Dieses Experiment ist jedoch umstritten. Deutsche Forscher äußern ihre Bedenken im Abendblatt.

Menschliche Eizellen sind sehr wertvoll und entsprechend schwer zu bekommen. So kamen wir auf die Idee, den Mangel durch die Verwendung von Kuh-Eizellen zu überwinden", begründet John Burn vom Institut für Humangenetik an der Universität Newcastle die Chimären-Experimente, die gestern bekannt wurden. Die Hybrid-Embryonen, für die Kerne menschlicher Hautzellen in entkernte Eizellen von Kühen injiziert worden waren, wurden nach drei Tagen vernichtet. Die Hybrid-Embryonen bestanden nur noch zu 0,1 Prozent aus tierischem Material.

Für die Experimente, die der Stammzellforscher Lyle Armstrong leitete, hatte die britische Behörde HFEA (Human Fertilisation and Embryology Authority) nach monatelanger Prüfung Mitte Januar die Erlaubnis erteilt. Die Forscher wollen testen, ob sich Chimären-Stammzellen für die Behandlung schwerer Krankheiten eignen.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hält diese Experimente für wissenschaftlich problematisch und wenig zielführend, so DFG-Vizepräsident Prof. Jörg Hinrich Hacker. Angesichts der neuesten Entwicklungen in der Stammzellforschung wie der "Reprogrammierung" von Hautzellen in embryonale Stammzellen stelle sich zudem die Frage, ob die Experimente nicht auch wissenschaftlich bereits überholt seien. Diese Position vertritt auch der Hamburger Stammzellforscher Prof. Wolfram H. Zimmermann vom Uniklinikum Eppendorf: "Für Therapieansätze ist dieser Weg wohl kaum geeignet." Diese Zellen könnten angesichts der tierischen Verunreinigung zudem nicht in der Medizin eingesetzt werden, warnte Prof. Jürgen Hescheler (Uni Köln). Prof. Oliver Brüstle (Uni Bonn)verwies darauf, dass die Experimente noch nicht veröffentlicht und damit nicht wissenschaftlich geprüft seien. Bereits vor einigen Monaten hatte sich Ian Wilmut, der mit dem Klon-Schaf Dolly die Technik für diese Chimären entwickelte, vom Klonen verabschiedet. Er setzt auf die Reprogrammierung von Hautzellen, mit der sehr viel effizienter Gewebe gewonnen werden könne.

Die Forscher in Newcastle wollen gleichwohl weitermachen. In einem weiteren Versuch sollen die Hybriden zunächst sechs Tage leben. Verlaufen diese Experimente erfolgreich, wollen die Forscher menschliches Erbgut mit Kaninchen, Ziegen und anderen Tieren kreuzen. Ähnliche Experimente planen auch Stammzellforscher am King's College in London.

Bereits 1998 stellte der US-Genetiker Jose Cibelli von der Universität von Massachusetts einen Hybrid-Embryo her. Er entnahm der Innenseite seiner Wangen Hautzellen, deren Erbgut er danach in zuvor entkernte Eizellen einer Kuh injizierte. Die Chimäre begann sich zu teilen, starb jedoch nach Angabe der Biotech-Firma Advanced Cell Technology (ACT), die die Experimente durchführte und finanzierte, im 32-Zell-Stadium ab. Auch damals war die Aufregung groß. Unklar ist bis heute, ob südkoreanische Wissenschaftler diese umstrittenen Experimente 2002 wirklich wiederholt haben. Belegt ist hingegen, dass chinesische Forscher 2003 einen Hybrid-Embryo aus der Eizelle eines Kaninchens und dem Zellkern einer Hautzelle hergestellt haben. Sie haben diese Arbeit im Fachjournal "Cell Research" veröffentlicht.