Der eineinhalb Jahre alte Junge war nicht geimpft. Bundesregierung plant gesetzliche Beratungspflicht für Eltern

Berlin/Hamburg. Der Masern-Ausbruch in Deutschland nimmt immer besorgniserregendere Ausmaße an. In Berlin ist ein eineinhalb Jahre alter Junge an der Infektionskrankheit gestorben. Er war gegen mehrere Erreger geimpft, aber nicht gegen Masern. Der Junge sei am 18. Februar in einem Krankenhaus gestorben, teilte gestern Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) mit. Wie er sich angesteckt hat, blieb zunächst unbekannt. Vorerkrankungen sollen nicht vorgelegen haben.

Berlin ist von dem Ausbruch der tückischen Infektionskrankheit besonders betroffen. Nach Angaben der Behörden gibt es derzeit mehr als 500 Erkrankte in der Hauptstadt. Eine Schule wurde gestern vorsorglich geschlossen, weil es bei der Masern-Erkrankung eines Jugendlichen zu Komplikationen kam. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte bezeichnete die Masern-Welle als „Katastrophe aus medizinischer Sicht“. Kleine Kinder, die noch nicht geimpft sind, seien besonders gefährdet: „Diese Gruppe kann man nur schützen, wenn das Umfeld geimpft ist.“

Masern, oft als harmlose Kinderkrankheit abgetan, sind hochansteckend, schwächen das Immunsystem und können zu schweren Verläufen wie Lungen- und Gehirnentzündungen führen. Die Krankheit äußert sich durch Fieber, Husten und Hautausschlag. Auch in Norddeutschland ist das Virus auf dem Vormarsch. Niedersachsen meldete zuletzt 26 Erkrankungen, Schleswig-Holstein zwölf Fälle. In Hamburg wurden bis Mitte Februar acht Erkrankungen bekannt. Viele Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden, sind nicht gegen Masern geimpft. Dies vor allem ist Ursache für die Ausbreitung des Erregers.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sagte gestern bei einem Besuch im Hamburger Bernhard-Nocht-Institut, es gebe in Deutschland eine große Impflücke. Sie müsse durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Ärzten, Kitas, Schulen und aller anderen Verantwortlichen geschlossen werden. „Wenn das nicht gelingt, ist eine Impfpflicht kein Tabu, aber sie steht jetzt nicht an.“ Der Minister sagte, man müsse „manchem Ammenmärchen und mancher Panikmache von Impfgegnern“ entgegentreten. Die Masern-Impfung sei nach Ansicht internationaler Experten sicher. Das minimale Restrisiko durch Nebenwirkungen sei um ein Vielfaches geringer als die zum Teil dramatischen und lebensbedrohlichen Risiken einer Masern-Erkrankung. Wer sein eigenes Kind nicht impfen lasse, gefährde auch den Gruppenschutz in Kita oder Schule, verhalte sich also auch anderen gegenüber verantwortungslos. Die Bundesregierung plant nun ein Präventionsgesetz, wonach sich Eltern künftig vom Arzt beraten lassen müssen, bevor sie ihr Kind in die Kita geben.