Hamburg. Die Todesfälle langjähriger Freunde wie Peter Scholl-Latour, Klaus Bölling oder Siegfried Lenz machen dem Altkanzler zu schaffen.

Helmut Schmidt (96), Altbundeskanzler und Politiklegende, trägt sein hohes Alter mit hanseatischer Haltung. "Ich finde es ziemlich lästig, aber ich habe auch nichts dagegen", sagte er am Dienstagabend in der Sendung "Menschen bei Maischberger". Er habe nicht die Absicht, 100 Jahre alt zu werden, doch er wolle das "auch nicht verhindern", so der SPD-Politiker. Durch den Tod langjähriger Freunde wie Peter Scholl-Latour, Klaus Bölling oder Siegfried Lenz spüre er "eine Vereinsamung", bekannte Schmidt.

Ein Leben nach dem Tod schließt der Politiker und Publizist nach eigenen Worten aus. Er brauche einen solchen Trost nicht, sondern stimme der Aussage "wenn es vorbei ist, ist es vorbei" zu. Seine 2010 verstorbene Frau Loki habe die Meinung vertreten, es gehe durch den Tod kein Molekül und kein Atom unter. "Daraus kann man ein gewisses Vertrauen in die Zukunft der atomaren Welt ableiten", so der Autor. In seinem jüngsten Bestseller "Was ich noch sagen wollte" bezeichnet Schmidt "Vertröstungen auf das Jenseits" als "wenig hilfreich bei der Bewältigung existenzieller Herausforderungen".

Schmidt bedauert Affären-Geständnis nicht

Weiter bekräftigte der Hanseat, seine Freundin Ruth Loah habe ihm nach dem Tod seiner Ehefrau Loki "das Leben gerettet". "Sie hat sich um mich gekümmert, als es mir sehr schlecht ging." Dass er in seinem jüngsten Buch einen über 40 Jahre zurückliegenden Ehebruch eingestand, bedaure er nicht. Allerdings sei er damals "fassungslos" gewesen, dass ihm Loki, mit der er 68 Jahre verheiratet war, die Trennung angeboten habe. Eine Scheidung sei aber für ihn "undenkbar" gewesen, so der Altkanzler. Er nannte es "ziemlich erstaunlich", dass heute jede dritte Ehe geschieden werde.

Schmidt, der von 1974 bis 1982 Bundeskanzler war, hatte nach eigenen Worten nie die Absicht, ein Vorbild zu sein. Vielmehr habe er immer versucht, seine Pflicht zu tun, so der Hamburger. Dabei sei die Herausforderung, zwischen richtigem und falschem Verhalten zu unterscheiden. Berichte über eine mögliche nationalsozialistische Gesinnung als junger Soldat wies der Sozialdemokrat als haltlos zurück. Ebenso habe er keine Kenntnis über die Vorgänge in Auschwitz oder Bergen-Belsen gehabt, auch wenn dies heute kaum vorstellbar erscheine, unterstrich Helmut Schmidt. (kna)