Hamburg. Im Finale des internationalen Wettbewerbs „Fly Your Ideas“ von Airbus zeigten Studenten in Hamburg verblüffende Konzepte.

Für Judit Busquets beginnt die Zukunft des Fliegens am Boden. Schon vor dem Abheben lasse sich viel Treibstoff sparen, sagte die angehende Ingenieurin. „Wir können die Luftfahrt erheblich umweltfreundlicher machen“, rief sie dem Publikum zu. Ihre Wangen waren gerötet vor Aufregung. Fast ein Jahr lang hatten sie und zwei Mitstreiterinnen von der City University London an ihrem Projekt gearbeitet. Am Mittwoch durften sie es im Finale des internationalen Studentenwettbewerbs „Fly Your Ideas“ von Airbus in Hamburg präsentieren.

Auf einer Großbildleinwand zeigte Busquets die Illustration eines Flughafens. Auf dem Dach der Terminals sind Solarmodule montiert, sie liefern Strom, der über unterirdisch verlegte Kabel unter die Rollfelder geleitet wird. In den Drähten stecken Sender. Sie sollen elektrische Energie an Flugzeuge übertragen, während diese zur Startbahn fahren. Funktionieren soll das per Induktion: In den Kabeln unter den Rollfeldern erzeugen Spulen elektromagnetische Wechselfelder; die Energie aus diesen Magnetfeldern wird dann durch Spulen zwischen den Rädern des Fahrgestells wieder in elektrische Energie umgewandelt.

Bisher werden fünf bis zehn ­Prozent des Flugzeugtreibstoffs durch Rollen am Boden verbraucht. Die Hilfsturbinen, die verschiedene Systeme an Bord mit Energie versorgen, wenn die Triebwerke nicht laufen, pusten Kohlendioxid (CO2) in die Luft und erzeugen eine nervtötende Geräuschkulisse. All das lasse sich vermeiden, sagte Judit Busquets. „Weniger Lärm, weniger Luftverschmutzung und ein effizienterer Bodenbetrieb – das geht, wenn unsere Idee umgesetzt wird.“

Airbus organisiert den Wettbewerb seit 2009 alle zwei Jahre mit der Unesco. Für den Flugzeughersteller hat dieses Engagement viele Vorteile: Er knüpft zum Beispiel Kontakte zu Hochschulen weltweit und macht junge Talente auf sich aufmerksam. Und natürlich erhofft Airbus sich Inspirationen für eigene Entwicklungen. Zwar sei bisher keine Idee aus früheren Wettbewerben eins zu eins umgesetzt worden, sagte Pressesprecher Florian Seidel, aber das Unternehmen habe einige der zuletzt vorgestellten Projekte aufgegriffen. Daran werde nun gearbeitet.

Die Rechte an den vorgestellten Ideen bleiben bei den Studenten. Beim ersten Wettbewerb 2009 war die Teilnahme noch an die Bedingung geknüpft gewesen, dass Airbus die Ideen exklusiv nutzen kann. Doch dagegen hatten einige Studententeams protestiert. Für die nunmehr vierte Ausgabe des Wettbewerbs hatten 518 Teams aus 104 Ländern ihre Projekte eingereicht. Besonders stark vertreten waren Studenten aus Indien und China. Unter den neun deutschen Teams waren sieben Nachwuchsforscher aus Hamburg. 100 Teams kamen in die zweite Runde, darunter zwei deutsche Gruppen aus Aachen und Ingolstadt. Fünf Teams schafften es ins Finale, das Airbus erstmals in Hamburg ausrichtete.

Bereits die Präsentation des Teams um Judit Busquets sorgte für Verblüffung im Publikum. „Ich bin beeindruckt davon, dass die Studenten so in die Breite denken“, sagte Axel Flaig, der bei Airbus für Forschung und Technologieentwicklung verantwortlich ist. Damit meinte er etwa, dass sich die Doktorandinnen bei ihrem Projekt zu einer drahtlosen Energieübertragung vom Rollfeld auf Flugzeuge nicht auf die Übertragungstechnik beschränkt hatten, sondern auch berücksichtigten, dass der Ansatz nur dann wirklich umweltschonend ist, wenn der Strom aus erneuerbaren Energiequellen kommt, hier aus Solarzellen.

Fasziniert war Axel Flaig auch von der Präsentation, die das Team „Multifun“ zeigte, fünf Inder, die an unterschiedlichen Hochschulen studieren und von einem Mentor zusammengebracht worden waren. Ihre Idee ist, Flugzeugflügel mit einer Verbundwerkstoffhaut zu überziehen, die Energie aus den natürlichen Schwingungen und Biegevorgängen der Tragflächen im Flug gewinnt. Dabei wandeln sogenannte piezoelektrische Fasern auch kleinste Bewegungen in elektrische Energie um und speichern diese in integrierten Akku-Platten im Rumpf, über die dann Bordsysteme wie Beleuchtung versorgt werden.

Das Team „Birdport“ schlug vor, mithilfe eines Schwarms von Drohnen zu verhindern, dass Vögel sich Flugzeugen nähern und in Turbinen geraten. Ein weiteres Schutzsystem präsentierte das chinesische Team „Aft-Burner-Reverser“: Infrarot- und optische Informationen sollen Piloten und Bodenpersonal vor gefährlichen Hindernissen am Boden warnen. Das brasilianische Team „Retrolley“ zeigte Ideen für eine schnellere Müllabfuhr und Mülltrennung an Bord.

Am Mittwochabend standen schließlich die Gewinner fest: Auf den ersten Platz wählte die fünfköpfige Jury das indische Team „Multifun“, das 30.000 Euro Preisgeld erhält. 15.000 Euro gibt es für die Zweitplatzierten vom Team „Retrolley“.