Diese Wolfsmilchgewächse gedeihen nur in geheizten Gewächshäusern und müssen beim Transport vor Kälte geschützt werden. Gene der Ackerschmalwand sollen die Zierpflanzen nun robuster machen.

Bright White Princess, Liberty Pink oder Marblestar - Weihnachtssterne tragen schillernde Namen und Farben. Doch die Allerschönste aus der Familie der Wolfsmilchgewächse, Euphorbia pulcherrima, ist nicht vollkommen. Ihr Makel: Sie ist gegen Kälte empfindlich - eine bei Züchtern und Gärtnern unbeliebte Eigenschaft.

Die jungen Pflanzen gedeihen zur kalten Jahreszeit nur im wohlig beheizten Gewächshaus. Wird es dem Weihnachtsstern beim Transport in die Geschäfte zu kalt, verliert er seine Blätter. Eine Möglichkeit, die hohen Heizkosten in der Sternenproduktion zu senken, hat nun ein Stuttgarter Züchtungsbetrieb für Zierpflanzen entdeckt. Das Unternehmen Klemm & Sohn, das Betriebe weltweit mit rund 30 verschiedenen Blumenarten beliefert, setzt dabei auf die grüne Gentechnik.

"Wir wollen mit gentechnischen Methoden die Kälteempfindlichkeit des Weihnachtssterns verringern", sagt Andrea Dohm, Agrarwissenschaftlerin bei Klemm & Sohn. Dafür schleusen die Pflanzenzüchter fremde Gene ins Erbgut der Poinsettie, wie Zierpflanzenexperten die Adventsblume nennen. Sie stammen aus der DNA des Wildkrauts Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), eine wissenschaftliche Modellpflanze, auf deren entschlüsseltes Erbgut Pflanzengenetiker seit dem Jahr 2000 zugreifen können.

Diese Daten hat auch das US-Unternehmen Mendel Biotechnology genutzt. Es arbeitet seit einigen Jahren mit Klemm & Sohn zusammen. In einem Joint Venture stellen die amerikanischen Gentechniker ihr Know-how für transgene Zierpflanzen zur Verfügung. "Es ist nicht so einfach, genau die DNA-Abschnitte für Kälteresistenz zu finden", sagt Dohm. Die Forscher von Mendel Biotechnology haben sich im Erbgut von Arabidopsis thaliana jahrelang auf die Suche gemacht und jedes der rund 27 000 Gene des Pflanzengenoms auf seine Eigenschaften hin geprüft. Sie haben Gene gefunden, die den Schutzmechanismus gegen Kälte in der Pflanze regulieren.

Dank der klassischen Pflanzenzüchtung ist der Thermostat für Weihnachtssterne bereits um ein paar Grad Celsius gesunken. "Moderne Poinsettien-Sorten wachsen heute bei 17 Grad", sagt Ulrich Eberhardt, Produktmanager bei der Firma Fischer GmbH in Hillscheid bei Koblenz. Vor einigen Jahren musste das Jungpflanzenunternehmen, das mit 30 Millionen Weihnachtssternen pro Jahr ein Drittel des europäischen Marktes beliefert, seine Gewächshäuser noch mit 20 Grad beheizen. "Wir arbeiten ständig daran, robustere Wurzeln zu züchten", sagt Eberhardt. Denn je stabiler die Wurzel, desto besser sei die Poinsettie gegen zu viel Feuchtigkeit oder Kälte gewappnet. Das bringe auch für den Verbraucher Vorteile: "Die Adventsblume wird pflegeleichter und haltbarer", sagt Eberhardt.

Andrea Dohm und ihr Team haben sich ein für herkömmliche Pflanzenzüchter unerreichbares Ziel gesteckt. "Wir wollen Pflanzen, die bei Temperaturen von zehn Grad gut wachsen", sagt die Agrarwissenschaftlerin. Da die tropische Wildpflanze aus Südamerika von Natur aus keine Erbanlage gegen so niedrige Temperaturen habe, könne diese Eigenschaft nicht auf natürlichem Weg ins Erbgut eingekreuzt werden. Der einzige Weg sei der Transfer fremder Gene.

Beim Konkurrenten Fischer wird man dennoch die Finger von der grünen Gentechnik lassen. "Das Risiko ist für uns zu groß", sagt Ulrich Eberhardt. Zu unsicher sei, ob die Verbraucher die gentechnisch veränderten Topfpflanzen akzeptierten. Die Stuttgarter Konkurrenz lässt sich davon nicht schrecken. Auch Geranien mit Krankheitsresistenz oder gegen Trockenheit unempfindliche Edellieschen will Klemm & Sohn in etwa fünf Jahren auf den Markt bringen, zusammen mit den transgenen Weihnachtssternen.