Jedes Jahr kürte die Botanikerin eine gefährdete Pflanze zur Blume des Jahres. Ihre Stiftung hat Lokis Buch jetzt aktualisiert.

Wildblumen hatten eine große Bedeutung im Leben von Loki Schmidt, der Hamburger Grande Dame des Pflanzen- und Naturschutzes. Dafür steht die Moorlilie wie keine andere. „Ich kenne diese Pflanze seit über 80 Jahren und habe sie damals als Kind etwa zehn Minuten von hier in einem Moorloch entdeckt“, steht in Loki Schmidts Redemanuskript, mit dem sie am 21. Oktober 2010 im Naturschutz-Informationshaus Fischbeker Heide die Moorlilie als Blume des Jahres 2011 vorstellen wollte. Dazu kam es nicht mehr – Loki Schmidt starb genau an jenem Tag im Alter von 91 Jahren.

Mit der Moorlilie schloss sich der Kreis des Engagements der Pflanzenkundlerin, die über Jahrzehnte ihre Prominenz als Ehefrau des Bundeskanzlers und vor allem später des Ex-Kanzlers Helmut Schmidt für den Naturschutz zu nutzen wusste. Schon 1979 entstand in Hamburg die Loki Schmidt Stiftung. Anno 1980 stellte Loki Schmidt die erste Blume des Jahres vor. „Sie wollte die Pflanzen ins Zen­trum rücken, in einer Zeit, in der eher über die Schutzbedürftigkeit von Vogel- und anderen Tierarten gesprochen wurde“, sagt Axel Jahn. Der Pädagoge arbeitet seit 1996 für die Stiftung und führt seit 2010 deren Geschäfte. Loki Schmidt habe immer die grundlegende Funktion der Pflanzen betont, so Jahn – „ohne Pflanzen keine Tiere“, sei eine oft gehörte Aussage von ihr gewesen.

Jährlich rückten Loki Schmidt und ihre Stiftung eine Pflanzenart ins Scheinwerferlicht. Über die Blumen der Jahre bis 2003 hatte Schmidt ein Buch herausgebracht, dessen zweite Auflage inzwischen vergriffen ist. Axel Jahn hat das Werk um die Blumen der Jahrgänge 2004 bis 2015 ergänzt – das neue Buch zu den Blumen des Jahres erscheint am heutigen Sonnabend im Verlag Hoffmann und Campe.

Bei den neuen Pflanzenporträts hat Jahn bis zum Todesjahr von Loki Schmidt auf Redemanuskripte zur Präsentation der Jahresblumen zurückgreifen dürfen. Sie werden heute im Archiv Helmut Schmidt verwahrt. Die Kapitel zu den Blumen der Jahre 2012 bis 2015 habe er allein verfasst, und sich bemüht, „Loki Schmidts Haltung und Sprache zu bewahren und zu transportieren“.

„Das ist Lokis Vermächtnis“

„Wir haben das Buch gemacht, um damit für den Pflanzenartenschutz zu werben, das ist Lokis Vermächtnis“, sagt Axel Jahn. Er möchte mit dem Buch und allgemein mit den Jahresblumen Natur- und Pflanzenfreunde ansprechen, die keine ausgebildeten Botaniker sind, aber sich für die wilden Schönheiten in Feld, Wald und Flur begeistern können.

Die Auswahl der jeweiligen Jahresblume treffe der Stiftungsvorstand, unterstützt von einem Kreis von Experten, die im Vorfeld vorhandene Vorschläge bewerten oder eigene Kandidaten benennen, so Jahn. „Wir wählen immer Arten aus, die bedroht sind, deren Bestände stark zurückgehen. Gleichzeitig sollten die Pflanzen nicht zu selten sein, sondern noch an vielen Orten und möglichst über Deutschland verteilt vorkommen. Denn oftmals starten Hobbybotaniker eigene Aktivitäten zur Blume des Jahres.“

Es sei kein Zufall, so Jahn, dass viele Jahresblumen auf Wiesen oder Äckern wachsen: „Die Landwirtschaft hat sehr oft einen entscheidenden Einfluss darauf, ob eine Pflanzenart in einem Gebiet überleben kann oder nicht.“ So ist die aktuelle Blume des Jahres, der Gewöhnliche Teufelsabbiss, eine Art, die Feuchtwiesen, Moore und Heiden mag, also Lebensräume, die seit Jahrzehnten in Deutschland auf dem Rückzug und vielerorts fast komplett verschwunden sind.

Bereits in der ersten Version des Buches „Blumen des Jahres“ beschrieb Loki Schmidt eine Begebenheit, die sie Anfang der 1970er-Jahre bestärkte, ihre profunden Kenntnisse über Pflanzen und deren Schutzbedürftigkeit unter die Leute zu bringen: In einem Restmoor im Nordwesten Hamburgs, das sie nicht näher benennt, traf sie ein junges Paar mit zwei kleineren Kindern. Die Mutter hatte einen großen Strauß Lungen-Enzian in der Hand. Darauf angesprochen, dass dies eine geschützte Art sei, antwortete das Paar erstaunt: „Enzian gibt es doch nur im Gebirge, dies sind Glockenblumen.“ Damals sei ihr klar geworden, „dass manche seltene Pflanze auch durch Unkenntnis zerstört wurde“, schrieb Loki Schmidt.

Die erste Blume des Jahres wurde 1980 der Lungen-Enzian.

Zum Weiterlesen: Die Blumen des Jahres,
Loki Schmidt/Axel Jahn, Hoffmann und Campe,
232 Seiten, 20 Euro, ISBN 978-3-455-50325-8Zum Mitmachen: Beim Veranstaltungswochenende Langer Tag der StadtNatur am 21./22. Juni gibt es zahlreiche Touren zu Hamburgs Wildpflanzen.
Das Programm steht im Internet unter
www.tagderstadtnaturhamburg.de