Medizin-Nobelpreis für die US-Forscher Richard Axel und Linda B. Buck. Sie entdeckten, wie das Riechen funktioniert und warum Düfte uns für immer in Erinnerung bleiben

Überrascht, begeistert und zurückhaltend - so reagierten die beiden US-Forscher Richard Axel (58) und Linda B. Buck (57), die für die Enträtselung des Geruchssinns mit dem Medizin-Nobelpreis 2004 in Höhe von 1,1 Millionen Euro ausgezeichnet werden. "Das ist phantastisch", sagte Axel, "die große graue Eminenz" in der Neurophysiologie des Riechens. Für die Columbia-Universität ist der Pionier der Molekularbiologie seit Jahrzehnten unbezahlbar. Die sogenannten Axel-Patente füllten ihre Kassen bisher mit rund 400 Millionen Dollar (325 Millionen Euro). Der gebürtige und eingefleischte New Yorker wohnt mit seinem Sohn Jonathan ganz in der Nähe des "Axel-Labors" der Universität am Hudson River in Manhattan.

Überrascht und wortkarg reagierte Preisträgerin Linda Buck vom Fred- Hutchinson-Krebsforschungszentrum in Seattle. Sie sei mit dem Nobelpreis nicht unzufrieden, soll Buck geantwortet haben, als sie vom Anruf des schwedischen Karolinska-Instituts um 2.30 Uhr Ortszeit aus dem Schlaf gerissen wurde, sagte Komitee-Chef Göran Hansson. "Linda Buck sollte man am Morgen eher in Ruhe lassen, sie ist ein Nachtmensch und ein Workaholic", sagte Prof. Hans Hatt, Leiter des Lehrstuhls für Zellphysiologie an der Ruhr-Universität Bochum, der Buck von Kongressen kennt. Die 57jährige Geruchsforscherin - "sie ist eher die Denkerin" - sei nett, menschlich und offen. "Und sie ist keine Gegnerin von Parfüm."

Seine Entscheidung begründete das Karolinska-Institut damit, daß beide Wissenschaftler seit ihrer grundlegenden Arbeit aus dem Jahr 1991 unabhängig voneinander in weiteren Studien die genaue Funktionsweise des Riechens aufklären konnten, von der molekularen Ebene bis zur Organisation der Zellen. Axel und Buck entdeckten beim Menschen mehr als 1000 nur für das Riechen zuständige Gene, was drei Prozent des gesamten menschlichen Erbguts entspricht. Jedes dieser Gene ist eine Bauanleitung für genau einen spezialisierten Geruchsrezeptor.

Über diese Rezeptoren im oberen Teil der Nasenschleimhaut gelangen die Geruchssignale in bestimmte Zellknäuel (Glomeruli olfactori) im Riechkolben. In dieser Schaltstelle werden gleichartige Signale gesammelt, an die jeweils passende Nervenzelle und dann an die Hirnrinde weitergegeben. Dort entsteht aus der Kombination der Geruchseindrücke dann das spezifische und immer wieder abzurufende Geruchsmuster - wie eine Art Patchwork-Decke. Auf diese Art können Menschen sich ihr Leben lang an einen von Oma gebackenen Geburtstagskuchen, den Duft von Flieder im Frühling oder den Gestank verdorbener Muscheln erinnern - insgesamt rund 10 000 verschiedene Gerüche sind auf diese Art zu erkennen.

Mit der Enträtselung des Geruchssinns hätten die beiden Forscher "einen unserer grundlegenden Sinne kartographiert", sagte der Ständige Sekretär des Nobelkomitees, Hans Jörnvall. "Der Geruchssinn hat Einfluß auf unser Wohlbefinden, unser Wiedererkennungsvermögen, vielleicht mehr, als wir bisher ahnen. Ihre Arbeit wird irgendwann folglich auch große medizinische Auswirkungen haben." Der zuständige Fachsprecher des Komitees, Sten Grillner, meinte: "Bis zur revolutionierenden Arbeit von Axel und Buck war der Geruchssinn für uns alle ein Rätsel. Es hat sehr viele Spekulationen gegeben, und alle waren sie falsch."