Washington. Grund ist ein gewaltiges Sturmtief im Nordatlantik. Klimaforscher: Die Auswirkungen solcher Wetterphänomene werden immer extremer.

Es ist ein Sturmsystem von historischen Ausmaßen und Werten: Was sich derzeit östlich von Grönland zusammenbraut und weiter nördlich zieht, könnte dem Nordpol Temperaturen von bis zu 30 Grad über den normalen Werten bescheren. Die Wetterdienste warnten zudem vor bis zu 15 Meter hohen Wellen im Nordatlantik.

Eigentlich herrscht zu dieser Jahreszeit am Nordpol Winter mit rund minus 30 Grad, wie Frank Böttcher vom Hamburger Institut für Wetter- und Klimakommunikation sagt. Tatsächlich ist es aber bis zu zwei Grad warm. Entwickelt sich der Sturm weiter wie berechnet, könnte in den nächsten Tagen die extremen Temperaturabweichungen erreicht werden. Die Forscher des US-amerikanischen Wetterdienstes NOAA sagen sogar einen Temperaturanstieg von bis zu 50 Grad voraus. Für Böttcher ist diese Zahl allerdings etwas zu hoch gegriffen.

Mojib Latif, Klimaforscher am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, geht davon aus, dass diese Extremtemperatur nicht länger als einen Tag anhält. „Das ist ein kurzfristiges Wetterphänomen“, sagte er dem Hamburger Abendblatt. Man müsse sich aber darauf einstellen, dass solche Wetterphänomene in Zukunft häufiger auftreten.

Langfristig betrachtet werde das Eis am Nordpol durch die globale Erwärmung immer weniger. Starke Winde würden dann die dünnere Eisdecke leichter aufreißen. Die Folge ist, dass die Wärme des Ozeans zum Temperaturanstieg der Luft beiträgt. „Die Auswirkungen solcher Strumtiefs werden immer extremer“, sagt Latif. Die verheerendste Auswirkung davon ist ein stärkerer Anstieg der Meeresspiegel.

Winterstürme im Norden sind normal, aber nicht in dieser Stärke

Das globale Vorhersagemodell GFS zeigt ein Wettersystem bei Island, das mehrere hundert Kilometer lang ist. Durch die Drehbewegung des Tiefs gegen den Uhrzeigersinn werde auf der Ostseite - über dem Atlantik und Nordwesteuropa - sehr rasch warme Luft weit nach Norden verfrachtet, erläuterte Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst (DWD).

Auf Spitzbergen wurden am Mittwochvormittag plus vier Grad Celsius gemessen, das waren 30 Grad über dem üblichen Niveau. In der Nacht zum Mittwoch sei es in Irland mit 15 Grad ungewöhnlich mild gewesen. Auf der anderen Seite des Tiefs floss kalte Luft aus der Arktik bis weit in den Süden der USA nach New Mexico. Das starke Hoch „Christine“ über dem Baltikum verstärkt die südwestliche Strömung über Westeuropa noch, denn es dreht sich mit dem Uhrzeigersinn, schaufelt also ebenfalls warme Luft nach Norden.

Warum sich eine solche Wetterlage ausgebildet habe, sei wissenschaftlich nicht zu erklären, sagte Friedrich. „Es ist ein Ausdruck des chaotischen Systems Atmosphäre.“ Ein solches Einzelereignis sei weder vorhersehbar noch erklärbar. Die Klimaforscher Latif und Friedrich schließen das extreme Wetterphänomen El Niño als Ursache aus.

Tornados zerstören Häuser in den USA

Ein Tornado in Holly Springs, Mississippi hinterlässt Verwüstung
Ein Tornado in Holly Springs, Mississippi hinterlässt Verwüstung © REUTERS | THOMAS WELLS
In den US-Südstaaten Mississippi, Arkansas und Tennessee sind bei heftigen Tornados mindestens 14 Menschen ums Leben gekommen
In den US-Südstaaten Mississippi, Arkansas und Tennessee sind bei heftigen Tornados mindestens 14 Menschen ums Leben gekommen © REUTERS | THOMAS WELLS
Ein Straßenschild in Mississippi
Ein Straßenschild in Mississippi © REUTERS | JUSTIN A. SHAW
Autos wurden umgeworfen und Bäume entwurzelt
Autos wurden umgeworfen und Bäume entwurzelt © REUTERS | THOMAS WELLS
Anwohner haben alles verloren
Anwohner haben alles verloren © REUTERS | THOMAS WELLS
Ein zerstörtes Haus in Clarksdale, Mississippi
Ein zerstörtes Haus in Clarksdale, Mississippi © REUTERS | JUSTIN A. SHAW
Der Tornado war heftig
Der Tornado war heftig © REUTERS | JUSTIN A. SHAW
Allein in Mississippi waren mehr als 8000 Menschen ohne Strom.
Allein in Mississippi waren mehr als 8000 Menschen ohne Strom. © REUTERS | THOMAS WELLS
Ein ehemaliges Schlafzimmer
Ein ehemaliges Schlafzimmer © REUTERS | THOMAS WELLS
Verwüstung vielerorts in Mississippi
Verwüstung vielerorts in Mississippi © REUTERS | JUSTIN A. SHAW
Verwüstung vielerorts in Mississippi
Verwüstung vielerorts in Mississippi © REUTERS | JUSTIN A. SHAW
Verwüstung vielerorts in Mississippi
Verwüstung vielerorts in Mississippi © REUTERS | JUSTIN A. SHAW
Bäume litten unter dem starken Wind
Bäume litten unter dem starken Wind © REUTERS | JUSTIN A. SHAW
Bäume litten unter dem starken Wind
Bäume litten unter dem starken Wind © REUTERS | JUSTIN A. SHAW
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Sturm "Frank" trifft mit voller Wucht auf Großbritannien

Der Nordatlantik-Sturm „Frank“ hat Großbritannien unterdessen voll erfasst. Windböen bis zu 120 Stundenkilometer und heftiger Regen haben am Mittwoch vor allem Schottland und Nordirland heimgesucht. Tausende Häuser waren ohne Strom, Straßen und Bahnverbindungen mussten gesperrt werden. Es ist die dritte Flutwelle innerhalb eines Monats. Aber auch Island und Norwegen wurden von der Unwetterfront erfasst, die sich von Nordatlantik unaufhaltsam in Richtung Osten verlagert.

Am stärksten betroffen waren am Mittwoch die Regionen um Aberdeen im Osten und Glasgow im Westen Schottlands. Dort mussten Straßen und teilweise Autobahnen gesperrt werden, Fährverbindungen zwischen einzelnen Inseln wurden eingestellt, berichteten die Behörden. Es wurden aber keine Toten oder Vermissten gemeldet. Zugleich blieb es vergleichsweise warm: In den meisten Regionen kletterten die Temperaturen erneut über zehn Grad.

Allein in Schottland ließ „Frank“ in 5500 Häusern das Licht ausgehen. In Nordirland, wo der Sturm bereits in der Nacht hinwegfegte, waren zeitweise 2000 Häuser ohne Strom. In Belfast fielen mehrere Flüge aus. In Osten Islands riefen die Behörden die Bewohner auf, wegen des Unwetters zu Hause zu bleiben, viele große Straßen wurden gesperrt. Auch an der Westküste Norwegens führte „Frank“ zu Stromausfällen.

Besondere geplagt sind die Menschen im nordenglischen Yorkshire in Nordengland, die erst über Weihnachten mit schweren Überschwemmungen zu kämpfen hatten. Auch hier wird erneut Hochwasser befürchtet - wenn auch nicht so stark wie zuvor. In Croston in Lancashire riefen die Behörden Bewohner auf, ihre gefährdete Häuser zu verlassen. Zugleich klagte die Polizei in Yorkshire, es habe vereinzelt Plünderungen gegeben.

Am Dienstagabend stürzte in der Ortschaft Tadcaster in Yorkshire eine Brücke in den Fluss Wharfe. Das aus dem 18. Jahrhundert stammende Bauwerk war allerdings bereits Tage zuvor für den Verkehr gesperrt worden. Mehrere Häuser in unmittelbarer Nähe wurden evakuiert.

Es ist die dritte Unwetter-Front in Großbritannien im Dezember. Anfang des Monats tobte zunächst Sturm „Desmond“, über Weihnachten kam Sturm „Eva“.

Gefährliche Überschwemmungen historischen Ausmaßes

Auch in den USA halten Unwetter die Menschen noch immer in Atem. Bei Überschwemmungen in Missouri kamen nach offiziellen Angaben bislang 13 Menschen ums Leben. Zwölf von ihnen seien gestorben, als Wassermassen ihre Fahrzeuge von Straßen spülten, teilte Gouverneur Jay Nixon am Dienstag mit. Er mobilisierte die Nationalgarde des Staates, um Gemeinden zu schützen und Rettungskräfte zu unterstützen. Nixon sprach von gefährlichen Überschwemmungen historischen Ausmaßes.

Wegen heftiger Regenfälle und Überschwemmungen hatte Nixon am Sonntag in dem Bundesstaat den Ausnahmezustand ausgerufen. Hunderte Straßen waren gesperrt. Die Einwohner des Ortes West Alton wurden am Dienstag nach einem Deichbruch am Fluss Mississippi zum Verlassen ihrer Häuser aufgerufen. Der Nationale Wetterdienst erwartet bis Sonnabend Rekord-Hochwasser entlang des Mississippis in Missouri.

Auf der anderen Seite des Flusses in Illinois mussten Insassen eines Gefängnisses im Ort Chester wegen der Überschwemmungen verlegt werden, wie der Sender NBC News berichtete. In Illinois kamen bislang mindestens fünf Menschen ums Leben. Laut CNN sind bei den US-Unwettern in den vergangenen sieben Tagen schätzungsweise 49 Menschen gestorben.