Rio de Janeiro/Karlsruhe. Ubirajara jubatus lebte vor über 100 Millionen Jahren im heutigen Brasilien. Ein Fossil des Dinosauriers schmückt seit über 20 Jahren die Sammlung des Naturkundemuseums in Karlsruhe.

Das Fossil des Sauriers Ubirajara gehört zu den interessantesten Stücken der Sammlung des Naturkundemuseums in Karlsruhe - jetzt wollen die Brasilianer die versteinerten Überreste zurück.

Das Fossil sei illegal außer Landes gebracht worden und gehöre nach Brasilien, findet die dortige Paläontologische Gesellschaft. Das baden-württembergische Wissenschaftsministerium sieht das freilich ganz anders.

"Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat den Sachverhalt umfassend geprüft und sich alle verfügbaren Unterlagen zum Import und Erwerb des angesprochenen Fossils vorlegen lassen. Nach deren Auswertung hat sich herausgestellt, dass es keine Anhaltspunkte für einen unrechtmäßigen Erwerb durch das Naturkundemuseum Karlsruhe gibt", teilte das Ministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. "Da das Objekt vor dem 26. April 2007 legal nach Deutschland eingeführt wurde, ist keine Rückgabe erforderlich. Das Fossil befindet sich heute im Staatlichen Naturkundemuseum Karlsruhe. Eigentümer ist das Land Baden-Württemberg."

Unesco-Übereinkommen

Auch das Museum argumentiert, dass das Fossil vor Inkrafttreten des Unesco-Übereinkommens über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut im April 2007 erworben und unter Einhaltung aller Zoll- und Einreisebestimmungen eingeführt wurde. Nach Angaben der Paläontologischen Gesellschaft in Brasilien hatte sich das Naturkundemuseum Ende vergangenen Jahres zunächst gesprächsbereit gezeigt. Später ruderte das Museum demnach allerdings zurück und erklärte mit Hinweis auf das Kulturschutzgesetz, dass es keine gesetzliche Grundlage für eine Rückgabe gebe.

Ubirajara jubatus stammt aus der Kreidezeit und lebte vor etwa 110 bis 115 Millionen Jahren. Bei dem nur etwa ein Meter großen Fleischfresser soll es sich um den ersten gefiederten, aber flugunfähigen Dinosaurier in der südlichen Hemisphäre handeln. Wegen des schwelenden Streits um das Fossil wurde der wissenschaftliche Aufsatz zur Beschreibung des Dinosauriers vom Fachmagazin "Cretaceous Research" vorübergehend zurückgezogen.

Das Fossil war in einem Steinbruch zwischen den Gemeinden Nova Olinda und Santana do Cariri in der Crato-Formation im Bundesstaat Ceará im Nordosten von Brasilien gefunden und 1995 nach Deutschland gebracht worden. Laut einem Bericht des brasilianischen Nachrichtenportals G1 hatte das Regionalbüro der für Fossilien zuständigen Abteilung im Bergbau- und Energieministerium die Ausfuhr genehmigt. An der Rechtmäßigkeit der Ausfuhrgenehmigung gibt es allerdings Zweifel. Die brasilianische Generalstaatsanwaltschaft leitete Ende vergangenen Jahres deshalb eine Untersuchung ein.

Strittige Genehmigung

G1 machte den Beamten ausfindig, der die Ausfuhrgenehmigung damals erteilte. José Betimar Filgueira erklärte allerdings, seine Genehmigung habe nur für das Bergbauministerium gegolten. "Sie hätten auch eine Genehmigung des Ministeriums für Wissenschaft und Technologie gebraucht, die sie nicht bekamen, weil sie es nicht wussten oder weil sie sich nicht darum kümmerten", sagte er. Zudem hätten die von im inspizierten Kisten keine Dinosaurier-, sondern andere Fossilien enthalten. "Wenn es ein ungewöhnliches Fossil gewesen wäre, hätte ich die Genehmigung nicht erteilt", sagte der mittlerweile pensionierte Beamte. Er vermutet, dass nach der Genehmigung der Inhalt der Kisten ausgetauscht wurde.

Der Verkauf von Fossilen ins Ausland ist seit 1990 nach brasilianischem Recht ohnehin verboten. Die versteinerten Überreste dürfen lediglich unter bestimmten Voraussetzungen als Leihgabe zu wissenschaftlichen Zwecken außer Landes gebracht werden - Eigentümer bleibt aber der brasilianische Staat. Die Wissenschaftler im größten Land Lateinamerikas wollen sich jedenfalls noch nicht geschlagen geben. "Wir werden nicht aufhören, für unser Natur- und Kulturerbe zu kämpfen", teilte die Paläontologische Gesellschaft in Brasilien vor wenigen Tagen mit.

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