Auf dem Erdtrabanten gibt es viele Rohstoffe. Diese sollen in Zukunft abgebaut und industriell genutzt werden.

Es erinnert fast ein wenig an die Zeiten des Goldrausches im amerikanischen Westen: Alle wollen zum Mond die USA, Russland, China, Indien, Japan und nun auch Deutschland. Und es ist nicht länger nur von wissenschaftlicher Forschung die Rede. Immer stärker rücken die Bodenschätze in den Vordergrund, die der Mond zu bieten hat. Insbesondere in China sieht man den Erdtrabanten als Rohstoffquelle der Zukunft: In einigen Jahrzehnten schon, so das Kalkül, könnte Bergbau auf dem Mond von entscheidender Bedeutung für eine nationale Wirtschaft werden.

Im Zentrum der Diskussion steht dabei die leichte Variante eines Edelgases: Helium-3. Die Atomkerne dieses Helium-Isotops bestehen lediglich aus zwei Protonen und einem Neutron, sie besitzen damit ein Neutron weniger als gewöhnliches Helium. Dieses Manko macht Helium-3 zu einem interessanten Ausgangsstoff für die Energieerzeugung. Denn die Kernverschmelzung von Helium-3 mit Wasserstoff zu gewöhnlichem Helium-4 setzt Energie frei.

Zwar ist der Energiegewinn dabei geringer als bei der gewöhnlichen Fusion von Wasserstoff zu Helium, wie sie heute in Forschungsreaktoren wie "Iter" im südfranzösischen Cadarache versucht wird. Doch die Helium-Fusion hat einen entscheidenden Vorteil: Sie ist erheblich sauberer. Denn die Wasserstofffusion setzt große Mengen an hochenergetischen Neutronen frei. Diese Neutronen verseuchen die Reaktorkammern radioaktiv und führen zu einer starken Materialermüdung. Bei der Fusion von Helium-3 wird dagegen ein Proton frei, das sich durch elektromagnetische Felder abfangen und ebenfalls zur Energieerzeugung nutzen lässt.

Viele Fusionsforscher sehen deshalb in Helium-3 die Energiequelle der Zukunft. Allerdings gibt es da ein Problem: Auf der Erde kommt Helium-3 kaum vor. Hier kommt nun der Mond ins Spiel. Die Sonne bläst mit dem Sonnenwind auch Helium-3 ins All. Während aber die Erde durch ihr Magnetfeld gegen den Zustrom der elektrisch geladenen Helium-Ionen abgeschirmt wird, kann Helium-3 den magnetfeldlosen Mond ungehindert erreichen. Deshalb konnte sich der Stoff über Jahrmilliarden hinweg in der Oberfläche des Erdtrabanten ablagern.

Als Zukunftsperspektive über die Nutzung von lunarem Helium-3 nachzudenken, hält Planetenforscher Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin deshalb durchaus für sinnvoll, "aber es wird sicherlich Jahrzehnte, vielleicht 50 Jahre dauern, bis es so weit ist". Doch der Mond hat durchaus mehr zu bieten. "Die oberen Bodenschichten sind erheblich mit meteoritischem Material angereichert", so Neukum, "und darunter finden sich nicht nur viel Eisen und Nickel, sondern auch seltene Stoffe wie etwa Iridium. Und diese Elemente werden uns quasi frei Haus an der Oberfläche geliefert."

In dem Abbau und der industriellen Nutzung dieser Rohstoffe sieht Neukum nicht nur eine Möglichkeit, sondern eine Notwendigkeit: "Der Aufbau einer Infrastruktur auf dem Mond - zum Beispiel für astronomische Observatorien, aber auch für Raumflüge zu anderen Zielen - ist ohne diese Rohstoffe kaum denkbar, der Transport von der Erde zum Mond ist viel zu teuer. Aber natürlich wird diese Entwicklung Jahrzehnte dauern."

"Vom Land leben", diese aus der Zeit der Besiedelung des amerikanischen Westens entliehene Devise, stellt deshalb auch die Nasa in den Mittelpunkt ihrer Planungen für eine bemannte Mondstation. So enthält Regolith, der von Meteoriteneinschlägen zertrümmerte Gesteinsschutt auf der Mondoberfläche, große Mengen von an Metallen gebundenen Sauerstoff - und dieser Sauerstoff könnte künftigen Mondkolonisten nicht nur als Atemluft dienen, sondern auch als Raketentreibstoff Verwendung finden. Aus dem ebenfalls in großen Mengen vorhandenen Silizium wiederum ließen sich Solarzellen herstellen und so die Energieversorgung sichern. Die Metalle im Mondgestein - neben Eisen und Nickel auch Aluminium und Titan - könnten als Baumaterialien dienen.

Und wenn es auf dem Mond erst einmal Bergbau, Verhüttung und verarbeitende Industrie gibt, dann könnte sich zumindest für einige Rohstoffe oder Halbfertigprodukte auch der Rücktransport zur Erde lohnen. Und natürlich auch für Helium-3, das beim Schmelzen des Mondgesteins ohnehin als Abfallprodukt anfallen würde. Denn wegen der geringeren Anziehungskraft des Mondes wäre ein Lastentransport von dort zur Erde erheblich billiger als umgekehrt.

Vielleicht dient der Erdtrabant aber auch eher als Ausgangsbasis zur Ausbeutung anderer Rohstoffquellen im Sonnensystem: der Asteroiden. So enthält beispielsweise allein der zwei Kilometer große, erdnahe Asteroid Amun nach Schätzungen des amerikanischen Forschers John Lewis von der University of Arizona 30-mal mehr Metalle, als die Menschheit in ihrer gesamten bisherigen Geschichte geschürft hat, darunter hauptsächlich Eisen, Nickel, Kobalt und Platin. Lewis schätzt den Gesamtwert der Rohstoffe auf über 20 000 Milliarden US-Dollar. Und es gibt vermutlich Hunderte ähnlicher Himmelskörper in der Nähe der Erdbahn, die leichter zu erreichen sind als beispielsweise der Planet Mars.

Auf schnelle Gewinne durch Rohstoffimporte aus dem All zu hoffen ist sicherlich verfrüht. Doch als langfristige Option könnte es sich lohnen, diese Möglichkeit in die Planungen einzubeziehen. Denn sowohl die Rohstoffe als auch die fossilen Energievorräte auf unserem Planeten werden eines Tages erschöpft sein. Und dann sind Nationen mit einer Präsenz im All und auf dem Mond sowie mit der nötigen technologischen Kompetenz vermutlich im Vorteil.