. Mit Entspannungsverfahren lasse sich eine Reduktion der Migränehäufigkeit von 35 bis 45 Prozent erreichen, so Kropp. Weitere Methoden sind das Biofeedback, bei dem Patienten lernen, Körperfunktionen so zu verändern, dass Schmerzen vermindert werden können, und die kognitive Verhaltenstherapie, bei der zum Beispiel Schmerz- und Stressbewältigung erlernt werden.


Die neuen Leitlinien und weitere Infos: www.dmkg.de