Hamburg. Hausmann wider Willen? Das Interesse junger Väter an der Kindererziehung wächst. Dennoch bleibt es beim klassischen Familienmodell.

Laut der Forsa Väter-Umfrage 2013 arbeiten 87 Prozent der Väter Vollzeit, obwohl die Möglichkeiten auf Teilzeitbeschäftigung in der Generation Y angeblich am größten sind. Viele Väter wünschen sich mehr Zeit für ihre Familie, und doch scheint sich dieser Wunsch nicht immer mit der Wirklichkeit vereinbaren zu lassen. Auch in der Generation Y muss das Geld für die Versorgung der Familie erst mal erarbeitet werden. Häufig sind nach Erhebungen des Bundesfamilienministeriums Männer die Hauptverdiener der Familie, während Frauen sich mehr um die Kinder kümmern.

Wo bleibt sie, die familiäre Gleichstellung des Mannes? Und wo ist die Gesellschaft, in der beide Eltern zu gleichen Teilen arbeiten und für die Kinder sorgen? „Ein erheblicher Teil der jungen Väter strebt an, Erwerbsarbeit und Familienarbeit gleichmäßiger zwischen beiden Partnern aufzuteilen“, sagt Karsten Knigge, Gründer von väterzeit.de einer Online-Plattform für engagierte Väter. „Bis es selbstverständlich ist, als Vater dauerhaft Teilzeit zu arbeiten oder im ersten Lebensjahr ganz zu Hause zu bleiben, ist es aber noch ein weiter Weg.“

Tatsächlich nehmen laut Bundesfamilienministerium rund 30 Prozent der Väter Elternzeit. Häufiger als früher sind auch die Partnerinnen für die finanzielle Versorgung der Familie verantwortlich. Trotzdem wird in der Generation Y mehrheitlich am alten Familienmodell festgehalten. Väter bleiben meist nur zu Hause, wenn es beruflich nicht mehr klappt oder sie eine Auszeit benötigen. Kindererziehung als Vateraufgabe wird dann gegenüber dem eigenen Lebensumfeld als exotisches Erlebnis verkauft.

Video: Papa kümmert sich ums Kind

Im Video: Martin Zielinski, 34, hat zwei Jobs: Er ist Vater des zwei Jahre alten Oskar und er arbeitet für ein Start-up-Unternehmen in seinem Home-Office. Nach 18 Monaten Elternzeit hat seine Freundin wieder begonnen, in Vollzeit zu arbeiten. Zuhause ringen die Eltern um gerechte Aufgabenteilung. Eine große Hilfe sind Organisations-Apps auf dem Smartphone. Wer wann Windeln und Brot einkauft, den Müll herunterbringt oder abends mit Freunden auf einen Wein verabredet ist, halten sie auf digitalen Listen fest.

Aber bei der bewussten Entscheidung eines Vaters zu Hause zu bleiben, schwingt der Verdacht des unfreiwilligen Hausmannes und der Arbeitslosigkeit mit. Wen wundert es bei solchen oder ähnlichen Unterstellungen, dass Väter die Elternzeit doch lieber den Müttern überlassen?

Der Väter-Experte Knigge aber fragt: „Warum bekunden so viele Väter starkes Interesse an sechs oder acht Monaten Elternzeit und nehmen doch nur die zwei Monate?“. Seiner Ansicht nach sind es nicht nur finanzielle Nachteile, die Väter davon abhalten, den Job zu reduzieren um Verantwortung in der Familie zu übernehmen: „Viele Arbeitgeber werden beim Wunsch nach Elternzeit als unkooperativ empfunden und Mütter lassen sich die alleinige Hoheit über die Erziehung auch nicht ohne weiteres nehmen.“ Sind die Väter also einfach zu schwach, ihren Wünschen Nachdruck zu verleihen?

Wie vereinbaren Väter Familie und Beruf?

Die Mehrheit der Frauen und Männer wollen laut einer Umfrage des Bundesfamilienministeriums aus 2014 Partner, die berufstätig sind, und wünschen sich Gleichberechtigung in Familie und Beruf. Knigge sieht, dass Männer oft Schwierigkeiten haben sich auf ihre Rolle als Vater einzulassen, da Vorbilder fehlen. Außerdem halten manche Chefs oder Kollegen „Väter, die mehr erziehen und weniger arbeiten für Drückeberger“. Nicht zuletzt trauten manche Frauen ihren Männern nicht zu, die Kinder richtig zu erziehen. „Hier müssen beide Partner lernen, den Erziehungsstil des anderen zu akzeptieren.“

Väter müssen „deutlich sagen: das will ich, das kann ich, das mache ich“. Der Wunsch nach Selbstverwirklichung ist laut Knigge in der Generation Y ausgeprägter. „Dazu gehört für viele, das Heranwachsen der Kinder zu begleiten, da Väter merken, dass ihnen etwas entgeht, wenn sie ihre Kinder nur am Wochenende erleben.“

Unternehmen müssen sich von der Anwesenheitskultur verabschieden

Eine Trendstudie der Initiative Väter gGmbH stellt fest: „Statt das Leben um den Beruf und die Karriere herumzubauen, stellen Väter immer häufiger ihr Privatleben und ihre Kinder ins Zentrum ihrer Lebensplanung. Unternehmen sind hierbei gefordert, sich von der Anwesenheitskultur zu verabschieden und Vätern einen größeren Freiraum zur flexiblen Gestaltung ihrer Arbeitszeit zu ermöglichen.“

Wenn dies geschieht und Teilzeitstellen auch für Väter immer etablierter werden, muss dann überhaupt jemand Vollzeit zu Hause bleiben? Eine Studie der McGill Universität in Kanada aus dem Jahr 2013 belegt, welche Bedeutung die Präsenz von Vater und Mutter für die kindliche Entwicklung hat. Auch Knigge befürwortet deshalb ein partnerschaftliches Modell. Bei den Müttern scheint das aber noch nicht angekommen zu sein. Während Unternehmen umstrukturieren, um den Wünschen und Anforderungen der Generation Y gerecht zu werden, sind es vor allem die Frauen, die nach der Geburt die klassische Rollenverteilung fordern.

Kindererziehung: Mütter kehren spät in den Job zurück

Aus einem Sozialbericht im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung ist ersichtlich: „Mütter vereinbaren Familie und Beruf – anders als die Väter – in erster Linie durch eine verminderte Beteiligung am Erwerbsleben. Mit der Familiengründung gibt ein beträchtlicher Teil der in Deutschland lebenden Mütter ihren Beruf vorübergehend auf und kehrt erst mit zunehmendem Alter der Kinder wieder in das Erwerbsleben zurück.“

Die Entscheidung, wer das Kind nach der Geburt versorgt scheint klar. So etwas Wichtiges wie einen Säugling stillen kann Mann einfach nicht leisten. Danach scheint die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau festgelegt.