Leeds. Dass der Klimawandel Eis abschmelzen lässt, ist bekannt. Nun zeigt eine globale Bestandsaufnahme anhand von Satellitendaten das ganze Ausmaß.

Die Erde hat wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge in den vergangenen Jahren Billionen Tonnen an Eis verloren. Vom Jahr 1994 bis 2017 sind demnach 28 Billionen Tonnen Eis geschmolzen.

Das entspreche einem 100 Meter dicken Eisklotz von der Fläche Großbritanniens, betonen die Forscher nach einer globalen Bestandsaufnahme. Während in den 1990er Jahren pro Jahr noch durchschnittlich 0,8 Billionen Tonnen Eis verschwanden, waren es 2017 bereits 1,2 Billionen Tonnen.

Für die Studie, die im Fachblatt "The Cryosphere" erschienen ist, wurden nach Angaben der Autoren erstmals weltweite Satellitendaten ausgewertet und teilweise durch erdgestützte Untersuchungen ergänzt - nicht nur zu den Polargebieten, sondern auch zu den 215.000 Gebirgsgletschern.

"Obwohl jede Region, die wir untersucht haben, Eis verloren hat, haben sich die Verluste der Eisschilde in der Antarktis und in Grönland am meisten beschleunigt", zitierte die europäische Weltraumagentur Esa den Hauptautor Thomas Slater.

Die beiden Auslöser der Eisschmelze sind demnach die wärmere Atmosphäre, deren Temperatur seit 1980 pro Jahrzehnt um durchschnittlich 0,26 Grad Celsius gestiegen sei, und die wärmeren Ozeane mit einem Anstieg um 0,12 Grad pro Dekade.

Gut zwei Drittel (68 Prozent) des verschwundenen Eises gehen demnach auf das Konto der Atmosphäre - das betrifft vor allem das arktische Meereis und die Gebirgsgletscher. 32 Prozent der Eisschmelze erfolgen durch die Ozeane - das betrifft vor allem die Antarktis. 58 Prozent des verschwundenen Eises entfallen auf die Nordhalbkugel, 42 Prozent auf die südliche Hemisphäre.

Im Studienzeitraum verlor das Arktische Meereis 7,6 Billionen Tonnen, das Antarktische Schelfeis 6,5 Billionen Tonnen. Berggletscher verloren weltweit 6,1 Billionen Tonnen, der Grönländische Eisschild 3,8 Billionen und der Antarktische Eisschild 2,5 Billionen Tonnen. Der Rest entfällt vor allem auf das Südliche Eismeer.

Der Verlust der terrestrischen Eismassen entspricht demnach einem Anstieg des Meeresspiegels um knapp 35 Millimeter. Das Schmelzen von Meereis lässt zwar die Ozeane nicht steigen, verringert aber die Albedo - also die Rückstrahlung des Sonnenlichts - und verstärkt so die Erderwärmung. "Wenn das Meereis schrumpft, wird mehr Sonnenergie von den Ozeanen und der Atmosphäre absorbiert", sagt Ko-Autorin Isobel Lawrence. "Das sorgt dafür, dass sich die Arktis schneller erwärmt als jede andere Region auf dem Planeten."

Gebirgsgletscher enthalten zwar nur ein Prozent des weltweiten Eisvolumens, stellen aber fast ein Viertel des geschmolzenen Eises. "Gebirgsgletscher tragen nicht nur zum globalen Anstieg des Meeresspiegels bei, sondern sie sind auch eine entscheidende Wasserquelle für die Menschen in der Region", sagt Ko-Autorin Inès Otosaka. "Der weltweite Rückzug der Gletscher ist daher sowohl auf globaler als auch lokaler Ebene von entscheidender Bedeutung."

© dpa-infocom, dpa:210125-99-164015/3